Der gesetzliche Anspruch an wahlwerbende Parteien ist wahrlich nicht übertrieben: Bitte gebt nicht mehr als sieben Millionen Euro für euren Nationalratswahlkampf aus, um einen halbwegs fairen Wettbewerb zu garantieren. Doch die ÖVP ist ganz offensichtlich nicht in der Lage, diesem Anspruch gerecht zu werden. 2013 hat sie diese Grenze gesprengt. 2017 ebenso. Und wie es aussieht, hat die Kanzlerpartei auch 2019 mehr Geld ausgegeben als erlaubt.

Die ÖVP ist nicht in der Lage, die Wahlkampfkostengrenze einzuhalten.
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Man kann der Partei hier nicht mehr Unfähigkeit unterstellen, sondern muss von Kalkül ausgehen. Das Kalkül, die Regeln zu brechen, um einen ungerechten Vorteil im demokratischen Wettbewerb zu erlangen. Das wäre an sich schon schlimm genug, weil es die Integrität der Wahlen infrage stellt.

Vor allem aber sitzt die Volkspartei seit 36 Jahren fast durchgehend in der Regierung. Dort besetzt sie nicht nur stets die wichtigsten Ressorts, sondern macht ihren Einfluss in weiten Teilen des Staates geltend – von der konsequenten Umfärbung ganzer Ministerien bis zum kleinen Posten für den Parteifreund als "Bürgerservice". Wenn man von der demokratischen Qualität einer wahlwerbenden Partei auf ihr Verhalten in der Regierung schließen kann, liegt hier ein immenser Schaden für die Republik vor. Die ÖVP müsste eine gigantische Rechtsstaats- und Transparenzoffensive auf den Weg bringen, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. (Sebastian Fellner, 13.12.2022)