Der Preis für Strom, Gas und Fernwärme wird nicht nur bei Wien Energie saftig erhöht. Auch in Graz steigt der Preis für Fernwärme ab Oktober um bis zu 65 Prozent. Energie Steiermark und Energie Graz haben bei der Preisbehörde einen Antrag auf Erhöhung für rund 100.000 steirische Fernwärmekunden eingereicht. Teurer – und das stark – wird es auch für Kunden des niederösterreichischen Versorgers EVN. Wie bei der Energie-Allianz-Schwester Wien Energie zieht der Preis kräftig an. Im Tarif "Haushalt Standard" steigt der Arbeitspreis am 1. September um 150 Prozent auf 32,3 Cent pro Kilowattstunde. Wechselt man in einen Flex-Tarif mit Bindung, wird es um 17 Prozent billiger.

Preise steigen und steigen

Die Energiepreisbremse, an deren Details noch gefeilt wird, wird wohl hochwillkommen sein. Denn die Energiepreise klettern derzeit wieder nach oben. Der Gaspreis im Großhandel stieg am Freitag auf ein Rekordhoch von 340 Euro je Megawattstunde. Im Schlepptau schnellen auch die Großhandelspreise für Strom erneut hoch.

Nach den Preiserhöhungen etwa bei Verbund, Wien Energie und EVN wollen nun auch die Energie Steiermark und die Energie Graz die Fernwärmepreise für rund 100.000 steirische Kundinnen und Kunden ab Oktober um rund 65 Prozent erhöhen. EVN-Kunden in Niederösterreich flattern derzeit ebenfalls Brieflein mit entsprechenden Ankündigungen ins Haus.

Noch im August soll die Strompreisbremse fertig werden. Ob sie sozial gestaffelt wird oder nicht, ist noch offen.
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Derzeit deutet viel darauf hin, dass es auf eine Strompreisbremse hinauslaufen wird, wie Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sie vorschlägt. Ein Grundkontingent wird vom Staat subventioniert, für den Verbrauch, der darüber hinausgeht, fallen die hohen Marktpreise an. Felbermayr plädierte in der ZiB 2 am Donnerstag aber für eine soziale Staffelung. Anders als die Regierung hält der Wifo-Chef dies für machbar, könnten die Netzbetreiber doch vorliegende Informationen über GIS-befreite Haushalte nützen und für die Einkommensschwächsten geringere Netzentgelte aufsetzen. Das wäre tatsächlich klüger als das vorgesehene Gießkannenprinzip.

Eine Gaspreisbremse nach demselben Modell lehnt Felbermayr ab. Dann müsse man Heizen insgesamt subventionieren, auch die Preise für Pellets und Heizöl seien kräftig gestiegen, stimmt der Ökonom Harald Oberhofer von der WU Wien zu. Was aus seiner Sicht besonders gegen diese Maßnahme spricht: Gas solle nicht günstiger werden, das Preissignal mache deutlich, dass Knappheit herrsche.

Strom brauchen alle, die Hilfe wäre breiter. Am Ende geht es auch um Geld: Allein die Strompreisbremse könnte den Staat 900 Millionen bis eine Milliarde Euro kosten.

Rund eine Million Haushalte in Österreich heizen mit Gas, besonders viele in Wien.
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Braucht es auch eine Gaspreisbremse?

Rund eine Million Haushalte in Österreich heizen mit Gas, besonders viele in der Ostregion. Viele leben in Mietwohnungen. Sie über eine Gaspreisbremse zu entlasten würde die vielzitierte "Mitte der Gesellschaft" unterstützen – und vor allem die Menschen in der kaufkraftschwächsten Region (Pro-Kopf-Kaufkraft) entlasten. Das wäre gesamtwirtschaftlich gesehen wohl kein Schaden.

In Deutschland schlägt der Ökonom Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) eine Staffelung einer preisgedeckelten Grundversorgung nach Haushaltsgröße vor. Dort allerdings als Gegenmodell zur vielkritisierten Gasumlage, die es hierzulande nicht gibt. Ganz vom Tisch zu wischen ist der Nutzen einer solchen Maßnahme dennoch nicht, auch wenn klimatechnisch einiges dagegen spricht. Es wäre eine vorübergehende Notfallmaßnahme — und besondere Zeiten erfordern eben besondere Maßnahmen.

Anreize zum Sparen

Das Argument der mangelnden Treffsicherheit lässt sich allerdings nicht von der Hand weisen. Das gilt aber erst recht beim derzeit wahrscheinlichen Modell der Strompreisbremse ohne soziale Staffelung. Eco-Austria-Direktorin Monika Köppl-Turyna ist keine Freundin des Modells. "Direkte Zahlungen an Haushalte wären treffsicherer", ist sie überzeugt. Zudem wäre kein verwaltungstechnisch potenziell aufwendiges Extra-Instrument nötig. Köppl-Turyna hält es zumindest für angebracht, dass es auch abseits des subventionierten Normverbrauchs Anreize zum Sparen gibt.

Ein bedenkenswerter Ansatz, denn gespart werden muss derzeit, wo es nur geht. Viel zu selten wird dies von der heimischen Politik betont. Der Ökonomin Köppl-Turyna schwebt ein finanzielles Goodie vor: Wer im Marktpreisbereich zehn bis 20 Prozent weniger verbrauche, sollte ihrer Ansicht nach Geld zurückbekommen. (Regina Bruckner, 26.8.2022)