Präsident Kais Saied steht für seinen autoritären Führungsstil weiter in der Kritik.

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Tunis – In Tunesien kommt es nach der Parlamentswahl mit sehr geringer Beteiligung in den meisten Wahlkreisen zu Stichwahlen. In 131 der 161 Wahlkreise werden die Wähler vorläufigen Ergebnissen zufolge noch einmal zur Urne gebeten, wie Tunesiens Wahlkommission am Montag mitteilte. Eindeutige Sieger gab es demnach nur in 23 Wahlkreisen, in sieben konnten keine Kandidaten aufgestellt werden.

Elf Prozent Wahlbeteiligung

Medienberichten zufolge sollen die Stichwahlen Ende Jänner oder Anfang Februar abgehalten werden. Laut Wahlkommission beteiligten sich gut elf Prozent der mehr als 9,2 Millionen Wahlberechtigten. Unmittelbar nach der Abstimmung am Samstag hatte sie von knapp neun Prozent gesprochen. Zu dem Zeitpunkt seien aber noch nicht alle Wahllokale eingerechnet gewesen.

Die Behörde nannte als Grund für die niedrige Wahlbeteiligung das neue Wahlgesetz, das Präsident Kais Saied eingeführt hatte. Die Bürger konnten dieses Mal nur für einen Vertreter pro Wahlkreis stimmen. Bei früheren Wahlen traten Parteien oder Parteienblöcke mit mehreren Kandidaten an. Ihre Wahlkampagnen mussten die Kandidaten zudem privat finanzieren, weshalb kaum Werbung im Land zu sehen war.

Von Politik enttäuscht

Beobachter sehen die Ursache für das Fernbleiben der Menschen hingegen vor allem darin, dass sie von der Politik enttäuscht sind. Die Not vieler Tunesier wird die neue Volksvertretung nicht lösen können. Sie wird auch deutlich weniger Macht haben als die frühere.

Präsident Saied hatte das alte Parlament Ende März aufgelöst, um seine Gegner zu schwächen und seine eigene Macht auszubauen. Der Präsident äußerte sich bisher noch nicht zur Abstimmung sowie der geringen Wahlbeteiligung. Die Opposition forderte seinen Rücktritt. (APA, 20.12.2022)