Die Iranerin Elnas Rekabi trat beim Kletterfinale in Seoul ohne Kopftuch an.

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Elnas Rekabi wollte immer nur klettern. Und das hat die 33-jährige Iranerin auch getan. Als beste Sportkletterin ihres Landes ging sie im Oktober freilich bei den Asienspielen in Seoul an den Start. Sie erreichte das Finale – und trat dort ohne das für iranische Sportlerinnen obligatorische Kopftuch an. Dann ging der Wirbel los.

In den sozialen Medien wurde Rekabi gefeiert: "Wir sind stolz auf dich", war der Tenor. Man deutete Rekabis Auftritt als Solidaritätskundgebung zu den Protesten im Iran. Nach ihrem Antreten überwog die Sorge um die Sportlerin: Eine Verhaftung wurde befürchtet, dann von der iranischen Botschaft dementiert, wenig später veröffentlichte Rekabi auf ihrem Instagram-Kanal ein Statement: "Das Kopftuch nicht getragen zu haben ist unabsichtlich gewesen. Die Ansetzung war schlecht koordiniert, ich wurde unvorbereitet aufgerufen." Sie hätte also schlicht vergessen, den Hidschab zu tragen. Die Freiwilligkeit des Statements wurde allerdings angezweifelt.

Dass Rekabi im Kletterfinale den vierten Platz belegte, ging ob des Wirbels unter. Dabei ist die Iranerin eine Pionierin des Sports in ihrem Land, sie wird auch "die iranische Spider-Woman" genannt. Rekabi wuchs in Zandschan, einer Stadt im Nordwesten des Irans, auf. Zum Klettern kam sie einerseits über ihren Bruder Davoud, der ebenfalls erfolgreicher Sportkletterer war, und andererseits über die Hauswand: "Ich bin immer wieder über die Hauswand aufs Dach geklettert, benutzte die Ziegel als Haltegriffe", sagte sie einmal in einem Interview.

Später ging es in die Halle und zu Wettkämpfen – als Frau im Iran etwas Außergewöhnliches: "Manchmal werde ich auch gefragt: Klettern? Als Frau? Das überrascht viele Leute erst einmal, aber in einem positiven Sinne. Und es hilft vielleicht auch, dass andere Mädchen mit diesem Sport anzufangen." Als sie mit dem Klettersport begann, waren die Kletterhallen fast durch und durch männlich. Das hat sich zumindest ein wenig geändert.

Neben ihrer Karriere schloss Rekabi in Teheran ein Sport- und Geologiestudium ab, betreibt ihren eigenen Kletterverein und finanziert ihr Leben als Trainerin.

Apropos Karriere: Trotz mangelnder Unterstützung seitens des Verbandes kletterte Rekabi in ihrem Heimatland alles in Grund und Boden, ihren größten Erfolg feierte sie mit der Bronzemedaille in der Kombination bei der WM in Moskau 2021. Gold holte damals die Österreicherin Jessica Pilz. (Andreas Hagenauer, 18.10.2022)