Die berühme Stille-Nacht-Gedächtniskapelle in Oberndorf bei Salzburg zieht jedes Jahr zahlreiche Besucher an.

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Stille Nacht! Heilige Nacht!", schreit es mit Rufzeichen versehen durch die winterliche Nacht. Salzburg hat Mozart als Tourismusmagnet und natürlich Sound of Music. Als dritter Besucherbringer sollte vor vier Jahren zum 200. Jubiläum das wohl bekannteste Weihnachtslied der Welt positioniert werden. Seither wird um Stille Nacht ein Riesenbahö gemacht.

Es gab TV-Schwerpunkte, eine Landesausstellung, ein Musical im Festspielhaus. Um der Welt zu erzählen, dass das berühmte Weihnachtslied in Österreich seine Heimat hat und man diese auch besuchen soll, wurde eine immense Marketingstrategie umgesetzt. "Stille Nacht" prangte auf einem Flugzeug der Austrian-Airlines-Flotte und einer Lokomotive, die in ganz Europa über die Geleise rollte. Auch eine Sonderbriefmarke und -münze sollten die frohe Kunde verbreiten. Eröffnet wurden Stille-Nacht-Museen, Rundgänge, Kapellen und Wege.

Wohn- und Arbeitsorte

Doch nicht nur Salzburg beansprucht den Titel "Stille-Nacht-Land" für sich. Auch Oberösterreich und Tirol sind mit von der Partie in der Marketingmaschinerie. Schließlich war Joseph Mohr, der Autor von Stille Nacht, heilige Nacht, Salzburger, vertont hat es der Oberösterreicher Franz Xaver Gruber, und verbreitet wurde es vor allem durch Zillertaler, also die Tiroler Sängerfamilien Rainer und Strasser. Die tourten als sogenannte Tiroler Nationalsänger durch Europa und Amerika mit Stille Nacht im Repertoire und machten es so international bekannt. Im Jahr 2011 wurde das Lied von der Unesco auch als immaterielles Kulturerbe in Österreich anerkannt.

Nun gibt es in jedem Ort, in dem Mohr oder Gruber einmal gelebt oder gearbeitet haben, das Lied aufgeführt oder verbreitet wurde, vom Themenweg bis zum Museum eine große Bandbreite an Attraktionen. 13 Stille-Nacht-Orte können in Österreich insgesamt besucht werden.

Seit heuer müssen die Touristen dafür nicht einmal mehr nach Salzburg reisen. Denn Besucherinnen können sich nun auch virtuell auf die Spuren des Weihnachtsliedes machen. Über eine 3D-Technologie können die historischen Gebäude – vom Salzburger Dom über die Museen bis hin zur Stillen-Nacht-Kapelle in Oberndorf – auch online besichtigt werden.

Digitale Zwillinge

Wobei die berühmte Kapelle gar nicht der Originalschauplatz der Erstaufführung von Stille Nacht ist. Sie steht zwar an der Stelle der ehemaligen Nikolauskirche, in der am 24. Dezember 1818 das Weihnachtslied zum ersten Mal gesungen wurde, wurde selbst aber erst zwischen 1924 und 1936 als Gedächtniskapelle erbaut. Das tut ihrer weltweiten Bekanntheit aber keinen Abbruch. Alljährlich ziehen die Kapelle und das daneben befindliche Museum besonders im Advent Besucher aus vielen Teilen der Welt an.

Digitale Zwillinge gibt es neben der Stille-Nacht-Kapelle auch von den Kirchen in Wagrain, Hochburg-Ach (OÖ) und Hallein, der Wallfahrtsbasilika Mariapfarr und dem Salzburger Dom sowie den Stille-Nacht-Museen in Hallein und Mariapfarr. "Damit wollen wir auch Lust darauf machen, diese Orte im Zuge eines Besuches in Stadt und Land Salzburg tatsächlich zu besichtigen und so auch die Atmosphäre vor Ort zu spüren", sagt der Geschäftsführer der SalzburgerLand Tourismus GmbH (SLTG), Leo Bauernberger. Am häufigsten virtuell besucht wurde bisher der Salzburger Dom mit über 20.700 Aufrufen. Gefolgt von der Stille-Nacht-Kapelle mit 17.100 Klicks.

Seniorenbusse im Lungau

Mariapfarr im Lungau ist einer der Stille-Nacht-Orte und hat von der Vermarktung als solche profitiert. "Es kommen Busse mit Seniorenbünden oder Vereine, die einen Ausflug machen", nennt Katharina Gappmayr vom Tourismusverband Mariapfarr ein Beispiel. Aber auch Schulen und Touristen aus dem Ausland würden das Museum und die Basilika in Mariapfarr besuchen. "In der Winterzeit und im Advent ist es mehr, aber auch im Sommer ist das Museum gut besucht", sagt Gappmayr.

Joseph Mohr hat 1816 in Mariapfarr den Text zum weltbekannten Weihnachtslied als Gedicht verfasst, zwei Jahre später wurde es vertont. 2018 wurde die Kirche im Ort vom Papst auch zur Basilika erhoben?– einem vom Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) angestrebten Besuch in Salzburg erteilte der Pontifex zum Jubiläum jedoch eine Absage.

Marketing in 110 Ländern

Um alle Stille-Nacht-Gemeinden gleichermaßen zu vermarkten, werden Rundreisen durch alle drei Bundesländer angeboten. Die Museen, Sonderausstellungen, Kirchen und Themenwege werden abgeklappert, "um sich mit einem Kulturgut auseinanderzusetzen", wie es auf der Website von Stille Nacht heißt. In Salzburg gibt es zudem noch eine eigene viertägige Rundreise und auch Kombitickets für alle fünf Stille-Nacht-Museen im Bundesland. Wie viele Gäste diese Touren bisher gebucht haben, konnte trotz schriftlicher und telefonischer Nachfrage des STANDARD bei der SLTG nicht in Erfahrung gebracht werden. In Tirol entführt eine zweitägige Rundreise die Besucher durch das Zillertal auf den Spuren der berühmten Sängerfamilien Strasser und Rainer.

Die SalzburgerLand Tourismus GmbH erhielt zusammen mit ihrem Partner, der AG Stille Nacht, 2019 sogar den Marketing-Staatspreis für "200 Jahre Stille Nacht! Heilige Nacht!" Umfangreiche Marketingaktivitäten gab es zum Jubiläum in mehr als 110 Ländern in aller Welt. Laut Österreich Werbung generierte das 200-Jahr-Jubiläum des bekanntesten Weihnachtsliedes weltweite Aufmerksamkeit für das Kulturland Österreich. Mit einem "Feuerwerk an Angeboten und einer groß angelegten Kampagne" sei das Lied im Ausland nachhaltig mit dem österreichischen Musikerbe verknüpft worden. (Stefanie Ruep, 20.12.2022)