Flüssiges Wasser auf fremden Planeten zu finden ist seit langem ein Ziel der Exoplanetenforschung. Nun mehren sich die Hinweise auf ferne Wasserplaneten.
Illustration: STScI

Nicht nur Hollywood hat mit der Fortsetzung des Sci-Fi-Epos "Avatar" Freude an Ozeanen auf fremden Planeten (wobei Pandora genau genommen ein Mond ist). Solche Ozeane wären auch für die Exoplanetenforschung der Hauptgewinn. Nun gibt es einen neuen Kandidaten: etwa anderthalbmal so groß wie die Erde und in der habitablen Zone gelegen, die im Prinzip flüssiges Wasser und damit Leben in der heute bekannten Form ermöglicht.

Wasser in Form von Dampf konnte unlängst vom James-Webb-Teleskop beim Planeten WASP-39b gefunden werden. Nur in seltenen Fällen ist allerdings tatsächlich flüssiges Wasser indirekt nachweisbar.

Einen Exoplaneten, dessen fester Kern vollständig von einem Ozean umhüllt wird, hat ein internationales Wissenschaftsteam in den Weiten des Weltalls ausgemacht. Der "Wasserplanet" ist von einem 2.000 Kilometer tiefen Ozean und flüchtiger Atmosphäre umgeben. Sein Stern ist rund 200 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt.

Kühler Stern

Kepler-138 ist als sogenannter Roter Zwerg deutlich kleiner und kühler als unsere Sonne. Der Stern, der außerhalb unseres Sonnensystems liegt, wird von mehreren Planeten umkreist, schilderte Luca Fossati, Mitautor vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IWF). Sie wurden 2014 entdeckt und von den Weltraumteleskopen Hubble und Spitzer beobachtet. Nun wurde in diesem Planetensystem Überraschendes beim Planeten Kepler-138d, der etwa 1,5-mal so groß wie die Erde ist, festgestellt. Der Erkenntnisse, an denen Wissenschafter des IWF mitwirkten, wurden in der aktuellen Ausgabe von "Nature Astronomy" veröffentlicht. Fossati ist einer der Mitautoren.

Bis heute sind bereits rund 5.000 Planeten in anderen Sonnensystemen bekannt. Exoplaneten, die weniger als 1,7 Erdradien haben, wurden bisher den Kategorien der Gesteinsplaneten oder der Mini-Neptune zugeordnet: Gesteinsplaneten umkreisen ihren Stern meist auf sehr engen Umlaufbahnen, wodurch sie mit der Zeit ihre Atmosphären durch den Einfluss der stellaren Strahlung verlieren. Die kleinen, gasförmigen Mini-Neptune hingegen reicherten bei ihrer Entstehung so viel Wasserstoffgas an, dass sie es – wie auch die großen Gasplaneten im äußeren Sonnensystem – nicht mehr in den Weltraum verlieren konnten. Selbiges gilt laut dem Grazer Weltrauminstitut auch für sogenannte Hycean-Planeten, hypothetische Himmelskörper, die von einem heißen Wasserozean und einer entsprechend sehr wasserstoffreichen Atmosphäre umgeben sind.

Ein Vergleich zwischen der Erde und dem Planeten Kepler-138d zeigt die gewaltigen Ausmaße des Ozeans.
Foto: Benoit Gougeon, Université de Montréal

Bei Kepler-138d sind die Verhältnisse speziell: Laut den Simulationen der IWF-Wissenschafterin und Mitautorin Daria Kubyshkina wäre es nahezu unmöglich, dass der Planet eine Wasserstoffhülle hat: Sie wäre innerhalb von zehn Millionen Jahren ins Weltall verloren gegangen. Nachdem sein Alter auf rund eine bis 2,7 Milliarden Jahre geschätzt wird, könne es sich also nicht um einen Mini-Neptun oder Hycean-Planeten handeln.

Die Forschenden haben mithilfe der Weltraumteleskope Planeten-Transits von Kepler-138d beobachtet. Dabei zieht der Planet in einer Art Mini-Sternenfinsternis vor seinem Heimatstern vor und schwächt dessen Licht dabei leicht ab. Aus der Stärke dieser Abschwächung lässt sich die Größe und Schwere des Planeten berechnen und die Existenz einzelner chemischer Elemente in der Atmosphäre nachweisen. Die Daten wurden durch Radialgeschwindigkeitsmessungen ergänzt. Sie alle brachten vorerst keinen Nachweis für flüssiges Wasser.

Die beste Erklärung: Wasser

Durch den Vergleich von Größe und Masse des Exoplaneten mit Simulationsmodellen kam das Team jedoch zu dem Schluss, dass ein erheblicher Teil seines Volumens aus einer Materie bestehen sollte, die leichter als Gestein, aber schwerer als Wasserstoff oder Helium ist: Die häufigste dieser möglichen Substanzen wäre Wasser.

"Gekoppelte Modellierungen des Planeteninneren und der Atmosphärenstruktur, die mit den aufwendigen Beobachtungen übereinstimmen, bestärkten die Annahme, dass der erdähnliche Gesteinskern von Kepler-138d sehr wahrscheinlich von einem 2.000 Kilometer tiefen Wasserozean und einer flüchtigen Atmosphäre umgeben ist", fasste Fossati zusammen. Der Ozean auf Kepler-138d wäre demnach also 500-mal tiefer als der durchschnittliche irdische Ozean.

Solche Ozeanplaneten wurden seit rund 20 Jahren hypothetisch angenommen. An der ersten entsprechenden Publikation war IWF-Gruppenleiter Helmut Lammer ebenso beteiligt wie an der aktuellen Studie. Kepler-138d könnte nun der erste extrasolare Planet sein, auf den die Bezeichnung wirklich zutrifft. Bei ähnlichen Entdeckungen wie zuletzt von einem kanadischen Team, das ebenfalls einen Ozean für ein unerklärliches Gewichtsverhältnis eines neu entdeckten Exoplaneten verantwortlich machte, fehlt noch die finale Bestätigung.

Lammer hat 2013 Habitate von Planeten mit großen Wasserschichten über einem felsigen Kern definiert: Die möglichen Lebensbedingungen bei solchen potenziellen Habitaten richten sich dabei nach den Extrembedingungen in der Tiefsee. "Bei Kepler-138d handelt es sich jedoch um eine Subklasse eines solchen Habitats", erklärte er. Denn eine 2.000 Kilometer dicke Wasserdecke ist außerordentlich schwer, wodurch in der untersten Wasserschicht – wo sich Wasser und Fels berühren – sehr hoher Druck herrscht.

"Aufgrund der riesigen Wassermenge bildet sich sehr wahrscheinlich Hochdruckeis oder sogar Wasser in einer anderen Phase, die bei hohem Druck auftritt, eine sogenannte überkritische Flüssigkeit. Diese extremen Zustände blockieren den Kontakt zwischen dem Wasser an der Oberfläche und den Mineralien im darunterliegenden Gesteinskörper." Das würde die Entstehung von Leben, wie wir es kennen, verhindern. Dass man auf Kepler-138d Leben finden könnte, wird dadurch also eher unwahrscheinlich.

Das Team vom IWF hat seit vielen Jahren Erfahrung mit Simulationen von Atmosphären und Ozeanen auf Planeten. Auch mit der Möglichkeit von Ozeanen auf dem Mars beschäftigte man sich in der Vergangenheit intensiv. (rkl, APA, 15.12.2022)