Kardinal Rainer Maria Woelki ist in Bedrängnis.

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Es kehrt keine Ruhe ein im Erzbistum Köln. Wieder geht es um den umstrittenen Kardinal Rainer Maria Woelki. Der war am Dienstag mit den anderen deutschen Bischöfen beim Ad-limina-Besuch in Rom und hielt eine Predigt. Darin ehrte er den heiligen Albert, der gezeigt habe, "wie auch wir heute die Welt im Lichte der Wahrheit Gottes sehen können". Daheim aber, in Köln, brodelt es. Seit Jahren wird dem 66-jährigen Woelki vorgeworfen, er kläre sexuellen Missbrauch durch Priester in seinem Erzbistum nicht auf.

Papst Franziskus hatte deshalb im Sommer 2021 Kontrolleure zur "apostolischen Visitation" nach Köln entsandt, Woelki danach "schwere Kommunikationsfehler" vorgeworfen und ihn in Auszeit geschickt. Ein Rücktrittsangebot des Kardinals hat der Papst aber nicht angenommen.

Interview führt zu Ermittlungen

Nun aber hat die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen gegen Woelki wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung aufgenommen. Auslöser dafür war ein Interview von Hildegard Dahm, einer früheren Mitarbeiterin der Personalabteilung des Erzbistums. Sie erklärte im Kölner Stadtanzeiger, sie habe schon im Jahr 2015 für den Kardinal eine Liste mit früheren Missbrauchstätern erstellt und Woelki persönlich damit befasst.

14 Namen seien darauf gestanden, darunter auch der des 2019 verstorbenen Priesters und Chefs der Sternsinger, Winfried Pilz, gegen den es Missbrauchsvorwürfe gibt. Woelki aber hatte im August in einem presserechtlichen Prozess gegen die Bild-Zeitung eidesstattlich versichert, er sei erst im Juni 2022 mit dem Fall Pilz befasst worden.

"Das ist nicht wahr"

"Das ist nicht wahr", sagte Dahm in dem Interview mit der Kölner Zeitung. Es könne zwar sein, dass sich Woelki das Blatt mit den Namen nicht angeschaut habe. Aber, so Dahm, "befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit."

Sie berichtete auch, damals ihren Chef nach der Sitzung gefragt zu haben, wie denn Woelki auf die Liste reagiert habe. Dessen Antwort sei gewesen: "Das hat den Kardinal überhaupt nicht interessiert."

Anzeige von drei Priestern

Schon nach Woelkis Aussage im Presseprozess im August hatten drei Priester Anzeige gegen Woelki erstattet. Es war bekannt, dass bereits Anfang Mai ein mutmaßliches Opfer von Pilz von Woelki zum Gespräch eingeladen worden war.

Im Erzbistum hieß es daraufhin, die Einladung sei von Woelkis Büroleiterin verfasst worden, er selbst habe keine Kenntnisse über den Fall gehabt. Dem folgte die Staatsanwaltschaft und nahm keine Ermittlungen gegen den Kardinal auf.

Nun, nach dem Interview der ehemaligen Mitarbeiterin, hat sie ihre Meinung geändert. Im Erzbistum Köln, dem größten in Deutschland, sind im Jahr 2021 mehr als 40.000 Menschen aus der Kirche ausgetreten, so viele wie nie zuvor. (Birgit Baumann aus Berlin, 15.11.2022)