Die SARS-CoV-2-Variante Omikron dürfte in Afrika entstanden sein. Eine Studie über die Details ihrer Herkunft musste nun jedoch zurückgezogen werden.

Foto: AP/Brian Inganga

Im Herbst 2021 tauchte die SARS-CoV-2-Variante Omikron bei einem Patienten in Südafrika erstmals auf. Nur wenig später hatte sich das mutierte Virus bereits in Dutzenden Ländern verbreitet. Ende Dezember 2021 war es endgültig zur vorherrschenden Corona-Variante avanciert und beherrscht seither das Infektionsgeschehen.

Omikron-Vorläufer?

Eine am 1. Dezember im Fachjournal "Science" präsentierte Studie lieferte ein mögliches Szenario, wie es zur Entstehung der Omikronvariante gekommen sein könnte. Wie der Virologe Jan Felix Drexler von der Berliner Charité und seine Kolleginnen und Kollegen schrieben, dürfte Omikron demnach verschiedene Vorläufer besessen haben, die sich miteinander mischten und zur selben Zeit und über Monate hinweg in Afrika zirkulierten.

Die dafür vorgelegten Belege haben nun jedoch erheblich an Wert verloren: Wie es am Dienstag von der Charité – Universitätsmedizin Berlin heißt, habe das Team um Studienleiter Drexler die Studie nämlich zurückgezogen. Kürzlich nachgewiesene Verunreinigungen der Untersuchungsproben ziehen demnach zumindest Teile der in der Arbeit getroffenen Aussagen in Zweifel Die Forschenden kämen damit ihrer Verantwortung für die gute wissenschaftliche Praxis nach, der sich die Charité und das internationale Autorenteam verpflichtet fühlen, heißt es in einer Aussendung der Universität.

Verunreinigungen mit unbekannter Quelle

In der Publikation "Gradual emergence followed by exponential spread of the SARS-CoV-2 Omicron variant in Africa" war das Aufkommen der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 in Westafrika, einige Monate vor der späteren Entdeckung in Südafrika, nachgewiesen worden. Kurz nach der Veröffentlichung haben jedoch andere Wissenschafterinnen und Wissenschafter die Plausibilität der analysierten Genomsequenzen in Frage gestellt. In einer daraufhin durchgeführten Nachanalyse von Restproben wurden Verunreinigungen erkannt, deren Ursprung und Auswirkungen auf einen Teil der durchgeführten Analysen nicht mehr zu klären sind.

Die weiter bestehende Aussage der Publikation, dass Viren mit Omikron-Sequenzmerkmalen bereits vor dem offiziellen Nachweis in Südafrika existierten, beruht auf übereinstimmenden PCR-Nachweisen aus Laboren aus verschiedenen afrikanischen Ländern. Allerdings ist die detaillierte Rekonstruktion der einzelnen Evolutionsstufen des Virus durch die aufgetretenen Verunreinigungen in Zweifel gezogen oder zumindest nicht mehr eindeutig darstellbar.

Korrektur unmöglich

Die vorliegenden Kontaminierungen würden auch eine zeitnahe Korrektur unmöglich machen, denn hierzu müssten mehrere Tausend Rückstellproben aus ganz Afrika nachanalysiert werden, schreibt das Team. Aus diesem Grund wurde die gesamte Publikation jetzt im Einvernehmen mit allen Koautorinnen und Koautoren zurückgezogen. Die mit dem Projekt befasste Arbeitsgruppe hat die Aufarbeitung und Überprüfung aufgenommen. (red, 20.12.2022)