Heute vor 500 Jahren, am 6. September 1522, erreichte die deutlich dezimierte Flotte des Seefahrers und Abenteurers Ferdinand Magellan Spanien, nachdem sie zuvor einmal die Welt umrundet hatte. Das spanische Königshaus feiert diesen Tag ausgiebig – doch zugleich gibt es nach wie vor Menschen, die an eine flache anstatt einer kugelförmigen Erde glauben.

So sind allein in Brasilien laut einer repräsentativen Umfrage des angesehenen Meinungsforschungsinstituts Datafolha elf Millionen Menschen davon überzeugt, dass unser Planet in Wirklichkeit flach sei. Anhänger dieser Theorie gründen Fußballklubs, Youtube-Kanäle, Portale und Zeitschriften, gesammelt werden die diversen Theorien auch auf der Website der Flat Earth Society.

Konferenzen zur Flat-Earth-Theorie

Unter anderem organisieren spanische "Flacherdler" am 18. September ihren ersten Kongress auf Menorca – die Nachfrage soll so groß sein, dass man einen größeren Veranstaltungsort habe suchen müssen, erzählte Mitorganisatorin Maria Llompart der mallorquinischen Zeitung "Última Hora".

Wie es auf einer solchen Konferenz aussieht, hat bereits vor ein paar Jahren der Youtuber "Not Exactly Normal" mit seinem Video "Inside a Flat Earth Conference" dokumentiert. In der sehr kurzweiligen Reportage spricht er mit diversen Menschen auf der Messe.

Not Exactly Normal

Das Kernkonzept dieser Bewegung ist dem Youtuber zufolge eines, das sich auch in anderen Verschwörungstheorien findet: Skepsis und Misstrauen, vor allem gegenüber starken Institutionen. Besonders hat man dabei die Nasa im Blick, die durch entsprechend hohe Finanzierungssummen für ihre Missionen von der "Lüge einer kugelförmigen Erde" profitieren soll. Viele der im Video gezeigten "Beweise" drehen sich um Experimente mit Wasser.

Die Flat Earth Society möchte auf ihrer Website unter anderem mithilfe von Einsteins Relativitätstheorie bewiesen haben, dass die Erde flach ist. In einem anderen Blogbeitrag widmet man sich der Frage, ob auch eine tellerförmige Erde einen Schatten auf den Mond werfen könne.

Youtuber widmen sich der flachen Erde

Entkräftet werden diese Theorien, die sich vor allem dank des Social Web hartnäckig halten, nicht nur von diversen Wissenschaftern, sondern auch von Youtubern und Influencern. Hier ist etwa der Science-Youtuber Vsauce aktiv, der komplexe Sachverhalte in einfachen Worten und mit anschaulichen Bildern erklärt.

Ein wenig bekannter Fun Fact, den der Youtuber in diesem Kontext fallen lässt: Dass man von einer flachen Erde herunterfallen würde, ist kein valides Argument – denn die Gravitation auf einer tellerförmoigen Erde würde es verhindern, dass man den Rand überhaupt erreicht. Doch natürlich findet er zahlreiche andere Argumente, die gegen eine flache Erde sprechen – nicht zuletzt die Tatsache, dass schon die alten Griechen zu dieser Erkenntnis gelangt waren.

Vsauce

Einen anderen Ansatz verfolgt Mr. Beast, einer der erfolgreichsten Youtuber der Welt. Er möchte mit einem einfachen, aber kostspieligen Experiment beweisen, dass die Erde flach ist: Er selbst fliegt nach Hawaii, ein Freund nach Botsuana, also quasi ans andere Ende der Welt. Beide Männer legen gleichzeitig Magnete auf den Boden – wenn die Erde wirklich eine Kugel sei, so die Influencer, dann müssten sich die Magnete eigentlich gegenseitig anziehen und die Erde durchbohren.

Zu ihrem großen Erschrecken bohren sich die beiden Magnete tatsächlich nicht durch die 12.742 Kilometer dicke Erde – wodurch sie ihre Theorie bestätigt sehen, dass die Erde eine Scheibe ist. Daraus ergibt sich freilich ein neues Dilemma: Können sie diese bahnbrechende Erkenntnis mit der Menschheit teilen? Oder riskieren sie damit, die weltweite Globenproduktion mit ihren dann völlig obsoleten Produkten in den Ruin zu stürzen? "Was passiert, wenn die Wahrheit die Weltwirtschaft zerstört?", brüllt Mr. Beast an einer Stelle verzweifelt in sein Handy.

MrBeast

Fake News zu Magellan

Freilich handelt es sich bei dem Video von 2018 mit seinen über 26 Millionen Views um Klamauk, bei dem sich der Youtuber über diverse Verschwörungstheorien lustig macht. Eine andere Fake News hält sich jedoch beständig und wird teilweise auch in Schulbüchern verbreitet.

Denn entgegen weitläufiger Meinung hatte Magellan die Erde gar nicht umrundet. Er starb bereits zur Halbzeit der historischen Entdeckungsfahrt, am 27. April 1521 wurde er auf der philippinischen Insel Mactan von Einheimischen umgebracht. Zudem wollte er die Erde eigentlich gar nicht umsegeln, sondern bloß ein westliche Seeroute zu den indonesischen Gewürzinseln der Molukken suchen – und danach auf demselben Weg wieder zurückkehren, auf dem er gekommen war.

Abgeschlossen wurde die Mission schließlich vom weitgehend unbekannten spanischen Seefahrer Juan Sebastián Elcano, der nach Magellans Tod die Kontrolle über die letzten beiden verbliebenen Schiffe hatte und sich entgegen der Anweisung des spanischen Königs entschloss, die Erdumsegelung zu vollenden.

Beweis, dass die Erde rund ist

Die Odyssee war eines der härtesten Seeabenteuer überhaupt. Am 6. September 1522 kamen nach fast drei Jahren von den insgesamt 239 Expeditionsteilnehmern nur noch 18 abgemagerte Gestalten wieder im südspanischen Sanlúcar de Barrameda an. Niemand hatte mehr mit der Rückkehr eines der Schiffe der Magellan-Flotte gerechnet.

Elcano erbrachte – zumindest für die meisten Menschen – den Beweis, dass die Erde tatsächlich rund ist, und veränderte damit für immer das Weltbild und die Geschichte. In die Geschichtsbücher ging allerdings Magellan ein. "Eine historische Ungerechtigkeit", sagt der portugiesische Historiker und Magellan-Biograf José Manuel García.

Andererseits wäre die erste Erdumrundung ohne Magellan niemals gelungen, stellt der Experte von der Lissaboner Universität klar: Die Expedition sei seine Idee gewesen. Und er fand nach einer monatelangen Irrfahrt schließlich die alles entscheidende West-Ost-Passage am Südzipfel Amerikas. Ohne die heute als Magellanstraße bekannte Durchfahrt vom Atlantik zum Pazifik wäre die Erdumrundung niemals geglückt. Mehr noch: Hätte Elcano das Kommando gehabt, wäre die Flotte womöglich schon vorher umgekehrt. Denn Elcano gehörte zu jenen Meuterern, die sich gegen Magellan erhoben hatten und umkehren wollten. (APA, red, 6.9.2022)