Vom Koffer packen direkt zur Demo: Vier Wochen lang besetzten Aktivistinnen und Aktivisten von "Erde brennt" den Hörsaal C1 am Alten AKH in Wien. Als man die Schlafsäcke wegpackte, die Heurigenbänke zusammenklappte und die Banner einrollte, war das Ende der Besetzung besiegelt. Der Hörsaal glich fast wieder einem normalen Uni-Raum. Die Banner wurden aber wenig später wieder ausgerollt. Denn die Besetzerinnen und Besetzer zogen am Montagabend zum Abschluss vor das Bildungsministerium. Die "Abzugsdemo" solle laut Erde-brennt-Sprecherin Amina Guggenbichler "die zweite Phase des Protests einläuten".

Die Protestierenden verlassen nach fast vier Wochen den Hörsaal C1 im Alten AKH. An der Uni Graz und der TU Wien beginnen neue Besetzungen.
Foto: Heribert Corn

Das Rektorat der Uni Wien hatte sich untertags gegen den Vorwurf gewehrt, es habe kaum Gespräche zwischen Aktivistinnen und Aktivisten und der Uni-Leitung gegeben. "Es gab von Beginn an regelmäßige Anläufe, mit den Aktivisten in einen konstruktiven Austausch zu kommen", sagte eine Uni-Sprecherin.

Man habe die Aktivistinnen und Aktivisten in den Nachhaltigkeitsbeirat der Uni eingeladen und ihnen angeboten, sich gemeinsam mit der Hochschülerschaft in die Weiterentwicklung der Studien einzubringen und Raum für Diskussionsveranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Dies sei auch angenommen worden.

Besetzungen in Wien und Graz

Während im Alten AKH alles zusammengeräumt wird, ging es woanders erst los: An der Universität Graz sollen seit dem frühen Morgen 40 junge Menschen der Initiative Erde brennt Graz den Hörsaal 15.04 besetzen. Laut Aussendung stehe die Gruppe für einen "sozial und ökologisch lebenswerten Uni-Campus" ein. Mit der "zeitlich befristeten" Aktion wolle man ein Zeichen der Solidarität zu anderen Universitätsbesetzungen in Österreich und rund um die Welt setzen.

Konkrete Forderungen an die Uni Graz gibt es ebenso: Die Uni soll in Zukunft ausschließlich pflanzenbasierte Gastronomie am Campus unterstützen sowie mehr konsumfreie Räume für Studierende zur Verfügung stellen.

Protest an der TU

Auch an der TU Wien wurde am Montagvormittag mit dem Audimax der größte Hörsaal der Uni in Beschlag genommen. Damit will die Gruppe "TU besetzt" gegen die dreiwöchige Schließung der Uni ab Mitte Dezember demonstrieren. Diese Maßnahme wurde vom Rektorat als Reaktion auf die gestiegenen Heizkosten angekündigt, die trotz Budgeterhöhung nicht abgedeckt seien.

Die Besetzerinnen und Besetzer sehen darin laut Aussendung "ein Zeichen fehlender Verantwortung seitens der Bundesregierung und des Rektorats". Studierende könnten sich deshalb in dieser Zeit an der Uni etwa nicht auf Prüfungen vorbereiten, Semesterarbeiten finalisieren oder die Räume für Austausch und Selbstorganisation nutzen, kurz nachdem diese schon durch die Corona-Pandemie lange nicht zugänglich gewesen seien.

Besetzung in Innsbruck geht weiter

An der Uni Innsbruck war die Besetzung noch weiter im Gange. Am Mittwoch sei ein weiteres Treffen geplant, man gehe aber davon aus, dass sie Ende der Woche ein Ende finden werde, sagte Uni-Sprecher Uwe Steger der APA. Immerhin gehe dann auch die vorlesungsfreie Zeit los. Bei den Aktivistinnen und Aktivisten handle es sich weiterhin um eine "überschaubare Gruppe" von rund 20 Menschen – wobei viele den Hörsaal auch zum Lernen und Arbeiten benützen würden.

Die Universität zeigte sich bemüht, mit den Studierenden das Einverständnis zu suchen, aber viele Forderungen seien nicht umsetzbar. So stoße man etwa bei den Lehrplänen an den Grundsatz der Freiheit von Lehre und Forschung, nannte Steger ein Beispiel. Vieles liege auch nicht im der Macht der Universität. Allerdings würde die Klimakrise ohnehin an der Universität zunehmend breit behandelt.

Brief an das Bildungsministerium

Am Montag haben die Studierenden jener acht Universitäten, an denen bisher Besetzungen stattgefunden haben, laut Aussendung in einem gemeinsamen Brief das Bildungsministerium aufgefordert, seine Verantwortung bei der Bewältigung der herrschenden Krisen ernst- und wahrzunehmen.

Der Protest an den Unis soll zudem so lange weitergehen, "bis alle Forderungen erfüllt sind und bis von Politik und Universitäten Maßnahmen für eine klimagerechte, soziale und bildungsgerechte Zukunft umgesetzt wurden". Schon Anfang 2023 soll es eine weitere weltweite Besetzungswelle von End Fossil geben. (red, APA, 12.12.2022)