Apples CEO Tim Cook.

Foto: AFP Photo/Apple Inc./Handout

Apple wirbt bei seiner iPhone-Produktlinie gerne mit Datenschutz, doch die Versprechen des kalifornischen Unternehmens könnten etwas zu vollmundig ausgefallen sein. iPhone-Besitzer Elliot Libman konfrontiert den Hersteller seines Smartphones nun mit einer Sammelklage. Der Grund: Einstellungsoptionen in Apples iOS, die es erlauben, das Teilen von Nutzungsdaten und die Erstellung von Werbeprofilen auszuschalten, sollen Apples eigene Datensammlungsaktivitäten nicht betreffen.

Im Klagetext heißt es unter anderem:

Apple zeichnet auf, verfolgt, sammelt und monetarisiert Analysedaten – einschließlich des Browserverlaufs und Aktivitätsinformationen – unabhängig davon, welche Schutzmaßnahmen oder "Datenschutzeinstellungen" die Verbraucher zum Schutz ihrer Privatsphäre vornehmen.

Datenhungrige Apple-Apps

Die Klage erwähnt weiters einen Bericht des Online-Portals "Gizmodo" über zwei iOS-Entwickler und IT-Sicherheitsexperten, die sich das Verhalten von Apples vorinstallierten Apps genauer angesehen haben. Das deutsch-kanadische Duo namens Mysk berichtete auf Twitter, dass etwa der App Store während der Nutzung der App ständig detaillierte Nutzungsdaten an Apple schickt.

Gizmodo beauftragte Mysk in weiterer Folge damit, sich weitere Apple-Apps anzusehen – und wie sich herausstellte, verhalten sich die Apps Apple Music, TV, Bücher, iTunes Store und Aktien alle ähnlich datenhungrig. Meist wurde sogar eine konstante ID-Nummer an Apples Server verschickt, die es laut Mysk erlauben würde, Nutzungsdaten dienstübergreifend nachzuverfolgen – all das, obwohl alle Optionen bezüglich personalisierter Werbung und Tracking deaktiviert waren.

Die Aktien-App schickt etwa Informationen darüber, wann User welche Aktien angesehen oder gesucht haben, und erstellte außerdem eine Liste der über die App gelesenen Nachrichtenartikel – diesmal allerdings ohne konstante ID-Nummern und detaillierte Informationen über das Gerät.

Die IT-Spezialisten von Mysk nutzten für ihre Nachforschungen ein iPhone mit einer gejailbreakten Version von iOS 14.6. Bei Versuchen mit regulärem iOS 16, der aktuellsten Version von Apples mobilem Betriebssystem, konnte die Verschlüsselung der von den Apps verschickten Daten nicht aufgehoben werden. Zeitpunkt und Art der Datenpakete würden aber nahelegen, dass Apple seine Vorgehensweise seit iOS 14.6 nicht geändert habe. Apple führte die erweiterten Einstellungen zu App-Tracking bereits mit iOS 14.5 ein.

Kreative Definition von "Tracking"

Apple rechtfertigt sein Vorgehen, indem es einfach den Begriff Tracking neu definiert. Auf seiner Website gibt das Unternehmen an:

Werbung der Apple-Werbeplattform kann im App Store, in Apple News und der App "Aktien" angezeigt werden. Die Apple-Werbeplattform folgt dir nicht, d. h., Benutzer- oder Gerätedaten, die über unsere Apps erfasst wurden, werden nicht mit Benutzer- oder Gerätedaten von Drittanbietern für zielgerichtete Werbung oder andere Werbezwecke verknüpft. Außerdem werden Benutzer- oder Gerätedaten nicht an Datenvermittler weitergegeben.

Solange Apple also über die eigenen Apps erfasste Nutzungs- und Gerätedaten nicht mit Daten von anderen Anbietern verknüpft, läge demnach kein Tracking vor. Keine übliche Vorgehensweise, wie Mysk betont: Ähnliche Tests mit den Webbrowsern Google Chrome und Microsoft Edge hätten ergeben, dass bei deaktiviertem Tracking tatsächlich keine Analysedaten auf den Servern von Google und Microsoft landen würden.

Mysk gibt außerdem an, man sei von dem Detaillevel der von Apple verarbeiteten Nutzungsdaten schockiert. "Von einem Unternehmen wie Apple, das den Schutz der Privatsphäre für ein grundlegendes Menschenrecht hält, hätte ich erwartet, dass es mehr allgemeine Daten sammelt", sagte Tommy Mysk, einer der beiden Sicherheitsforscher von Mysk. Apple gab bisher kein Statement zu den Enthüllungen von Mysk und "Gizmodo" oder der Sammelklage ab.

Stärkerer Fokus auf Werbung

Apple steigt seit einiger Zeit immer stärker ins Werbegeschäft ein. Kürzlich stellte Apple in einer Mail an iOS-Entwicklerinnen und -Entwickler, die "MacRumors" vorliegt, neue Möglichkeiten zur Bewerbung von Apps vor: Diese können nun auf der Startseite des App Stores platziert werden, wo zuvor kuratierte Empfehlungen zu finden waren. (Jonas Heitzer, 16.11.2022)