Twitter wächst aktuell stark, trotz chaotischer Zustände.

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Twitter-CEO Elon Musk ist bemüht, dem stetig wachsenden Berg an Negativmeldungen über seine neu erworbene Social-Media-Plattform etwas Positives entgegenzusetzen. Am Samstag veröffentlichte der "Chief Twit" eine Präsentation mit ausgewählten Performance-Metriken zu Twitter. Die EU-Kommission kündigt derweil in einer Stellungnahme an, bei der Durchsetzung des Digital Services Act keine Rücksicht auf Twitters chaotischen internen Zustand zu nehmen – sollte das Gesetz überhaupt auf den Kurznachrichtendienst anwendbar sein.

Mehr User verbringen mehr Zeit auf Twitter

Besonders stolz zeigt sich Musk über einen Rekord bei den Neuanmeldungen: Der Wochenschnitt der Anmeldungen pro Tag lag laut der Präsentation Mitte November bei zwei Millionen, ein Höchstwert seit Beginn der Datenerfassung 2014.

Auch die durchschnittliche Aktivität der Twitter-User hat laut Musk einen neuen Rekordwert erreicht: Mehr als acht Milliarden Minuten verbrachten Nutzerinnen und Nutzer Mitte November im Sieben-Tage-Schnitt auf der Website – laut einer von Musk veröffentlichten Grafik entspricht das einem Zuwachs von 30 Prozent gegenüber derselben Woche im Jahr 2021.

An die Werbekundschaft gerichtet, ist in der Präsentation zu sehen, dass Twitters mDAU nun über eine Viertelmilliarde zählen. mDAU steht für "Monetizable Daily Active Users", also die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer, denen an einem bestimmten Tag potenziell Werbung auf Twitter angezeigt wurde.

Hassrede erhält angeblich weniger Impressionen

Die Zahl der Impressionen von Tweets, die Hassrede und Beleidigungen enthalten, sei laut Musk wieder stark zurückgegangen. Der Tesla-CEO gab an, dass dies unter anderem durch eine Reduzierung der erlaubten Anzahl von Tweets pro Tag erreicht werden konnte. Nach Musks Übernahme hatte es einen starken Anstieg derartiger Meldungen gegeben. Allerdings schließen Musks Daten nur englische Tweets mit mindestens einer "Beleidigung" ein. Welche Begriffe dafür herangezogen werden, ist unklar.

Der "Wired-"Journalist Dell Cameron hatte kürzlich berichtet, dass Twitter nicht mehr gegen die gezielte Belästigung von Transpersonen vorgehe. Musk hat seine Herangehensweise bezüglich Hassrede folgendermaßen beschrieben: "Meinungsfreiheit, aber keine Reichweitenfreiheit" – beleidigende Tweets sollen demnach nicht mehr gelöscht, sondern lediglich in ihrer Reichweite beschränkt werden.

Digital Services Act: EU-Kommission will keine Rücksicht auf Twitter-Chaos nehmen

Ein derartiges Vorgehen dürfte in der EU auf wenig Gegenliebe stoßen. Ein Beamter der EU-Kommission gab gegenüber "Golem" an: "Es wird keine Ausnahmen geben. Wenn Twitter in den Anwendungsbereich des Digital Services Act fällt, dann gelten die europäischen Regeln. Egal wer der Eigentümer ist." Im Fall einer Anwendbarkeit des DSA müsste Twitter sich in der EU bald deutlich strengeren Regeln unterwerfen, was Transparenz und Bekämpfung von Hassrede betrifft.

Twitter würde unter den Digital Services Act fallen, sobald der Dienst mindestens zehn Prozent der EU-Bevölkerung erreicht, was etwa 45 Millionen EU-Nutzerinnen und -Nutzern entspricht. Anfang des Jahres hatte die Social-Media-Plattform in Deutschland, Frankreich und Spanien, den EU-Staaten mit der größten Twitter-Präsenz, insgesamt 26,5 Millionen User. (Jonas Heitzer, 28.11.2022)