Elon Musk erklärte über Twitter Spaces, wie er den Nachrichtendienst künftig finanzieren wolle und warum die drastischen Sparmaßnahmen notwendig gewesen seien.

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Das Twitter-Chaos und die damit einhergehende Inszenierung von Elon Musk scheinen kein Ende zu finden. Nun vergleicht der Neo-Chef die aktuelle Situation von Twitter mit einem Flugzeugabsturz. "Dieses Unternehmen ist so, wie wenn du in einem Flugzeug sitzt, das mit hoher Geschwindigkeit auf den Boden zusteuert, mit brennenden Triebwerken und versagender Steuerung", teilte er über Twitter Spaces mit. Außerdem verteidigte er dabei die drastischen Sparpläne, die er für den Nachrichtendienst ergriff.

Während einer Gesprächsrunde, die eigentlich George Hotz, Entwickler und mittlerweile Ex-Mitarbeiter bei Twitter, begonnen hatte, schaltete sich Musk wieder einmal spontan zu. Dabei gab er kurze Einblicke, wie eine Modernisierung von Twitter seiner Ansicht nach aussehen könnte. Aber auch, wie er den Nachrichtendienst künftig finanzieren wolle und warum die drastischen Sparmaßnahmen notwendig gewesen seien.

Mit einer "Notfallübung" aus der Verlustzone

Vor den Kostensenkungen sei er auf einen "negativen Cashflow von drei Milliarden Dollar pro Jahr" zugesteuert, sagte Musk. Mittlerweile rechne er aber bereits im kommenden Jahr mit einem Break-Even, also mit Twitter "in etwa" aus der Verlustzone rauszukommen. Der Multimilliardär gestand im Gespräch zwar ein, dass seine Handlungen nach außen hin "falsch oder seltsam" wirken würden, die Schritte seien aber notwendig gewesen, weil die momentane Situation des Unternehmens eine "Notfallübung" erfordere, er agiere nicht "launenhaft".

Seit der Übernahme von Twitter am 27. Oktober hat Musk mehr als die Hälfte der Mitarbeiter des Unternehmens entlassen und von den Verbleibenden verlangt, sich zu langen Arbeitszeiten und einer "Hardcore"-Kultur zu verpflichten, was nur zu noch mehr Abgängen führte. Von den drastischen Einsparungen betroffen war unter anderem sogar die Verpflegung der Mitarbeiter, aber auch infrastrukturelle Maßnahmen wie die Deaktivierung der Zwei-Faktor-Authentifizierung per SMS in einigen Ländern. Diese und weitere umstrittene Schritte haben zudem die Werbetreibenden verunsichert, die bis dahin 90 Prozent der Einnahmen von Twitter ausmachten.

Mehr Abos, neuer Code

Demnach sei es für Musk "höchste Priorität", die Einnahmen der Abonnenten zu steigern, damit sie zu einem bedeutenden Teil des Geschäfts von Twitter werden. Der Kurznachrichtendienst versucht gerade, mithilfe des verifizierten Abo-Modells "Twitter Blue" das schwindende Vertrauen der Nutzer in die Sicherheit der Plattform wiederherzustellen. Zudem wolle man Werbung für die Nutzer von Twitter wieder interessanter machen, etwa durch das themennahe Einblenden passender Ads, sobald sich Nutzer für entsprechende Inhalte interessieren.

Um künftig Änderungen schneller vorantreiben zu können, ließ der Neo-Chef auch durchblicken, dass er die gesamte Codebasis neu schreiben lassen wolle. Die Komplexität des bisherigen Codes stünde nämlich schnellen Weiterentwicklungen im Weg.

Viewcount

Ein neues Feature steht zumindest schon mal in den Startlöchern. Wie Musk auf Twitter ankündigte soll künftig angezeigt werden, wie oft einzelne Nachrichten betrachtet wurden – also ein sogenannter Viewcount. Tatsächlich berichten erste Nutzer davon, dass dies bereits bei ihren eigenen Postings sichtbar ist.

Mit diesem Feature verfolgt Musk ein konkretes Ziel: Er will belegen, dass Twitter wesentlich "lebendiger" sei, als viele Kritiker es meinen, formulierte er es bereits vor rund zwei Wochen. Eine wirklich neue Information ist das übrigens nicht, schon bisher konnten diese Zahlen übert die Analyse-Tools von Twitter eingesehen werden, sie werden nun also einfach prominenter platziert.

Investoren noch zuversichtlich

Investoren geben sich zumindest teilweise optimistisch. Einer der an der Übernahme von Twitter durch Musk beteiligten Investoren geht nach eigenen Angaben davon aus, das eingesetzte Kapital zu verfünffachen. "Wir glauben, dass Twitter in nur wenigen Jahren eine Rendite mit dem Faktor vier bis fünf erzielen wird", hieß es in einer Erklärung des Chefs von Aliya Capital Partners, Ross Kestin.

Das Risiko sei dabei vergleichsweise begrenzt. Er verwies auf Erfolge von Musk bei Tesla und Space X. Als die Autobranche weltweit nur immer wieder "das gleiche langweilige Produkt" gebaut habe, habe Musk eine Industrie erschaffen. "Als die Nasa mit ihren Raketen nicht abheben konnte, hob die Vision dieses Mannes ab", schrieb Kestin. "Bei Twitter passiert das wieder." (bbr, Reuters, 22.12.2022)