Russland soll laut den G7-Staaten weniger an seinem Öl verdienen.

Foto: AP Photo/Dmitry Lovetsky

Washington/Berlin – Die sieben führenden Industriestaaten (G7) wollen dafür sorgen, dass Russland weniger an seinem Öl verdient – und damit eine Finanzierungsquelle für den Krieg gegen die Ukraine austrocknen. Das Ziel ist ein internationaler Preisdeckel auf Importe von russischem Öl. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die G7-Finanzminister am Freitag alle ölimportierenden Länder auf, sich dieser Maßnahme anzuschließen.

"Breite Koalition" erhofft

"Wir streben eine breite Koalition an, um die Effektivität zu maximieren", erklärten sie. Ob das gelingt, ist allerdings zweifelhaft. Im Kern will man Russland dazu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Die Hoffnung ist, dass das zum einen die globalen Ölmärkte entspannt und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energiepreise abfedert. Kombiniert mit einer Ausweitung der Produktion in den Erdöl exportierenden Ländern könne der Preisdeckel "wirklich die Inflation sehr deutlich eindämmen", sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin.

Zugleich würde Russland dadurch nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitieren und damit seine Kriegskasse füllen können. "Russland erzielt gegenwärtig hohe Gewinne aus dem Export von Rohstoffen wie Öl und dem wollen wir entschieden entgegentreten", betonte Lindner. "Wir wollen also die Einnahmen Russlands einschränken und gleichzeitig den wirtschaftlichen Schaden für unsere Gesellschaft reduzieren."

Russland droht mit Gegenmaßnahmen

Russland drohte für den Fall einer Umsetzung mit Gegenmaßnahmen. Man werde dann nur noch an Länder liefern, die zu Marktbedingungen arbeiteten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Staatsagentur Tass. Länder, "die sich einer möglichen Preisobergrenze anschließen, werden nicht zu den Empfängern von russischem Öl gehören". Peskow sprach von einer absurden Entscheidung im Interesse der USA.

Den Plänen der G7-Finanzminister zufolge soll der Seetransport von Rohöl und Erdölprodukten russischen Ursprungs weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Funktionieren könnte der Preisdeckel, indem wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regelung geknüpft werden. Diese sind weitgehend in westlicher Hand, etwa in Großbritannien.

Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP) warb für einen internationalen Preisdeckel auf Importe von russischem Öl.
REUTERS/Michele Tantussi

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt betont, ein Preisdeckel wirke nur, wenn er global organisiert sei. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Donnerstag in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner", "eine große Zahl von Ländern international" sei nötig. "Das scheint sich jetzt abzuzeichnen, dass wir dieses Ziel erreichen." Auf die Frage, ob auch China dabei sei, sagte sie: "Nicht alle sind an Bord."

Lindner warb für die Regelung: "Davon können natürlich insbesondere auch die Staaten mit geringerem Einkommen profitieren, die sonst die gestiegenen Preise in Dollar kaum bezahlen können." Russisches Öl werde nicht komplett vom Markt genommen, Haushalte und Betriebe könnten weiter versorgt werden, die Einnahmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin aber würden gekappt.

Höhe der Preisobergrenze offen

Die G7 selbst verpflichteten sich mit der Erklärung, den Preisdeckel in ihren eigenen Staaten rasch umzusetzen. In der EU wurden ein Öl-Embargo gegen Russland und ein Verbot von Dienstleistungen für Schiffstransporte bereits beschlossen. Beim Preisdeckel setze man auf Einstimmigkeit der 27 Mitgliedsländer, hieß es. Angestrebt werde eine Umsetzung im zeitlichen Rahmen des sechsten EU-Sanktionspakets.

Auf eine genaue Höhe der Preisobergrenze legten sich die Finanzminister der G7 zunächst nicht fest. Das hänge auch von technischen Fragen ab. Der Deckel solle transparent kommuniziert und seine Wirkung eng beobachtet werden.

Die USA rechnen damit, dass die Preisobergrenze Russland deutlich schaden wird. "Sie wird sowohl Russlands Fähigkeit beeinträchtigen, seinen ungerechtfertigten Krieg in der Ukraine zu führen, als auch den Verfall der russischen Wirtschaft beschleunigen", erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen. Zur "Gruppe der 7" gehören neben Deutschland und den USA auch Kanada, Großbritannien, Frankreich, Japan und Italien.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen denkt an eine Preisobergrenze für russisches Gas.
Foto: EPA/Andrzej Lange

Von der Leyen denkt an Ölpreisdeckel

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen brachte zusätzlich zum Ölpreisdeckel eine Preisobergrenze auch für russisches Gas ins Spiel. "Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt Zeit ist für einen Preisdeckel auf russischem Pipeline-Gas nach Europa", sagte sie auf einer Klausur der Unionsfraktion. Zuvor hatte die EU-Kommission in einem Entwurf von einem Preisdeckel am Großhandelsmarkt innerhalb der EU als Notfallmaßnahme abgeraten, da dies Angebot und Nachfrage verzerren könnte.

Von der Leyen fordert hingegen, die Preise für Gasimporte über Pipelines aus Russland zu deckeln. Dies könnte auch zu niedrigeren Preisen in der EU führen.

Russland wird nach den Worten von Ex-Präsident Dmitri Medwedew Gaslieferungen nach Europa einstellen, wenn die EU eine Preisobergrenze für russisches Gas durchsetzt. "Es wird einfach kein russisches Gas in Europa geben", schreibt der Vizechef des russischen Sicherheitsrates in der Messaging-App Telegram als Reaktion auf die Forderung der EU-Kommissionschefin. (APA, Reuters, red, 2.9.2022)