Das private Geldvermögen sinkt erstmals seit der Finanzkrise 2008.

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Wien – In den Pandemiejahren 2020 und 2021 haben Österreichs Haushalte sehr viel gespart und dabei viel Geld in Wertpapiere veranlagt. Doch die Börsentumulte seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Folge: Erstmals seit der Finanzkrise 2008 ist hierzulande im ersten Halbjahr 2022 das private Geldvermögen gesunken, nämlich um 3,4 Prozent auf 799 Milliarden Euro, sagte Johannes Turner, Statistikdirektor der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), am Donnerstag. "Das ist nicht die reine Katastrophe, aber eine deutliche Veränderung nach unten", ergänzte er.

Heruntergebrochen auf einen einzelnen Haushalt entspricht dies einem Durchschnittswert von etwa 70.000 Euro. Gleichzeitig sorgt die hohe Inflation dafür, dass die Realeinkommen heuer um voraussichtlich 1,5 Prozent abnehmen werden. Österreichs Bevölkerung wird im heurigen Jahresverlauf also ärmer, denn auch die jüngste Entwicklung an den Bösen deutet auf keine Besserung beim Geldvermögen hin.

Mehr Risiko

"Haushalte haben ihren Anlagefokus seit Beginn der Pandemie deutlich zugunsten von Aktien und Investmentzertifikaten verschoben", erklärte Turner. Risikoreiche Anlageformen seien beliebter geworden, während weniger Geld in sichere Spareinlagen geflossen sei. Zur Verdeutlichung: Vor der Corona-Pandemie sind noch drei von vier Euro in Sparbücher und andere Einlagen geflossen, derzeit ist es nur noch etwa jeder zweite Euro.

"Die Glaskugel ist derzeit sehr trüb", sagt OeNB-Vizegouverneur Gottfried Haber über die weiteren Aussichten. Die Finanzmärkte seien derzeit geprägt von sehr hoher Volatilität, also starken Schwankungen. "Die Erfahrung aus der Finanzkrise 2008 und danach zeigt, dass Unsicherheit und Volatilität schlecht für die Wirtschaft sind, weil die Planungssicherheit geringer ist", erklärt Haber. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs seien aber nachhaltiger als die damaligen, da diesmal auch die Handelsströme verändert worden seien. "Die Zeit billiger Energiepreise ist vorbei", ergänzte Haber.

Im Vorjahr konsumierten die Haushalte 88 Prozent ihres Einkommens und legten zwölf Prozent auf die hohe Kante. Die hohe Inflation und das Ende der Konsumeinschränkungen durch die Pandemie werden heuer zu einer geringeren Sparquote führen. (aha, 21.10.2022)