Sehr lange haben die Unternehmensverbände nicht kämpfen müssen. Bereits wenige Wochen nachdem Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer begonnen haben, Druck auf die Regierung wegen neuer Energiehilfen aufzubauen, gibt die Koalition nach. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) kündigt ein neues Hilfspaket für Betriebe an. Den Interessenvertretern sei das Lobbying unbenommen. Aber die Gefahr ist groß, dass die Politik wieder ein Programm startet, bei dem nicht der volkswirtschaftliche Nutzen, sondern die Partikularinteressen einiger Unternehmer im Fokus sind.

So hat Österreich gerade erst ein Hilfspaket für Unternehmen über 1,3 Milliarden Euro beschlossen. Das ist mehr Geld, als wir jährlich für die Mindestsicherung ausgeben. Ehe noch ein Cent geflossen ist, ehe also bewertbar ist, ob es Nachbesserungsbedarf gibt, werden die nächsten Hilfen zugesagt.

Bäckereien trifft das Problem nicht.
Foto: Heribert Corn

Dabei stehen die Argumente dafür auf wackeligen Beinen. In Deutschland tritt im Jänner eine Gaspreisbremse in Kraft, die deutsche Industrie bekommt einen subventionierten Gaspreis. Das versetze Österreichs Betriebe in einen Wettbewerbsnachteil, wird behauptet. Aber wie der Chef des Wifo-Instituts, Gabriel Felbermayr, richtig ausführt, gilt dieses Argument nur für einen Teil der Wirtschaft: für international tätige Industrieunternehmen mit hohem Energiebedarf. Tausende andere Firmen, vom Bäcker über Restaurants bis hin zu Friseurläden, trifft das Problem nicht. Sie stehen in keinem Wettbewerb mit Deutschland und können die gestiegenen Preise an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben.

Genau abwägen

Und selbst dort, wo der Wettbewerbsdruck steigt, gilt es genau abzuwägen. Ein Unternehmen wie die Voest wird natürlich von der Gaspreisbremse in Deutschland herausgefordert. Aber der Konzern erwartet fürs Geschäftsjahr 2022/2023 bis zu 2,4 Milliarden Euro Gewinn. Was genau erkaufen wir uns also, wenn wir für die Voest die Energiezuschüsse erhöhen?

Das gehört diskutiert. Kluge Politik würde nur dort Geld aufwenden, wo ohne weitere Hilfen echter Schaden droht, etwa in Form von Jobverlusten. Dafür müssten die Zuschüsse an klare Vorgaben geknüpft werden. Dabei geht es nicht um Staatsdirigismus. Unternehmer wissen besser, wie sie gut wirtschaften. Wohl aber gehören Leitplanken aufgestellt.

So gibt es zwar bei den bestehenden Unternehmenshilfen Energiesparauflagen. Allerdings ist das System leicht zu umgehen und kaum kontrollierbar. Dass Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler das akzeptiert hat, ist fatal; es gehört geändert. Ein anderer Punkt: In Deutschland müssen Unternehmen für umfangreiche Hilfen eine Jobgarantie bis 2025 abgeben. Das klingt sinnvoll. Schließlich müsste sich die Politik um die Gegenfinanzierung kümmern. Um Lasten fair zu verteilen, könnte die geplante Senkung der Körperschaftssteuer 2023 abgeblasen werden, damit ließe sich ein Gutteil der neuen Förderungen finanzieren. Jetzt wird von unten nach oben umverteilt: Das könnte dann niemand behaupten. (András Szigetvari, 13.12.2022)