Über ihren Mutterkonzern Wiener Stadtwerke bekam Wien Energie vom Rathaus eine Art Sorglospaket.

Foto: Heribert Corn

Wien – Die inzwischen zu großen Teilen wieder rückgeführten Notkredite der Stadt Wien bekamen die Wiener Stadtwerke zwecks Rettung ihrer an den Strombörsen in Not geratenen Tochter Wien Energie Ende August zu wohlfeilen Bedingungen. Das erschließt sich aus der am Montag im Finanzausschuss des Stadtsenats beschlossenen "1. Ergänzung zum Kreditrahmenvertrag vom 29. August 2022". Der Gemeinderat wird damit im November befasst.

Wohl auf Druck der Hausbanken sprang die Stadt mit einem Nachrangdarlehen in die Bresche, um den Liquiditätsengpass aufgrund der Bocksprünge von Strom- und Gaspreisen an den Energiebörsen beim städtischen Versorger aufzulösen. Das Risiko blieb damit bei der öffentlichen Hand, denn im Fall einer Schieflage wären alle anderen Gläubiger der Wiener Stadtwerke, allen voran die Geschäftsbanken, bedient worden. Erst als Letztes die Stadt Wien.

Nachrang für öffentliche Hand

Die Konditionen, zu denen das Rathaus dem Wien-Energie-Mutterkonzern Kredite gewährte, waren hingegen besser als jene der gemeinen Geschäftswelt für sogenannte Nachrangdarlehen üblich.

Der Zinssatz orientiert sich am Euribor. Das ist jener Zinssatz, zu dem sich die Banken untereinander kurzfristig (bis zu zwölf Monate) Geld leihen. Den bei Nachrangdarlehen üblichen Aufschlag muss man jedoch mit der Lupe suchen. Marktüblich sind laut Finanzexperten Zinssätze (mit Risikoaufschlägen) zwischen 2,5 und fünf Prozent.

Gemäß der Kreditvereinbarung vom 29. August mit der Stadt betrug der Aufschlag auf den "laufzeitkonformen Euribor" allerdings nur 1,40 Prozentpunkte. Dieser Aufschlag wird nun abgesenkt auf 0,85 Prozentpunkte, wie es in der "1. Ergänzung zum Kreditrahmenvertrag" zwischen der für Finanzen zuständigen Magistratsabteilung 5 und der Wiener Stadtwerke GmbH heißt, die dem STANDARD vorliegt.

Großteils zurückgezahlt

Wie berichtet, war Ende August ein Kreditrahmen von 1,75 Milliarden Euro eingeräumt worden. Der Großteil wurde zwischenzeitlich rückgeführt. Im Voranschlag 2023 des Stadtbudgets steht aus diesem Titel eine außerplanmäßige Auszahlung von Zinserträgen in Höhe von 1,1 Millionen Euro.

Dank der relativen Beruhigung der Energiemärkte (auf hohem Niveau) hat die neue Kreditlinie für Schuldnerin und Stadt bessere Konditionen. Die Schlechterstellung der Stadt als Gläubiger wurde beseitigt. "Die Nachrangigkeit ist aufgrund des Umstands, dass eine vom Wirtschaftsprüfer KPMG testierte positive Fortbestehensprognose für die Wien Energie GmbH vorliegt und auf den internationalen Energiemärkten eine gewisse Entspannung eingetreten ist, nicht mehr erforderlich", heißt es in der Vorlage für den Gemeinderatsausschuss für Finanzen und Wirtschaft.

Gleichlautend die Begründung aus dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke: Die Nachrangigkeit sei nicht mehr begründbar, der Zinsaufschlag wurde entsprechend gesenkt. Dies unterstreiche den soliden und nachhaltigen Kurs der Stadt Wien in Bezug auf die städtischen Finanzen, wird betont unter Verweis auf das am 20. Oktober außertourlich veröffentlichte Rating von Moody's, in dem die Stadt Wien unverändert mit "Aa1-stabil" bewertet wird. Trotz der Vorkommnisse bei Wien Energie wurden der stabile Kurs und die soliden Finanzen der Stadt positiv beurteilt.

Positive Prognose

Damit sind freilich die Beteuerungen der Rathausmänner im Sommer, es handle sich bei Wien Energie nicht um eine Sanierung, kaum mehr aufrechtzuerhalten. Eine positive Fortführungsprognose und Nachrangdarlehen braucht in der Regel, wer sich gemäß Unternehmensreorganisationsgesetz auf Sanierungskurs befindet, wenn etwa die fiktive Schuldentilgungsdauer größer als 15 Jahre ist. Banken verlangen solche Prognosen in der Regel, um im Rahmen eines Sanierungsprozesses die Zahlungsfähigkeit nachzuweisen.

Als Beleg darf auch gelten, dass Wien Energie den börslichen Stromhandel vorübergehend ausgesetzt hatte und in den außerbörslichen Stromhandel gewechselt war, der keine weiteren Sicherheiten (Margins) in Milliardenhöhe erforderte. Dadurch erhöhte sich das – über die Laufzeit der langfristigen Stromhandelskontrakte – kaum kalkulierbare Risiko zumindest nicht weiter.

Märkte beruhigten sich

Die Entspannung verdanken die Stadt und ihre Stadtwerke übrigens dem Zufall: Die Märkte beruhigten sich, der Gaspreis ist gesunken. Vorgesorgt für künftige Turbulenzen auf den Energiemärkten, die auf Laufzeit der mehrjährigen Terminkontrakte jederzeit auftreten können, ist mit dem nun modifizierten Kredit nicht. (Luise Ungerboeck, 10.11.2022)