Was ist nur mit der ÖVP los? Ist sie eine christdemokratische oder auch christlich-soziale Partei? Oder, noch wichtiger, ist sie eine Partei des Konsenses über demokratiepolitische Grundsatzfragen, oder rutscht sie hinüber zu den Rechtsextremen, die "das System" insgesamt ablehnen?

Rutscht die ÖVP hinüber zu den Rechtsextremen, die die Menschenrechtskonvention infrage stellen?
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Was ist in den Klubobmann der ÖVP, August Wöginger, gefahren, der im STANDARD-Interview die Europäische Menschenrechtskonvention infrage stellt? Er sagte auf die Frage, ob das europäische Asylrecht überarbeitet gehöre: "Ja, das würde ich meinen. Auch die Menschenrechtskonvention gehört überarbeitet. Wir haben mittlerweile eine andere Situation, als es vor ein paar Jahrzehnten der Fall war, als diese Gesetze geschrieben wurden." Genau dasselbe hat Herbert Kickl als Innenminister 2019 auch gesagt, allerdings mit dem Zusatz "das Recht hat der Politik zu folgen".

Die Menschenrechtskonvention wurde 1950 als Reaktion auf Krieg und Holocaust geschaffen und verpflichtet die europäischen Staaten, die Menschenrechte und Grundfreiheiten im eigenen Hoheitsgebiet und untereinander anzuerkennen. Das ist fundamental.

Daran herumbasteln zu wollen – ohne, auch auf Nachfrage, zu sagen, was man genau abschaffen will – kann nur bedeuten, dass die ÖVP völlig verzweifelt ist oder mit den Fundamenten unseres Europas nichts anzufangen weiß. Oder demnächst mit der FPÖ fusionieren sollte. (Hans Rauscher, 14.11.2022)