Am 25. November wird seit dem Jahr 2011 der Roses Revolution Day begangen. An diesem Tag legen Frauen auf der ganzen Welt rosafarbene Rosen vor den Türen der Spitäler ab, in denen sie im Zuge der Geburt ihrer Kinder Gewalterfahrungen gemacht haben. Auf Social Media werden diese Niederlegungen daraufhin dokumentiert. Auch Angehörige der betroffenen Frauen oder ärztliches Fachpersonal, Hebammen, Doulas und Co, die zu Zeugen solcher Gewalt wurden, zeigen in diesem Kontext ihre Solidarität und Anteilnahme.

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Wie war das bei Ihnen: Haben Sie in dieser Situation Gewalt erlebt?
Foto: Getty Images/Kemal Yildirim

Gewalt im Zuge der Geburt: Nicht nur physisch

Nicht jede Mutter, die von diesem Aktionstag hört, fühlt sich sofort angesprochen – hat man doch vielleicht keine Erfahrungen von tatsächlicher physischer Gewalt im Sinne von absichtlich verletzender Kraftausübung im Zuge des Geburtsaktes oder davor gemacht.

Beim Roses Revolution Day geht es allerdings um mehr: Die Gewalt, die hier gemeint ist, beginnt bei Grenzüberschreitungen und Respektlosigkeiten gegenüber Schwangeren und Gebärenden. Bereits verbale Übergriffe, die auf die Frau in einer Situation ausgeübt werden, in der sie sich oftmals besonders ausgeliefert und vulnerabel fühlt, können eine Gewalterfahrung sein. Lächerlich gemacht oder gar beschimpft zu werden, fällt unter verbale Gewalt. Wie auf die Schmerzen einer Gebärenden reagiert oder nicht reagiert wird, ist ein weiterer Stein des Anstoßes. Ohne ihr Einverständnis Medikamente verabreicht zu bekommen kann die persönlichen Grenzen ebenso verletzen wie das absichtliche Vorenthalten von Schmerzmitteln, um die die Frau explizit bittet. Plötzliche Interventionen ohne Vorankündigung können die Betroffene vollkommen überrumpeln, ängstigen und unter Druck setzen. Womöglich wird der Gebärenden sogar gedroht oder ihr Schuldgefühle dahingehend eingeredet, dass ihre Nichtzustimmung zu einer nicht alternativlosen Prozedur angeblich die Gesundheit ihres Kindes gefährde. Vaginale Untersuchungen im Zuge des Geburtsvorganges, insbesondere Muttermunduntersuchungen, können unnötige zusätzliche Schmerzen verursachen.

Auch nach einer vielleicht traumatisierenden Geburt, die weit von dem entfernt sein kann, wie eine Frau sich diesen Vorgang vorgestellt hat, kann die Gewalt andauern. Wird das körperliche Bonding mit dem Neugeborenen unnötig hinausgezögert, kann die Bindung zwischen Mutter und Kind nachhaltig leiden. Und unter dem Begriff "husband stitch" ist die Praxis bekannt, dass die Wunde einer Frau nach einem Dammriss unnötig weit zugenäht und dabei ihre Vagina so weit verengt wird, dass Schmerzen noch lange nach der Geburt die Folge sein können.

Wie haben Sie das erlebt?

Wenn Sie an Ihre Schwangerschaft und Geburt zurückdenken: Erinnern Sie sich an Situationen, die grenzüberschreitend waren? Gab es verbale Übergriffe und Respektlosigkeiten, ignorierte oder überging jemand Ihre explizit geäußerten Bedürfnisse? Oder erlebten Sie sogar physische Gewalt? Wie gehen Sie mit diesen Erfahrungen um? Und wäre es Ihnen ein Bedürfnis, eine Rose niederzulegen? (Daniela Herger, 23.11.2022)