Kurz' Anwalt sieht in den Aufnahmen eine "Bombe für den derzeitigen Ermittlungsstand".

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Wien – Der Anwalt des früheren ÖVP-Chefs und Kanzlers Sebastian Kurz, Werner Suppan, hat Mittwochnachmittag bekanntgegeben, den Behörden eine Tonbandaufzeichnung übermittelt zu haben, die die Kurz belastenden Aussagen des ehemaligen Finanz-Generalsekretärs Thomas Schmid Aussagen "widerlegen" sollen. Kurz hatte zwei Wochen nach der Hausdurchsuchung ein Telefonat mit Schmid aufgenommen, in dem dieser etwa das "Beinschab-Tool" erklärt.

Am Dienstag waren Vernehmungsprotokolle von Schmid öffentlich geworden, die Kurz und andere enge Vertraute in mehreren Fällen massiv belasten. Der langjährige Mitarbeiter diverser ÖVP-Minister war im April mit dem Wunsch nach einer Kronzeugenregelung an die Anklagebehörde herangetreten, wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Ein formeller Kronzeugenantrag wurde bis dato laut WKStA aber nicht gestellt. Seit Juni fanden insgesamt 15 ganztägige Vernehmungen statt.

Schmid: "Habe dieses Tool für Kurz umgesetzt"

Dabei belastet Schmid den früheren Kanzler. Kurz habe gewusst, dass seine Mitarbeiter Umfragen, die ihm bei der Eroberung des ÖVP-Parteivorsitzes und des Kanzleramtes helfen sollten, über das Finanzministerium finanziert wurden. "Ja, das war ihm klar. Mir ist ganz wichtig zu betonen, dass ich dieses Tool nur deswegen umgesetzt habe, weil ich von Kurz den Auftrag bekommen habe. Ich habe dieses Tool für Kurz umgesetzt." Kurz sei klar gewesen, dass es nur über das Finanzministerium finanziert werden könne, sagte Schmid aus. "Ich habe Kurz und die ÖVP aus dem BMF heraus gefördert, die Ressourcen des BMF genutzt, um das Fortkommen der ÖVP unter Sebastian Kurz zu unterstützen."

Schon am Dienstagabend hatte Kurz-Anwalt Suppan die Aussagen als "falsch" bezeichnet, einen Tag später holte man zu einem weiteren Gegenschlag aus und gab bekannt, dass man den Behörden die Aufnahme eines Telefonats übergeben habe. "Diese Tonbandaufzeichnung stellt eine Bombe für den derzeitigen Ermittlungsstand dar und widerlegt massiv die Aussagen, die Thomas Schmid bei den Einvernahmen geäußert hat, um Kronzeuge zu werden", betonte Suppan in einer schriftlichen Mitteilung an die APA.

"Eine Bombe"

Am 6. Oktober 2021 hatten unter anderem im Kanzleramt Hausdurchsuchungen stattgefunden. In dem Telefonat mit Schmid vom 18. Oktober 2021, dessen Transkript der APA vorliegt, fragt Kurz mehrmals, wie man darauf komme, dass er in die Umfragen-Affäre involviert sei. Schmid erklärt ihm daraufhin in groben Zügen, wie die Kooperation mit der Meinungsforscherin Sabine Beinschab abgelaufen sei. Kurz fragt, wie man darauf komme, dass er so etwas beauftragt habe. "Die bauen sich ihre eigenen Geschichten zusammen", antwortet Schmid.

"Was sie uns da strafrechtlich vorwerfen, kannst du dir das irgendwie erklären", fragt Kurz Schmid laut der Abschrift, denn er könne gar nicht mehr schlafen und zweifle an sich selbst, ob er irgendetwas vergessen habe. "Aber ich hab dir doch nie irgendwie...wir haben doch nie einen Auftrag gegeben, oder wir haben doch nicht einmal über Inserate und sowas geredet...oder ich habe doch nie gesagt, du sollst der Beinschab jetzt irgendwelche Aufträge geben." Schmid widerspricht laut dem Protokoll an dieser Stelle nicht: "Na, aber das is eben das Schlimme, dass man eben...dass die ja ihre eigene Geschichte zusammenbauen, ja."

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Kurz: "Finde skurill, wie man sagen kann, ich hätte das beauftragt"

Beinschab habe einmal in der Woche Erhebungen gemacht, "und dann hat man halt noch 1-2 Fragen angehängt, ja", erklärt Schmid laut dem Protokoll. "Dass diese deppate Kuh dann diese Rechnungen da umeinanderschickt und, aus dem die jetzt machen, das war alles ein Auftrag, das war eine ganz andere Sache." Weder er noch Johannes Frischmann (damals im Finanzministerium und später Sprecher von Kurz als Kanzler) hätten Inserate in Millionenhöhe beauftragt, sondern das seien große Kampagnen gewesen, die das Finanzministerium laufend gemacht habe.

"Aber das heißt, du glaubst schon, dass sich das aufklären lässt, diese Dinge auch", wird Kurz zitiert. "Ja...ich...man muss auch alles daran setzen, dass man das aufklären kann", soll Schmid geantwortet haben. "Ich find nur so skurril, wie kann man sagen, ich hätte das beauftragt. Oder ich hätte das angestiftet. Das verstehe ich irgendwie nicht", meint Kurz an späterer Stelle. "Also ich finds einfach so eine Frechheit, dass man mir das unterstellen kann. Ich könnt jeden Tag irgendwie explodieren." "Jaja, und das ist das Schlimme an denen, weil die bauen sich ihre eigenen Geschichten zusammen und dann ziehen sie alle möglichen Leute hinein, ja", antwortete Schmid der Abschrift zufolge. Wie man auf den Vorwurf der Anstiftung komme, "das kann ich dir nicht beantworten", "das behaupten's dann einfach, ja".

Die WKStA ermittelt seit längerem gegen Kurz, sein engstes berufliches Umfeld, Schmid, Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), die Meinungsforscherin Beinschab, die Medienmanager Helmuth und Wolfgang Fellner und – nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz – auch gegen die ÖVP selbst. Die WKStA geht davon aus, dass aus budgetären Mitteln des Finanzministeriums ausschließlich parteipolitisch motivierte, teilweise manipulierte Umfragen im Interesse von Kurz und damit auch der ÖVP erstellt und auf Kosten des Steuerzahlers in der Mediengruppe "Österreich" veröffentlicht wurden. Der Verdacht der Untreue, der Bestechlichkeit und Bestechung, des Missbrauchs der Amtsgewalt und weiterer Delikte steht im Raum. (APA, 19.10.2022)