Am Handelskai soll es beim geplanten Fernbusterminal ein Hochhaus und ein längliches Gebäude geben. Geht es nach dem verantwortlichen Investorenkonsortium, soll die CEU dort einziehen.
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Die Central European University (CEU) ist – wieder einmal – emsig auf der Suche nach einer neuen Heimat. Im Jahr 2019 zog die private Hochschule von Milliardär George Soros interimistisch nach Wien-Favoriten, nachdem sie vom Orbán-Regime aus Budapest vertrieben worden war. Für 2025 war die nächste Übersiedlung geplant – in ein dauerhaftes Quartier nach Penzing: das Gelände des Otto-Wagner-Spitals. Doch daraus wird, wie seit Juni klar ist, nichts: Das Vorhaben scheiterte, wie DER STANDARD berichtete, unter anderem aus finanziellen Gründen. Daher muss nun ein alternativer Standort her.

Die Bemühungen, eben diesen zu finden, werden nun konkret. Die CEU habe mittlerweile "ein mehrstufiges Auswahlverfahren eingeleitet", teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Im Rahmen einer Marktsondierung und einer "Request for Interest"-Phase seien 25 potenziell geeignete Objekte identifiziert und auf "Verfügbarkeit, gewünschtes Raum- und Funktionsprogramm sowie grundlegende qualitative Kriterien" geprüft worden.

Letztlich sind laut der Sprecherin für 13 dieser 25 Objekte gültige Angebote bei der CEU eingelangt. Eines davon stamme sogar "aus dem Umfeld von Wien", sagt sie. Diese 13 Objekte würden nun evaluiert. Wo sie sich befinden, wird nicht verraten.

Busterminal-Entwickler interessiert

Interesse gibt es, wie DER STANDARD erfahren hat, jedenfalls seitens jenes Investorenkonsortiums, das für den geplanten Wiener Fernbusterminal im zweiten Bezirk verantwortlich zeichnet. Die Proponenten dahinter sind Ariel Muzicant, Immobilienentwickler sowie ehemaliger Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, und Projektentwickler Markus Teufel.

Der neue Busbahnhof soll 2027 in Betrieb gehen, eingebettet sein wird er zwischen einem Büro- und Hotelhochhaus in der Engerthstraße und einem mehrstöckigen, langgezogenen Verwaltungsgebäude entlang des Handelskais. In diesen beiden Gebäuden könnte die CEU Platz finden. Möglich sei dort "alles außer klassische Miet- und Eigentumswohnungen", erzählt Muzicant dem STANDARD. "Ich führe derzeit Verhandlungen mit potenziellen Nutzern." Darunter sei auch die CEU: "Ich habe mich beworben", sagt Muzicant. Nachsatz: "Ganz Wien hat sich beworben."

Die Flächen der stillgelegten Werft gehören teils der Stadt und teils der Signa-Gruppe.
Foto: Signa

Und nicht nur das: Interesse dürfte auch aus dem niederösterreichischen Korneuburg Vorhanden sein. Aus der Branche ist zu hören, dass die rund zehn Kilometer von der Wiener Stadtgrenze entfernte stillgelegte Schiffswerft ins Rennen geschickt wurde. Etwa die Hälfte des Areals gehört dem Stadtentwicklungsfonds der Stadtgemeinde, der Rest der Signa-Gruppe. Diese plant laut Projektwebsite in Kooperation mit der Stadtgemeinde ein "Quartier für Wohnen, Arbeiten, Kultur, Freizeit, Hotel und Gastronomie", für das momentan eine Umweltverträglichkeitsprüfung läuft. Dazu soll offenbar auch ein Uni-Standort kommen.

Von Wien öffentlich erreichbar ist das Gelände mit der S-Bahn, der Bahnhof befindet sich nur wenige Gehminuten entfernt. Beim Stadtentwicklungsfonds will man die kolportierte Bewerbung nicht kommentieren: "Es gibt ein laufendes Verfahren", heißt es lediglich. Sollte der Zuschlag tatsächlich an Niederösterreich gehen, wäre das pikant. Denn sowohl seitens der CEU als auch des Wiener Rathauses wurde im Juni nach der geplatzten Übersiedlung betont, dass die Privatuni auf jeden Fall in der Bundeshauptstadt bleiben werde.

CEU will nicht mehr Bauherr sein

Über den Campus am Otto-Wagner-Gelände auf der Baumgartner Höhe hatten Stadt und CEU jahrelang verhandelt. Die Hochschule trat erstmals 2017 an Wien heran, 2018 wurde ein "Memorandum of Understanding" unterzeichnet. Ein Jahr später startete die CEU den Lehrbetrieb in einem ehemaligen Bankgebäude in der Quellenstraße 51– als Zwischenlösung.

Die Klinik Penzing, wie das Otto-Wagner-Spital mittlerweile offiziell heißt, verlässt die Baumgartner Höhe bis 2032.
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Im Juli 2020 schlossen Stadt und CEU schließlich einen Baurechtsvertrag auf 100 Jahre für das Spitalsareal ab. Dort entsteht Platz, weil das Krankenhaus stillgelegt und abgesiedelt wird – dies soll 2032 abgeschlossen sein. Der Plan war, die historischen Pavillons für die Privatuni zu adaptieren. Der Baubeginn war für 2023 vorgesehen, der Lehrbetrieb am neuen Campus sollte zwei Jahre später starten.

Beim alternativen, noch auszuwählenden Standort will die Hochschule jedenfalls anders agieren als beim Projekt Baumgartner Höhe. Abweichend als beim Otto-Wagner-Areal geplant, werde die CEU nicht die Bauherrenrolle übernehmen, sagt die Sprecherin. "Das Planungs-, Entwicklungs-, Realisierungs- und Fertigstellungsrisiko sowie das Kostenrisiko verbleibt beim Immobilien-Projektentwickler." Eine endgültige Standortentscheidung werde für Juni 2023 erwartet.

Finale Entscheidung im Juni 2023

Neben dem laufenden Auswahlverfahren versucht die CEU, ihren bis 2025 befristeten Mietvertrag für den derzeitigen Standort in der Quellenstraße zu verlängern: "Die Mietvertragsverlängerungen bis zum Umzug in einen neuen Standort werden derzeit mit dem Eigentümer der Liegenschaft Quellenstraße 51 parallel geführt".

Bis 2025 hat die CEU einen Mietvertrag für die Quellenstraße 51. Derzeit wird über eine Verlängerung verhandelt.
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Die Absage der CEU für das Otto-Wagner-Areal bedeutet, dass sich auch die Stadt Wien auf die Suche machen muss: nach einer neuen Nachnutzung des Geländes. Zuständig dafür ist die Otto Wagner Areal Revitalisierung GmbH, die zur stadteigenen Wien Holding gehört. Seitens der OWA-GmbH sei derzeit eine Studie in Arbeit, die genaueren Aufschluss darüber geben soll, welches "Profil das Areal bei der Gesamtbevölkerung hat", sagt ein Sprecher. Sie solle demnächst fertig sein und präsentiert werden.

Auf dieser Studie aufbauend und parallel dazu entwickle man Pläne für die weitere Nutzung des Areals. Nach derzeitigem Stand sei künftig wohl mit einem größeren Nutzungsmix zu rechnen als durch die geplatzte Besiedlung mit der Uni, heißt es.

Verhandlungen über Kompensation

Auf juristischer Ebene werden unterdessen die Nachwehen der Absage für die Baumgartner Höhe abgearbeitet. "Die Vertragsauflösungsgespräche für das Baurecht am Otto-Wagner-Spital sind im Laufen", heißt es vonseiten der CEU. Der OWA zufolge wird über Kompensationszahlungen verhandelt. Konkret gehe es darum, dass die Stadt Vorleistungen in Zusammenhang mit dem Areal abgegolten bekomme, die nur für die CEU geleistet worden seien: "Die Juristen sind am Werk." (Stefanie Rachbauer, 26.11.2022)