Der Wiener Kammerpräsident Walter Ruck, Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) und der Wiener-Industrie-Präsident Christian Pochtler (von links) ziehen an einem Strang.

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Wien – Entschlossenere Maßnahmen gegen hohe Gas- und Strompreise fordert die Wiener Wirtschaft. "Es ist fünf nach zwölf", sagte der Präsident der Wiener Industriellenvereinigung, Christian Pochtler, in einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und dem Wiener Wirtschaftskammer-Präsidenten Walter Ruck. "Es könnten uns viele wichtige Betriebe wegbrechen."

Die Situation sei dramatischer als in der Öffentlichkeit wahrgenommen, weil aktuell noch viele Unternehmen mit Altverträgen ihrer Energieversorger über die Runden kämen. Im kommenden Jahr sehe die Situation düster aus, deshalb brauche es dringend einen europaweiten Gaspreisdeckel, zumindest für das zur Verstromung verwendete Erdgas.

Forderungskatalog

Das ist einer der wichtigsten Punkte im Forderungskatalog, den die drei in bewährter Allianz am Mittwochnachmittag vorlegten.

Zweiter wichtiger Punkt: ein neues Modell für Energie-Kurzarbeit nach Vorbild der ersten Etappe der Corona-Kurzarbeit, die extrem unbürokratisch und hilfreich gewesen sei. "Verlorene Industriearbeitsplätze kommen nicht wieder", warnt Pochtler, im Zivilberuf geschäftsführender Gesellschafter des Metallverarbeitungskonzerns Isi-Group.

Auf Hilfe nach diesem Muster sollte man allerdings eher nicht hoffen. Denn der Rechnungshof hat genau diese Ausgestaltung der Kurzarbeit scharf kritisiert, das Modell sei geradezu eine Einladung zum Missbrauch gewesen, Kontrollen seien kaum möglich gewesen. Allerdings steigt der Druck seitens der Wirtschaft dahingehend, dass die bestehende Kurzarbeitsregelung dahingehend geändert wird, dass Energiekosten als Grund für Kurzarbeit akzeptiert werden. Das sei derzeit explizit ausgeschlossen und werde angesichts der Versechs- oder Verachtfachung der Strom- und Gaspreise zunehmend ein Problem, sagt der Geschäftsführer der Sektion Industrie in der Wirtschaftskammer, Andreas Mörk.

Kurzfristige Unterstützung

Darüber hinaus brauche es dringend eine kurzfristige Unterstützung für betroffene Unternehmen nach Vorbild der Strompreisbremse für Haushaltskunden. Die Förderrichtlinie und praxistaugliche Ausgestaltung für die Strompreiskompensation für Unternehmen, die mehr als drei Prozent ihres Umsatzes für Energiekosten aufwenden, liege noch nicht vor. Das Pauschalmodell für Kleinbetriebe fehle immer noch, sagte Ruck. Es müsse eine gangbare Überbrückung gelingen. Außerdem seien die vom Bund präsentierten Hilfen befristet, es brauche aber Planbarkeit.

Stadtrat Hanke regte einmal mehr die Bildung eines Energieschirms für Versorger an. Darüber hinaus sollte es Notfallpläne auf Bundes- und Landesebene geben, um für den "leider nicht mehr auszuschließenden Ernstfall" gerüstet zu sein. Der Ruf nach einer europäischen Lösung beim gemeinsamen Gaseinkauf rundet das Bild ab. (Luise Ungerboeck, 6.10.2022)