Im Frühjahr wird die britische Justiz in erster Instanz entscheiden, ob Exbanker Peter Weinzierl an die USA ausgeliefert wird.

Foto: Matthias Cremer

Am Freitag vergangener Woche musste sich der frühere Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl in London erneut vors Gericht begeben. Am Westminster Magistrates’ Court fand wieder eine Anhörung in jenem Verfahren statt, in dem ein Londoner Richter über Weinzierls Auslieferung in die USA entscheiden wird.

Die Vereinigten Staaten haben rund um die Bestechungscausa des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht Anklage gegen Weinzierl erhoben, im Mai 2021 wurde er bei einem Aufenthalt in London vorübergehend festgenommen. Weinzierl bestreitet die Vorwürfe, und für ihn und alle anderen in die Causa Involvierten gilt die Unschuldsvermutung. Die USA verfolgen, wie berichtet, auch Julius Lindbergh Meinl V. und zwei weitere Wiener Ex-Banker – weder Weinzierls noch Meinls Anwälte in Wien waren zu einer Stellungnahme bereit. Im Falle einer Auslieferung drohen Weinzierl bis zu 70 Jahre Haft.

Eine Frage der Menschenrechte

Bei der jüngsten Anhörung ging es gemäß Informationen des STANDARD vor allem um die Haftbedingungen, unter denen Weinzierl in den USA einsitzen müsste – wenn er ausgeliefert würde. Nach Ansicht seines auf Auslieferungsfälle spezialisierten Rechtsberaters würde ihn die Unterbringung in der für ihn zuständigen Vollzugsanstalt in seinen Menschenrechten beschneiden. Konkret erörtert wurde Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, gemäß der niemand der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt werden darf.

Ins Treffen geführt hat Weinzierls Berater da etwa zu wenig Platz in den Zellen, unzureichende Gesundheitsversorgung und die Gefahr, Weinzierl könnte Gewalt ausgesetzt sein. Die US-Behörden hätten in diesem Zusammenhang noch keine Angaben oder Zusagen gemacht; man weiß schlicht nicht, was Weinzierl erwarten könnte.

USA könnten Zusagen geben

Darauf nahm auch die Vertreterin der Strafverfolgungsbehörde Crown Prosecution Service(CPS, für England und Wales zuständig) Bezug, die freilich meinte, dass es die Entscheidung des Gerichts sei, ob man von den US-Behörden derartige Zusagen und Absicherungen einhole. Im Übrigen sei es Sache der Verteidigung zu beweisen, dass im Auslieferungsfall Menschenrechte verletzt werden könnten.

Auf eine Entscheidung wird Weinzierl noch länger warten müssen. Der Richter studiert jetzt einmal die ihm von beiden Seiten vorgelegten Unterlagen, und Anfang Jänner will er bei einem weiteren Termin bekanntgeben, wann er seine Entscheidung fällen wird. Gegen die steht dann beiden Seiten, also Weinzierl und den US-Behörden, der Instanzenzug bis zum Supreme Court zu. Eine gute Nachricht gab es für den Wiener Ex-Banker, der behauptet, von einem US-Geheimdienstler nach London gelockt worden zu sein, um dort verhaftet werden zu können: Der 57-Jährige muss sich nun nicht mehr allwöchentlich bei einer Polizeistation melden.

Ermittlungen in den USA und in Wien

Die Meinl Bank ist 2021 als Anglo Austrian Bank in Konkurs gegangen, nachdem ihr die europäischen Aufsichtsbehörden die Lizenz entzogen hatten. Die US-Justiz wirft Weinzierl und seinen Ex-Kollegen vor, mit Odebrecht unter einer Decke gesteckt zu sein und Geld über die frühere Tochterbank Meinl Bank Antigua verschoben zu haben. 170 Millionen Dollar sollen so von New Yorker Konten an Offshore-Gesellschaften gegangen sein, so der Vorwurf, in dem es auch um angebliche Scheintransaktionen mit Odebrecht-Firmen geht. All das hat Weinzierl auch im Rahmen seiner Anhörungen bestritten. Dasselbe gilt wie berichtet für die Vorwürfe, die ihm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien macht. (Renate Graber, 24.12.2022)