Svante Pääbo mit einem Neandertalerschädel. Der schwedisch-deutsche Forscher hat einen Vater, der ebenfalls den Medizinnobelpreis erhielt – sich aber nicht allzu sehr um seinen Sohn kümmerte.

FRANK VINKEN / MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR EVOLUTIONÄRE ANTHROPOLOGIE

Es kam in der 122-jährigen Nobelpreisgeschichte noch nicht allzu oft vor, dass sowohl der Vater wie auch der Sohn diese Auszeichnung erhielt. Svante Pääbo, der frischgekürte Medizinnobelpreisträger, ist der erst sechste Sohn, der es seinem Vater gleichtut: Sune Karl Bergström, der sich freilich eher wenig um das Fortkommen seines Sprösslings kümmerte, war 1982 gemeinsam mit zwei Kollegen für bahnbrechenden Arbeiten über Prostaglandine und nahe verwandte biologisch aktive Substanzen ausgezeichnet worden. Bergström starb bereits 2004.

  • In nur einem einzigen Fall erhielten Vater und Sohn im gleichen Jahr und zu gleichen Teilen den gleichen Nobelpreis: Sir William und Sir Lawrence Bragg wurden 1915 mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet. Gemeinsam hatten Junior und Senior Kristallstrukturen mit Röntgenstrahlen analysiert.
  • Das einzige Doppelgespann, bei dem Vater und Sohn jeweils alleine den Nobelpreis (ebenfalls für Physik) gewannen, waren die Briten J. J. und George Thompson, die 1906 und 1937 jeweils alleine den Physiknobelpreis gewannen. Kurioserweise wurden die beiden für gewissermaßen "gegenteilige" Entdeckungen ausgezeichnet: Vater J. J. hatte das Elektron entdeckt und damit das erste subatomare Teilchen nachgewiesen. Sohn George konnte hingegen zeigen, dass sich Elektronen wie Wellen verhalten. Recht hatten beide, wie der Welle-Teilchen-Dualismus zeigt: Elektronen haben gleichermaßen Eigenschaften von Teilchen und Wellen.
  • Im gleichen Institut wiederum arbeiteten die Physiker Niels und Aage Bohr. Der ungleich berühmtere Vater Niels erhielt 1922 einen ungeteilten Nobelpreis 1922 für seine grundlegende Forschung zu Atomen und Strahlung. Aage erhielt 1975 einen Drittel-Nobelpreis für seine Arbeit zur Bindung und Bewegung der Teilchen im Atomkern. Seine Forschungen hatte er am Niels-Bohr-Institut durchgeführt.
  • Schweden ist übrigens in dieser raren Kombination relativ oft vertreten: Der schwedische Physiker Manne Siegbahn erhielt 1924 den Nobelpreis für seine Forschung zur Röntgenspektroskopie. Sohn Kai erhielt die Auszeichnung 1981. Im Fall des Schweden Ulf von Euler (Medizinnobelpreis 1970) gab es allerdings einen deutschen Vater: Hans von Euler-Chelpin hatte 1929 den Chemienobelpreis erhalten.
  • Roger Kornberg wiederum, Chemie-Preisträger 2006, hatte als Zwölfjähriger seinen Vater Arthur Kornberg 1959 nach Stockholm begleitet, wo diesem der Medizinnobelpreis überreicht wurde.
  • In einem Fall hat es auch eine Nobelpreisträgertochter samt Schwiegersohn zu den höchsten Stockholmer Ehren gebracht: Irène Joliot-Curie (Chemie 1935) war die Tochter der Laureaten Marie und Pierre Curie. In dem Fall erhielten sowohl Vater (Physik 1903) und Mutter – Letztere doppelt (Physik 1903 und Chemie 1911)– sowie Tochter und Schwiegersohn (ebenfalls 1935 für Chemie) Nobelpreise. Ein Enkelkind eines Nobelpreisträgers hat noch nie die Medaille von einem schwedischen König überreicht bekommen.

Ein österreichisches Vater-Sohn-Gespann hat die Doppelauszeichnung nur knapp verpasst: Adolf Lorenz, der Mitbegründer der Orthopädie und Vater des Verhaltensforschers Konrad Lorenz, wurde von 1904 bis 1933 immerhin achtmal für den Medizinnobelpreis nominiert. In einem Jahr fehlte ihm in Stockholm angeblich nur eine einzige Stimme.

Konrad Lorenz (links) neben seinem Vater Adolf Lorenz, der von den Forschungen seines Sohns wenig hielt.
Foto: Archiv des Adolf-Lorenz-Vereins

Adolf Lorenz, der 1946 starb, hielt im Übrigen nicht viel von den Forschungen seines Sohns: Es sei doch ziemlich gleichgültig zu wissen, ob die Wildgänse gescheiter oder dümmer sind, als man bisher geglaubt habe, schrieb Adolf Lorenz in seiner Autobiografie 1937. 1973 erhielt Konrad Lorenz dennoch den Medizinnobelpreis. Gemeinsam mit Karl von Frisch war er der bislang letzte Österreicher, der damit ausgezeichnet wurde.

Im Jahr 2000 erhielt mit Eric Kandel noch ein gebürtiger Wiener den Medizinnobelpreis, der jedoch als Kind vor den Nationalsozialisten fliehen musste und in den USA Karriere machte. (tasch, 3.10.2022)