Mit steigenden Strompreisen geht auch das Aufladen von Elektroautos ins Geld. Es fehlt Transparenz, sagt die Bundeswettbewerbsbehörde.

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Wien – Noch betrifft es eine Minderheit von Autofahrern, aber das soll nach dem klimapolitischen Willen nicht so bleiben. Ladestationen für Elektroautos schießen zwar nicht wie Schwammerln aus dem Boden, aber es werden kontinuierlich mehr. Wiewohl die Errichtung staatlich gefördert wird, ist die Auswahl an Anbietern von öffentlich zugänglicher E-Ladeinfrastruktur für die Nutzer überschaubar – wie auch die Transparenz bei den angebotenen Tarifen.

·Angebotskonzentration Das liegt auch daran, dass die vom Staat kontrollierten Landesenergieversorger die Nase vorn haben. Sie hatten bei der Erhebung durch die Bundeswettbewerbsbehörde BWB im Mai nur in Oberösterreich, Tirol und der Steiermark einen Marktanteil von unter 50 Prozent. In allen anderen Bundesländern liegt der Heimvorteil zwischen 51 Prozent in Kärnten und 91,8 Prozent in Vorarlberg. Im Burgenland und Wien sind es über 70 Prozent, in Salzburg und Niederösterreich über 60 Prozent (siehe Grafik).

Dieser Umstand ruft Wettbewerbshüter und die Energieregulierungsbehörde E-Control auf den Plan. Sie sehen zwar noch keine ausgeprägte Marktverzerrung, aber dennoch eine Gefahr in der Marktdominanz. Die Landesenergieversorger sollten über ihr Einzugsgebiet hinaus Ladestellen errichten, empfahl die Leiterin der BWB, Natalie Harsdorf-Borsch, Dienstag bei Vorlage der Branchenuntersuchung E-Ladeinfrastruktur. Die Anbietervielfalt auf kommunaler Ebene sei ausbaufähig.

Im eigenen Bundesland ist der jeweilige Landesenergieversorger meist der Marktführer.

Diese lokale bzw. regionale Konzentration sei an sich schon kundenfeindlich, denn zur Konzentration käme noch die Gefahr von Koppelungen etwa in Form von Bündelprodukten, bei denen der Verbraucher keine Auswahl mehr habe.

·Versorgung Flächendeckend gut ist die Versorgung mit Ladepunkten bei weitem nicht. Vereinfacht ausgedrückt ist in weniger dicht besiedelten Regionen der öffentliche Autobus besser erreichbar als die nächste E-Tankstelle. Heißt auf gut Deutsch: Die Versorgung mit Ladepunkten ist ausbaufähig, sonst bleiben ländliche Regionen abgehängt. In dieser Hinsicht empfehlen BWB und E-Control eine Steuerung mittels staatlicher Förderung, und zwar über die aktuelle mit der Gießkanne hinaus. Die Kriterien dafür stehen noch nicht fest, dazu müsse der Beihilfenrahmen der EU-Kommission abgewartet werden, über den im sogenannten Trilog mit dem Europäischen Parlament erst verhandelt werde.

·Transparenz bei Preisen Neben der Verfügbarkeit von E-Ladestellen (besteht in der Regel aus zwei Ladepunkten) gehört die Transparenz bei den Preisen zu den vorrangigen Bedürfnissen der Endkunden. Auch hier ist das Angebot ausbaufähig, denn die Abrechnung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: pro Kilowattstunde, die getankt wird oder abhängig von der Ladezeit. Letztere ist seitens der Anbieter die bevorzugte Variante, denn darin sind Nebenkosten wie die Standmiete inkludiert, und damit ist die Zeit die lukrativere Variante der Abrechnung. Sie hat den Vorteil, dass der Ladeplatz rasch wieder frei gemacht und nicht die ganze Nacht blockiert wird. Für die Konsumenten ist das aber nicht immer klar ersichtlich und führt bisweilen zu unliebsamen Überraschungen.

·Zahlungsverkehr Die Bezahlsysteme wiederum sind Quell des Ärgernisses, weil bei weitem nicht alle der von rund 260 Anbietern betriebenen mehr als 13.000 Ladepunkte in Österreich einfach mit Kredit- oder Bankomatkarte zugänglich sind. Hinzu kommen Roaminggebühren, die sich Anbieter gegenseitig für die Benutzung der Ladepunkte durch "Fremdkunden" verrechnen, also Autolenker, die nicht als Abonnentinnen registriert sind.

Nur bei rund 50 Prozent der öffentlichen Ladepunkte in Österreich ist Bezahlung mit Bankomatkarte möglich, mit Kreditkarte bei 80 Prozent und mit Ladekarte bei 90 Prozent. Barzahlung ist sozusagen der Feind der E-Tankstellen, sie gibt es fast nirgends.

·Tarifkalkulator Abhilfe soll hier ein Tarifkalkulator schaffen, den die E-Control im ersten Quartal 2023 in Betrieb nehmen will. Zwei Drittel der Kunden wünschten sich im Lichte stark steigender und schwankender Strompreise eine Abrechnung nach Kilowattstunden (kWh), also nach gerankter Leistung, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch.

Aussagekräftig ist diese Angabe freilich nur bedingt, denn je höher die Ladefrequenz, desto teurer das zu entrichtende Entgelt. Das gilt insbesondere für Schnellladepunkte mit einer Ladeleistung von mehr als 22 Kilowatt.

Ein weiteres Problem: Auf den Displays werden nicht der zu entrichtende Gesamtpreis und der Tarif pro kWh angezeigt wie an der klassischen Tankstelle. "Es ist sehr undurchsichtig, wo wie bezahlt werden kann und wie hoch der Preis ist", attestiert die interimistische BWB-Chefin. Wer als Kunde beim einzigen Anbieter mangels Alternativen "gefangen" sei, finde auch keine Transparenz vor. Förderbedingungen könnten diesbezüglich hilfreich sein, etwa dass Anbieter mehrere Bezahlmöglichkeiten anbieten müssen, um Subventionen zu bekommen.

·Diskriminierungsfreiheit Die Energieversorger müssen einen diskriminierungsfreien Marktzugang für Konkurrenten gewährleisten und dürfen auch bei der Bündelung von Ladekarte und Haushaltsstrom ihre Marktmacht nicht überspannen. Das gilt auch für Vergleichsplattformen, Navigationsdienste und die Widmung von Stellflächen.

·Ladestellenregister Einen Überblick über die Verfügbarkeit von nächstgelegenen Ladestellen gehört laut der Branchenuntersuchung zu den Grundbedürfnissen der E-Autobesitzer. Hier eröffnet sich einiges an Regelungsbedarf, denn noch müssen die Anbieter ihre Daten nicht flächendeckend und einheitlich einmelden. Der Aufbau eines Ladestellenregisters steht für die E-Control deshalb ganz oben auf der Prioritätenliste. Gefragt sind von den Nutzern vor allem Echtzeitdaten, also ob eine Stromtankstelle aktuell verfügbar ist oder nicht. Um ländliche Regionen auf Vordermann zu bringen, könnte der Gesetzgeber die Förderungen in diese Richtung lenken, sagt E-Controll-Vorstand Urbantschisch.

Roaming geht ins Geld

Die größten von der öffentlichen Hand kontrollierten Anbieter sind Wien Energie, EVN, die Verbund-Beteiligung Smatrics, Illwerke vkw und andere Landesversorger. Größter privater Anbieter ist Has to be, der vor allem Software für den Betrieb und die Abrechnung von Ladepunkten anbietet, gefolgt von "Da emobil", ÖAMTC, Ella, Moon Power (Porsche Holding), Best in Parking und Ionity.

Ähnlich wie beim Mobilfunk gewinnt bei E-Ladestellen das Roaming an Bedeutung. Dabei akzeptieren die Anbieter gegenseitig die Verrechnung von Leistungen und Zahlungen auch von Mobilitätsdienstleistern, bei denen Endnutzer einen Aufladedienst erwerben. Sie verlangen dafür Gebühren, das sogenannte E-Roaming. Hier wäre Transparenz vonnöten, sagt die BWB, denn Roaming könne ins Geld gehen. (Luise Ungerboeck, 24.11.2022)