Entgegen häufigen Annahmen hat Elon Musk weder Tesla noch Paypal gegründet.

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Er ist nicht nur einer der reichsten Menschen der Welt. Spätestens seit der Übernahme von Twitter ist Elon Musk eine der umstrittensten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Für seine Fans gilt der Tesla-, Space-X-Chef und "Chief Twit" als Vordenker. Als schillernde Figur, die wohl alles in Gold verwandeln kann, was sie anrührt. Auf der anderen Seite stehen seine Kritiker, die nicht müde darin werden, ihm den Spiegel vorzuhalten und seine Aussagen immer wieder Faktenchecks zu unterziehen.

Doch wie groß ist die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, vor allem aber zwischen Fakt und Fiktion tatsächlich? Eine Analyse anhand vier der wichtigsten Behauptungen zur Person Elon Musk – von der Person Elon Musk.

1. Vorreiter bei Innovation

Denkt man an den Autobauer Tesla, denkt man auch an Elon Musk. Dem CEO wird eine Schlüsselrolle in der zunehmenden Elektrifizierung des Individualverkehrs zugesprochen. Ein Erfolg, den man ihm nicht absprechen kann. Mitgründer von Tesla, wie er selbst gern behauptet, ist er trotzdem nicht.

Gegründet wurde das Unternehmen von Martin Eberhard und Marc Tarpenning im Jahr 2003. Musk tritt ein Jahr später als Investor auf den Plan, 2011 besteigt er dann den Chefsessel und bezeichnet sich fortan als Co-Founder. Ähnlich lief es beim Zahlungsdienstleister Paypal ab. 1998 von Peter Thiel, Max Levchin und Luke Nosek unter dem Namen Confinity gegründet, fusioniert das Unternehmen zwei Jahre später mit Musks Start-up X.com. Musk lässt sich als Firmengründer festschreiben.

Seither sieht man immer wieder, dass Musk es mit dem Einhalten von Versprechen nicht so eng sieht. Jedes Jahr behauptet er, dass Teslas bald vollautonom fahren könnten – um die Ankündigung wieder und wieder nach hinten zu verschieben. Inzwischen haben mehrere US-Behörden Ermittlungen gegen Tesla eingeleitet. Der Vorwurf: irreführende Werbung.

2. Barmherziger Samariter

Kurz nach Kriegsbeginn hat Musk das Satelliteninternet Starlink in der Ukraine aktiviert und tausende für den Betrieb notwendige Terminals geliefert. Seither behauptet er immer wieder, die Anschaffungs- und Betriebskosten zu tragen. Alleiniger Geldgeber ist er aber nicht. Im April deckte die "Washington Post" auf, dass 1.333 von damals 5.000 ausgelieferten Terminals von der US-Regierung bezahlt wurden. Musks Selbstdarstellung als barmherziger Samariter traf aber auch auf Widerspruch aus der Ukraine. Zwar sei das System ein "Gamechanger" auf dem Schlachtfeld, schrieb der Softwareentwickler Dimko Zhlutenko auf Twitter. Dieses finanziere man aber primär über Spenden. Laut CNN seien darüber hinaus auch Großbritannien und Polen an der Beschaffung beteiligt.

Dass es Musk dabei um Selbstdarstellung gehen dürfte, zeigt ein Beispiel aus dem Sommer 2018. Er schlug damals vor, Kinder, die in einer thailändischen Höhle feststecken, mit einem Mini-U-Boot zu retten. Ein beteiligter Taucher bezeichnete die Idee als PR-Stunt. Musk hielt die Kritik nicht aus. Er bezeichnete den Taucher als pädophil und engagierte einen Privatdetektiv, um belastendes Material zu finden. Erfolglos.

3. Retter der Redefreiheit

Eigenen Aussagen zufolge will Musk aus Twitter einen "Marktplatz der Redefreiheit" machen. Für ihn impliziert das eine Abschwächung der Inhaltsmoderation, eine Offenlegung der Empfehlungsalgorithmen und eine Kontoverifizierung für alle. Etwa einen Monat nach dem Kauf zeigt sich nun, dass viele seiner Pläne schiefgegangen sind.

Die blauen Hakerln um acht Dollar hatten eine Welle an Fake-Konten zur Folge. Das Feature wurde deshalb erst pausiert, nun erhalten offizielle Institutionen erst recht eine eigene Kennzeichnung. Aber nicht nur das: Die rasche Zunahme von Hassrede und Desinformation sorgte für den Rückzug vieler Werbekunden. Gleichzeitig kann man Musk dabei zusehen, wie er mit Verschwörungsideologen und Rechtsradikalen interagiert und gegen klassische Nachrichtenmedien wettert. Musks Verständnis von Meinungsfreiheit scheint vor allem zu implizieren, dass er ungestört Falschbehauptungen verbreiten kann.

4. Starke Führungskraft

Fast die Hälfte der Belegschaft feuerte Musk im Rahmen seiner Twitter-Übernahme. Dem verbliebenen Personal stellte er ein Ultimatum. Sie sollten akzeptieren, dass ihnen "lange Arbeitszeiten mit hoher Intensität" bevorstehen würden – oder gehen. Die Last scheint so groß zu sein, dass die Belegschaft im Büro schlafen muss. Einem "Forbes"-Bericht zufolge wurden Konferenzräume in Schlafsäle umgewandelt. Für Musk ist das wohl eine positive Entwicklung. Er prahlte in der Vergangenheit immer wieder damit, in Tesla-Fabriken geschlafen zu haben, um die Produktion zu überwachen.

Die US-Zeitung "Los Angeles Times" hat der Frage, ob Elon Musk "der schlechteste Chef der Welt" ist, deshalb einen großen Beitrag gewidmet. Darin ist die Rede von Wutausbrüchen und davon, dass Hinweise auf Sicherheitsrisiken mehrfach zu Entlassungen geführt haben.

Skepsis kann demnach nicht schaden, wenn man sich mit Elon Musk auseinandersetzt. Es ist nie alles so, wie es scheint. (Mickey Manakas, 10.12.2022)