Tech-CEOs wie Mark Zuckerberg sehen aktuell in eine ungewisse Zukunft.

Foto: Erin Scott

Rund 11.000 Menschen setzte der Tech-Konzern Meta vor wenigen Tagen auf die Straße. Ungewohnte Maßnahmen in der in den letzten 15 Jahren stark boomenden Branche. Die Gründe für Massenentlassungen oder auch unerwartete Aufnahmestopps sind vielseitig. Manche Parallelen weisen Amazon, Twitter und Co dann aber doch auf.

Schwierige Änderungen

In den letzten Wochen war von Firmen wie Google und Meta erstmals seit vielen Jahren zu hören, dass man in nächster Zeit keine Leute mehr einstellen wolle. Dass dann wenige Tage später der Meta-Konzern von Mark Zuckerberg eine fünfstellige Mitarbeiteranzahl und damit rund 13 Prozent des Personals entlassen würde – damit hatte man nicht gerechnet. Weder als externer Beobachter noch als Mitarbeiter, wie zahlreiche Wortmeldungen in den sozialen Netzwerken beweisen.

Er würde zu den "schwierigsten Änderungen" in der Geschichte von Meta kommen, ließ Zuckerberg passend zum Personalabbau wissen. Er habe die Situation nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie falsch eingeschätzt, als der E-Commerce-Sektor ein gewaltiges Wachstum verzeichnete. Er habe geglaubt, dies sei von Dauer, sagt Zuckerberg, aber durch zunehmenden Wettbewerb, einen ökonomischen Abschwung und den Verlust von Werbekunden seien Metas Einnahmen nun viel geringer als angenommen. "Ich habe das falsch verstanden, und dafür übernehme ich die Verantwortung."

Ähnlich klangen die Gründe von Elon Musk, als er zu seinem Amtsantritt und in den Tagen danach die Belegschaft von Twitter um rund 50 Prozent reduzierte und am Donnerstag vermeldete, sogar eine Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens stünde möglicherweise im Raum. Das Werbegeschäft sei stark eingebrochen, sagte Musk, aber im Falle von Twitter sollte man auch bedenken, dass das Unternehmen nur selten in seinem Bestehen schwarze Zahlen geschrieben hat.

Der ehemalige Twitter-Chef Jack Dorsey entschuldigte sich parallel zu den aktuellen Entwicklungen seiner Ex-Firma via Kurznachricht. "Ich bin dafür verantwortlich, dass Menschen jetzt in dieser Situation sind." Er habe das Unternehmen zu schnell wachsen lassen. "Ich entschuldige mich dafür."

Spekulative Technologien

"Diese großen Unternehmen dürfen ruhig annehmen, dass die ruhigen Gewässer, die ihre Boote die letzten 15 Jahre angetrieben haben, in nächster Zeit unruhiger werden", erklärt die US-Ökonomin Jo-Ellen Pozner der Plattform Bloomberg. Investitionen in spekulative Technologie würden laut ihr künftig mehr auf Erfolgsfaktoren geprüft werden, als das zuletzt der Fall war. Das "großzügige Umfeld" hätte seit anderthalb Jahrzehnten wenige Einschränkungen erzwungen. Jetzt sei es allerdings nötig, Projekte auch einmal zu kürzen und zu rationalisieren.

Ein Beispiel für dieses bereits begonnene Umdenken ist der US-Konzern Amazon, der unprofitable Sparten künftig mehr auf ihre Erfolgsaussichten und ihre Wirtschaftlichkeit prüfen will. Fünf Milliarden Verlust macht etwa jene Abteilung pro Jahr, die für die Weiterentwicklung der Sprachassistentin Alexa zuständig ist. Schon vor Wochen kündigte man deshalb für das Unternehmen einen Einstellungsstopp an, gewisse Abteilungen würden zudem schrumpfen beziehungsweise aufgelöst werden. Auch diesbezüglich weniger transparente Unternehmen wie Microsoft oder Apple sind laut Analysten betroffen. Schwacher Konsum und verhaltene Prognosen sind auch für diese Großunternehmen Grund genug, auf die Bremse steigen zu müssen.

Mit 9.587 weggefallenen Jobs, erhoben von der Beratungsfirma Challenger, Gray & Christmas, erinnert der Oktober 2022 an die Entlassungswelle im November 2020, wo zuletzt eine ähnliche Zahl an Menschen in der Tech- und Telekom-Branche entlassen wurde. Über 100.000 Menschen werden laut aktuellen Erhebungen ihren Job in diesem Jahr in dieser Branche verlieren. Im Jahr 2020 waren es insgesamt knapp über 80.000.

Die Einschnitte vor zwei Jahren hatten allerdings andere Nachwirkungen. Die Kundschaft für Produkte vieler Tech-Firmen, egal ob Essenslieferant, soziales Netzwerk oder Videospiele, wuchs sprunghaft an. 2022 sieht die Situation jedoch etwas anders aus. Egal ob Alphabet, Amazon oder Meta, alle scheitern daran, in dieser krisengebeutelten Zeit zugkräftige Visionen präsentieren zu können, die Investoren zuversichtlich stimmen. Dementsprechend reagieren die Aktienkurse verschnupft, und die bisher so stabilen Riesen müssen mit Milliardenverlusten an der Börse kämpfen.

Die angespannte Wirtschaftslage macht erstmals auch vor Konzernen wie Meta nicht halt.
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Allein Meta hat in diesem Jahr rund 71 Prozent an Wert eingebüßt, auch weil dessen CEO Mark Zuckerberg mit seinem kostspieligen Festhalten an einem künftigen Metaverse die Investoren stark verunsichert hat. Rund 36 Milliarden Dollar hat man in den letzten Jahren in das virtuelle Projekt gesteckt – eine Veröffentlichung des für den Mainstream passenden Spielplatzes liegt jedoch in weiter Ferne.

Die Blase platzt

Die Start-up-Szene wird sich ebenfalls in den kommenden Jahren schwertun, Kapital für ihre Ideen aufzustellen, sagt Stephen Levy, Director der Forschungseinrichtung Center for Continuing Study of the California Economy. "Das wird so lange bleiben, bis sich die Zinsen und die Inflation wieder auf einem normalen Level befinden", prognostiziert der Ökonom. Das Platzen der Dotcom-Blase zwischen 2001 und 2002 sei aber noch schlimmer gewesen. Damals, sagt Levy, verloren knapp 300.000 Menschen ihren Job. (Alexander Amon, 11.11.2022)