Ethereum könnte die Branche mit der Umstellung seines Konsens-Verfahrens nachhaltig beeinflussen.

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Die Welt der Kryptowährungen hat in diesen Stunden ein Großereignis erlebt: Ethereum, das zweitgrößte Netzwerk nach Bitcoin, hat ein grundlegendes Update seiner Blockchain durchgeführt. Das Risiko der Umstellung bleibt hoch. Ethereum und Ether, die Währung des Netzwerks, haben aber auch viel zu gewinnen. Durch die erhoffte Stromreduktion könnte Ethereum das Image des Klimasünders ablegen und als Vorbild für die Branche wirken. Vor allem für Menschen außerhalb der Krypto-Community ergeben sich durch diese Umstellung eine Reihe von Fragen, nachfolgend die wichtigsten Antworten zum "Merge".

Frage: Was bedeutet "Merge" überhaupt?

Antwort: Unter dem Begriff "Merge" (engl. für "Verschmelzung") ist gemeint, dass die bestehende Blockchain von Ethereum mit einer neuen Blockchain zusammengeführt wird. Im Kern geht es darum, das Konsensverfahren umzustellen. Dieses Prinzip stellt sicher, dass die Sicherheit und Datenintegrität in einem dezentralen Netzwerk für alle gegeben ist.

Frage: Was passiert bei der Umstellung?

Antwort: Bislang nutzt die Ethereum-Blockchain das Proof-of-Work-Konsensverfahren. Dabei stehen die Nutzer im Netzwerk mit Rechenleistung ("Work") im Wettstreit zueinander: Sie prüfen Transaktionen auf ihre Echtheit und tragen sie verschlüsselt in die Blockchain ein. Nur derjenige "Miner", der die Berechnungen als Erster abschließt, erhält als Belohnung die Kryptowährung des jeweiligen Netzwerks.

Mit dem Update soll dieses Mining-Verfahren durch Proof of Stake abgelöst werden, bei dem die Miner durch sogenannte Validatoren ersetzt werden. Dabei erhält nur ein einziger Nutzer das Recht auf Validierung und Verschlüsselung einer Transaktion in der Blockchain. Und zwar derjenige, der zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Art digitales Pfand ("Stake") in Form der jeweiligen Kryptowährung hinterlegt.

Frage: Warum ist der "Merge" notwendig?

Antwort: Die Kryptobranche hat ein massives Energieproblem. Eine einzige Transaktion im Ethereum-Netzwerk benötigt nach dem Proof-of-Work-Konsensverfahren rund 206 Kilowattstunden, bei Bitcoin sind es sogar 1391 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Haushalt in Österreich verbraucht pro Tag rund zwölf Kilowattstunden. Die Umstellung auf Proof of Stake verspricht, den Verbrauch um 99,9 Prozent zu senken, weil für eine Transaktion eben nicht mehr ein Großteil des Netzwerks benötigt wird, sondern nur noch die Rechenleistung eines Validators. Über das Hauptargument der massiven Stromersparnis hinaus erhofft man sich mit diesem Schritt auch eine verbesserte Grundlage, um Geschwindigkeit, Effizienz und Skalierbarkeit des Netzwerks in Zukunft weiter optimieren zu können.

Frage: Wann ist das Update fertiggestellt?

Antwort: Ursprünglich war der jahrelang vorbereitete Wechsel zu "Ethereum 2.0" für das Jahr 2020 angedacht, technische Probleme haben die Umstellung allerdings bis jetzt verzögert. Geplant war das letzte von mehreren Updates zuletzt zwischen 13. und 20. September. Mittlerweile bestätigen mehrere Countdowns zum Merge, dass dieser bereits vollzogen ist.

Frage: Wer kann bei der Umstellung gewinnen, wer verlieren?

Antwort: Mit einer deutlichen Senkung des CO2-Fußabdrucks würde natürlich das Klima als Gewinner aus einer erfolgreichen Umstellung hervorgehen – und die Umstellung den restlichen Kryptomarkt hoffentlich dazu animieren nachzuziehen. Demgegenüber stehen viele Ether-Miner als Verlierer. Sie werden im Zuge eines erfolgreichen Updates auf ihren Rechnern sitzenbleiben und damit Unmengen an Elektronikschrott produzieren, wodurch sich die positive Prognose für die Klimabilanz von Ethereum – zumindest kurzfristig – relativieren dürfte. (Benjamin Brandtner, 15.9.2022)