Der prominente Koch Alfons Schuhbeck soll für mehr als drei Jahre ins Gefängnis.

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Noch ist nicht endgültig geklärt, ob Alfons Schuhbeck tatsächlich für drei Jahre und zwei Monate ins Gefängnis muss. Dazu wurde er zwar wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 2,3 Millionen Euro vom Münchner Landgericht I verurteilt. Doch am letzten Tag vor Fristablauf legten Schuhbecks Anwälte doch Revision ein und erklärten: "Alfons Schuhbeck steht zu seiner Schuld, will aber die Strafe auf Basis der schriftlichen Urteilsbegründung nachvollziehen können."

Die Verurteilung hat viel Häme ausgelöst. Im Netz kursieren zahlreiche Fotos, auf denen Schuhbeck gemeinsam mit dem Ex-Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, zu sehen ist. Auf einem sind die beiden als "Verkäufer" bei McDonald's abgebildet. Kommentar dazu: "Aktion wird zunächst auf 3 Jahre und 2 Monate ausgesetzt". Schuhbeck werde wohl in der Justizvollzugsanstalt Landsberg die "Uli-Hoeneß-Gedächtnis-Suite" bekommen, witzelt die "Heute-Show" des ZDF.

Doch es gibt auch viele, die ihn bedauern: "Vergewaltiger bekommen nicht selten Bewährung." Erinnert wird auch daran, dass Hoeneß Steuern in Höhe von 28,5 Millionen Euro hinterzogen hat und 3,5 Jahre ins Gefängnis musste – also nur ein wenig länger als Schuhbeck, der "nur" 2,3 Millionen Euro hinterzogen hat.

Wichtiges "Nachtatverhalten"

"In der Tat erscheint die Strafe für Schuhbeck zunächst sehr hoch", sagt Martin Heger, der an der Humboldt-Universität Berlin den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und Neuere Rechtsgeschichte innehat, zum STANDARD.

Doch wenn man das "Nachtatverhalten" von Schuhbeck und Hoeneß vergleiche, dann werde klar, warum die Strafe für den Starkoch so hart ausfalle. Heger: "Hoeneß hat sich selbst angezeigt und ein umfassendes Geständnis abgelegt, er hat damit auch versucht, die Ressourcen des Gerichts zu schonen." Bei Schuhbeck hingegen habe ein "Geständnis nach Salamitaktik" vorgelegen – also Eingeständnisse immer nur dann, wenn das Gericht ohnehin schon Belastendes herausgefunden hatte.

Zudem, so Heger, verweise es doch auf "hohe kriminelle Energie", wenn jemand – so wie Schuhbeck – sogar einen IT-Spezialisten eingesetzt habe, um Kassen zu manipulieren. Hoeneß hingegen habe glaubhaft machen können, dass er beim nächtlichen Zocken den Überblick verloren hatte.

Strafrecht verschärft

Die Verwunderung vieler über vergleichsweise mildere Urteile für Täter, die Gewalt anwenden, kann Heger nachvollziehen. Aber er sagt auch: "Man muss jeden Fall und seine Umstände einzeln betrachten." In Deutschland sei in den vergangenen Jahrzehnten das Strafrecht durchaus verschärft worden: "So wurde versuchte Körperverletzung erst 1998 unter Strafe gestellt." Bei Sexualdelikten sei der "Strafrahmen in den letzten 25 Jahren deutlich nach oben gezogen worden". Und: "Mittlerweile gibt es auch eine Tendenz zur verschärften Bestrafung von Rassismus und Antisemitismus."

Stärker nachgeholt habe der Gesetzgeber aber beim Strafmaß für Wirtschaftskriminalität. Diese galt lange Zeit als weniger gravierend. "Aber Steuerhinterziehung wie von Schuhbeck ist kein Kavaliersdelikt", meint Heger und sagt: "Die Bereitschaft, bei reichen Leuten, die es eigentlich nicht nötig haben, beide Augen zuzudrücken, ist sowohl in der Gesellschaft als auch in der Justiz nicht mehr gegeben."

Dies sei das Ergebnis der "Gerechtigkeitsdebatte", die seit längerer Zeit geführt werde. Eher würden heute Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, die Steuerhinterziehung verurteilen, "heldenhaft bewertet". Wie in den USA herrsche auch in Deutschland mittlerweile die Überzeugung: "Sogenanntes White-Collar-Crime, bei dem dem Staat viel Geld weg genommen wird, ist ebenfalls schlimm und muss geahndet werden." (Birgit Baumann aus Berlin, 5.11.2022)