Päckchen müssen ausgeliefert werden, das belastet auch Verkehr und Umwelt argumentiert die Stadtverwaltung in Barcelona.

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Barcelona – Barcelona wird ab kommendem Frühjahr den Onlineehandel mit einer Abgabe belegen. Die Stadtverwaltung unter der Bürgermeisterin und und einstigen Aktivistin gegen Zwangsräumungen von Wohnungen, Ada Colau, begründet die sogenannte Amazon-Abgabe mit der Nutzung von öffentlichen Flächen durch die Zusteller. "Dass ein Päckchen, das 300 Gramm wiegt, von einem tonnenschweren Fahrzeug ausgeliefert wird, kann sich diese Stadt nicht leisten", erklärte der städtische Haushaltsbeauftragte Jordi Marti bei der Vorstellung des Vorhabens Ende vergangener Woche.

Umweltstudien ergeben, dass im Großraum Barcelona jährlich rund 3.000 Menschen frühzeitig infolge der Luftverschmutzung sterben. Barcelona kämpft seit Jahren, um unter den europäischen Grenzwerten zu bleiben, ab denen die EU wegen schlechter Luftqualität ein Bußgeld verhängt.

Mehrheit in Sicht

Der Stadtrat wird am 28. Februar 2023 über die Verordnung abstimmen. Eine Mehrheit für die Amazon-Abgabe gilt als sicher. Barcelona wäre damit die erste Stadt in Spanien, aber auch in Europa, die eine solche erhebt. New York plant eine ähnliche Steuer. Die spanische Regierung hat allen Großstädten empfohlen, die Zulieferer zur Kasse zu bitten.

Zahlen müssen alle Onlinegeschäfte, die Waren im Wert von mehr als einer Million Euro in Barcelona direkt an den Endkunden liefern. Sie werden 1,25 Prozent ihrer Gewinne abführen müssen. In Barcelona betrifft das 26 Onlinegeschäfte. Alle zusammen nehmen laut Stadtverwaltung rund 200 Millionen ein. Amazon liegt mit Abstand an der Spitze. Die Lieferung der Ware an ein Abholzentrum wird nicht mit der Abgabe belegt. "Sie zielt darauf ab, die Gewohnheiten zu ändern (…), zu erreichen, dass wir immer mehr zu Sammelstellen gehen und so vermeiden, dass die Stadt voller Lieferfahrzeuge ist, die Staus und Umweltverschmutzung verursachen", verteidigt Vizebürgermeister Jaume Collboni, zuständig für Wirtschaft, das Vorhaben.

Lokale Wirtschaft unterstützen

Dass der Onlinehandel die Abgaben auf die Kunden abwälzen könnte, stört die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung nicht besonders. Sie wollen mit den Abgaben auch lokale Geschäfte unterstützen. "Wir wollen die steuerliche Gleichheit von lokalen Händlern und dem Onlinehandel, der einen großen Marktanteil hält", erklärt Collboni. Die traditionellen Geschäfte zahlen unter anderem Immobiliensteuer für ihre Lokale, sowie allerlei Abgaben für Müll und Straßenreinigung, während die Zusteller bisher frei ausgingen.

Die Stadtverwaltung hat die Abgabe drei Jahre lang vorbereitet und eine Studie an mehreren Universitäten in Auftrag gegeben. Dies sollte für eine solide rechtliche Grundlage sorgen. In wieweit dies gelingt, muss sich zeigen. Die Untersuchungen haben ergeben, dass die 8300 Stellplätze für Laden und Entladen von Lieferwägen einen Wert von 2,6 Millionen pro Jahr darstellen. Die Stadt hat mit den Großen der Branche im Vorfeld das Gespräch gesucht. Amazon und Co schweigen sich bisher über die bevorstehende Abgaberegelung aus. (rw, 5.12.2022)