Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass die ÖVP gerade jetzt strengere Regeln für die Sicherstellung von Handys und Laptops fordert. Jetzt, da nicht nur gegen zahlreiche Politiker der eigenen Reihen ermittelt wird, sondern auch gegen die Partei selbst. Der Auslöser: eine 2019 bei Thomas Schmid sichergestellte Festplatte, die sich für die Ermittlerinnen und Ermittler als geradezu unerschöpflicher Datenschatz offenbarte.

Aber selbst wenn man der ÖVP ein gewisses Eigeninteresse an einer Reform unterstellt, hat sie mit ihrer Forderung eine wichtige Diskussion angestoßen – und wird nun von der Anwaltskammer und einem Gutachten der renommierten, politisch unabhängigen Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes unterstützt. Gemeinsam mit Fachleuten der Universität Wien erarbeitete die Juristin einen Reformvorschlag, der als Basis für weitere Diskussionen dienen soll.

Die ÖVP fordert strengere Regeln für die Sicherstellung von Handys und Laptops.
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Die Sicherstellung von Smartphones und Laptops ist derzeit aus mehreren Gründen rechtsstaatlich problematisch: Datenträger gelten rechtlich als Gegenstände und können damit ähnlich leicht beschlagnahmt werden wie Messer, Bilder oder Kalender. 2004, als die Gesetzesstelle zuletzt reformiert wurde, war aber nicht absehbar, dass Menschen künftig über Chats, Fotos und Standortdaten geradezu ihr gesamtes Leben auf ihrem Handy speichern. Wenn Smartphones sichergestellt werden, kommt das einer Telefonüberwachung mittlerweile sehr nahe. Letztere ist jedoch nur unter strengen Bedingungen zulässig.

Höhere Hürden

Die Anwaltskammer schlägt daher vor, die Hürden für Ermittlerinnen und Ermittler künftig anzuheben: Die Sicherstellung von Datenträgern soll nur dann möglich sein, wenn die Staatsanwaltschaft einen "dringenden Tatverdacht" hat und Straftaten verfolgt, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe belangt werden können. Auch Zufallsfunde, die bei der Sicherstellung von Handys laufend vorkommen, sollen nur noch unter diesen Voraussetzungen verwertet werden dürfen.

Viele Ermittlungen würde das deutlich erschweren, was nicht nur Staatsanwältinnen, sondern auch die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie zu Recht kritisieren. Wohlgemerkt: Die Festplatte von Thomas Schmid hätte gemäß dem Reformvorschlag dennoch beschlagnahmt werden können, weil die verfolgten Straftaten in der Causa mit hohen Strafen bedroht sind. Im Fall von "einfachen" Drogendelikten, Besitz von Kinderpornografie, gefährlichen Drohungen oder Stalking wäre die Sicherstellung von Handys aber deutlich erschwert. Ob das in Zeiten, in denen sich Kriminalität vermehrt ins Internet verlagert, sinnvoll ist, kann man zu Recht hinterfragen.

In einem anderen Punkt trifft der Reformvorschlag dagegen ins Schwarze: Beschuldigte haben oft selbst keinen Überblick darüber, welche Daten auf ihrem Handy gespeichert oder trotz Löschung noch auffindbar sind. Sie sollen daher innerhalb kurzer Fristen genaue Kopien des gesamten Datenträgers erhalten und die Dateien so zu ihrer eigenen Verteidigung verwenden können.

Das ist nicht nur sinnvoll, sondern rechtsstaatlich geboten. Letztlich würde damit auch garantiert, dass Beschuldigte alle Daten kennen, die in einem Untersuchungsausschuss landen könnten. Vernünftige Argumente gegen diesen Vorschlag für mehr Transparenz gibt es nicht. Einzig Geld würde das Ganze kosten – und das wäre im österreichischen Rechtsstaat gut investiert. (Jakob Pflügl, 22.11.2022)