Eine Orion der russischen Kronstadt Group wurde über der Ukraine abgeschossen.

Foto: Kronstadt Group

Noch bevor die Boden-Luft-Raketen des Patriot-Systems im Einsatz sind, meldet die ukrainische Luftabwehr den Abschuss einer russischen Orion-Drohne über Cherson. Obwohl Russland seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar 2022 laut ukrainischen Angaben bereits 1.698 Drohnen verloren haben dürfte, ist der Abschuss einer Orion eine Besonderheit. Erst drei Stück gingen während der Kampfhandlungen verloren. Die Orion wird von russischen Medien gerne als "Superdrohne" dargestellt, aber nicht nur das: Das Fluggerät soll den russischen Angreifern den Sieg über die ukrainischen Verteidiger bringen und den gesamten Krieg zugunsten Russlands wenden.

So kann die acht Meter lange Drohne mit 16 Meter Flügelspannweite laut russischen Angaben 24 Stunden lang in der Luft bleiben. Ausgestattet ist die Orion mit einer Lenkwaffe vom Typ 9K121 Vikhr oder 9K135 Kornet, die seit den 80er- bzw. 90er-Jahren von der russischen Armee meist in Angriffshelikoptern eingesetzt wird. Alternativ kann die Drohne auch gelenkte Bomben vom Typ KAB20 mit sich führen.

Leistungsdaten dürften nicht stimmen

Die Details über die Leistungsdaten der Orion sind geheim, und es kursieren verschiedene Informationen, wozu die vermeintliche Superdrohne tatsächlich im Stande ist. So zeigt ein Video des Herstellers, wie eine Orion einen 2,5 Kilometer weit entfernten unbemannten Helikopter abschießt. Operieren soll die Orion in einer Höhe von 7.500 Metern. Laut russischen Angaben soll die Superdrohne auch in der Lage sein, die von der Ukraine erfolgreich eingesetzte türkische Angriffsdrohne Bayraktar TB-2 zu bekämpfen.

Doch die vom Kommando Süd der ukrainischen Armee veröffentlichten Unterlagen deuten darauf hin, dass die russische Superwaffe zwar im Grunde funktioniert, aber deutlich hinter den Herstellerangaben zurückbleibt. Laut russischen Angaben soll die Orion die Leistungsfähigkeit eines Kampfjets haben. Eine Angabe, die angesichts des Propellermotors und der Ähnlichkeit zur amerikanischen Reaper in Fachkreisen schon länger angezweifelt wurde.

Dazu kommt, dass der Hersteller wohl bei den Leistungsdaten ein wenig geschummelt hat. So wird die angeblich 24-stündige Flugzeit nur erreicht, wenn die Bewaffnung von 180 auf 60 Kilogramm begrenzt wird. Auch die vom Hersteller angegebene und ohnehin bescheiden anmutende Fluggeschwindigkeit von 250 km/h dürfte nicht erreicht werden. Laut der Analyse der Ukrainer dürfte die Drohne eher nur 200 km/h schnell sein. Die Orion kann bislang nur in geringen Stückzahlen gefertigt werden, weil Russlands Zugang zu Schlüsseltechnologien durch die westlichen Sanktionen stark eingeschränkt ist. Kurz: Dass die Orion den Kriegsverlauf tatsächlich entscheidend beeinflusst, gilt als unwahrscheinlich.

Produktionsprobleme im eigens gebauten Werk

Hergestellt wird die Drohne von der Kronstadt Group, einem Zusammenschluss mehrerer russischer Elektronikfirmen, weshalb das Fluggerät auch manchmal als "Kronstadt Orion" bezeichnet wird. Gefertigt werden die Angriffsdrohnen in einem im Vorjahr eigens dafür errichteten Werk in Dubna nahe Moskau. Doch die Massenproduktion der Orion wollte nicht so recht in die Gänge kommen, obwohl bei dem Unternehmen bereits Zwölf-Stunden-Schichten angeordnet wurden. Vor allem die Herstellung des Motors scheint laut Informationen des Militärblogs "Onyx" Schwierigkeiten zu bereiten.

Laut dem ukrainischen "Defense Express" soll Russland Ende des Vorjahres nur über drei Orions verfügt haben. Mittlerweile will die russische Armee laut eigenen Angaben 48 Orions mit zwölf Bodenstationen im Einsatz haben, eine Zahl, die von der ukrainischen Seite angezweifelt wird. Laut Angaben des Kommandos Süd wurden im gesamten Kriegsverlauf drei Orions im Luftraum der Ukraine abgeschossen, zwei davon über Cherson. Eine Bodenstation mit drei Drohnen dürfte laut Angaben der russischen Tass rund 1,35 Millionen Euro kosten.

Ähnlich wie schon beim vermeintlichen Superpanzer T-14 Armata dürfte Russland gehofft haben, mit dem Verkauf einer eigenen Exportvariante von Orion-Drohnen Devisen in die Kriegskasse zu spülen. Die staatliche russische Rosoboronexport will laut Angaben der russischen Agentur Interfax bereits mehrere Exportverträge abgeschlossen haben, ohne die Kunden zu nennen. (pez, 23.12.2022)