Im heurigen Jahr haben die Energiepreise in Europa nicht zuletzt aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine extreme Sprünge nach oben gemacht. Für viele Haushalte in Österreich steht der Zahltag erst bevor. Die dramatischen Verteuerungen, die es im Großhandel gegeben hat, kommen erst Schritt für Schritt und abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Verträge bei den Strombezieherinnen und Gasverbrauchern an. Immer mehr fragen sich, wie sie die Mehrbelastungen stemmen sollen.

Frage: Ich bin allein in eine kleine Wohnung gezogen. Die Miete beträgt 300 Euro, die Vorauszahlung für Strom und Gas aber 600 Euro. Warum ist das so hoch?

Antwort: Bei einem neuen Mieter wird der Verbrauch für Strom und Gas vom Anbieter zunächst geschätzt. Der Anbieter orientiert sich daran, wie viel Strom und Gas bisher in diesem Objekt verbraucht wurden. Nach einem Jahr erfolgt dann die Einstufung gemäß dem tatsächlichen Verbrauch. Die Vorauszahlung ist so hoch, weil der Preis am Markt für Strom und Gas im Laufe des Jahres massiv gestiegen ist.

Für manche Menschen wurden heuer die explodierenden Energiepreise zwar nicht unmittelbar lebens-, aber doch existenzbedrohend.
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Frage: Kann ich die Vorauszahlung herabsetzen lassen?

Antwort: Ja. Bei Wien Energie beispielsweise häufen sich aktuell diesbezügliche Anfragen, dort kann man auch online die Herabstufung durchführen. Hier ist aber Vorsicht geboten: Wer während des Jahres weniger vorauszahlt, muss sich bei der Jahresabrechnung auf eine höhere Nachzahlung einstellen.

Frage: Ich habe Gas bisher als Teilbetrag alle drei Monate bezahlt. Weil die Kosten steigen, ist die Belastung sehr hoch. Kann ich das auf monatlich umstellen?

Antwort: Ja. Die Vorauszahlungen können auf monatliche Teilbeträge umgestellt werden.

Frage: Ich kann mir meine Energiekosten gerade nicht gut leisten. Kann ich die Rechnung auch in Raten bezahlen?

Antwort: Ja. Bei Wien Energie, aber auch bei anderen Energieversorgern häufen sich aktuell auch diese Anfragen. Die meisten kommen ihren Kunden hier sehr entgegen und bieten Ratenzahlung an, bei Strom teilweise bis zu 18 Monate, hat die Arbeiterkammer in Erfahrung gebracht.

Frage: Die Strom- und Gaspreise sind zuletzt deutlich gesunken. Warum merke ich davon nichts auf meiner Rechnung?

Antwort: Die Preise sind im Großhandel gesunken, also dort, wo sich Händler, Strom- und Gasunternehmen bzw. große Industrieunternehmen eindecken. Energieversorger, die Haushalte oder Gewerbebetriebe beliefern, kaufen rollierend, also über die Monate verteilt, zu und verrechnen den Endkunden einen Mischpreis. Wie oft der Anbieter den Preis anpasst, hängt vom Vertrag ab. In der Regel läuft der Vertrag ein Jahr. Der Preis ist während der Laufzeit fixiert, egal wie hoch die Ausschläge im Großhandel sind.

Frage: Gibt es nicht auch eine Möglichkeit für mich als Konsumenten oder Konsumentin, sofort von den Verbilligungen im Großhandel zu profitieren?

Antwort: Die gibt es. Fast alle größeren Strom- oder Gaslieferanten haben sogenannte Floater in ihrem Portfolio. Das ist ein eigener Tarif, der den Börsenkurs nachzeichnet. Das hat den Vorteil, dass Verbilligungen im Großhandel sofort spürbar sind. Sofort spürbar sind dann aber auch die Verteuerungen. In einem Monat kann die Strom- oder Gasrechnung niedrig sein, im nächsten sehr hoch. Dessen muss man sich im Klaren sein.

Frage: Ohne Weihnachtsgeld wäre die Energierechnung nicht zu stemmen. Ist das so?

Antwort: Die Kosten für Strom und Gas sind im Jahresverlauf zu einer veritablen Belastung geworden. Das wird sich 2023 kaum ändern. Eine Umfrage des Asset-Managers JPMorgan zeigt, dass 33 Prozent der Befragten in Deutschland und Österreich sagen, Sonderzahlungen als Puffer zurückzulegen, um die Energiekosten stemmen zu können.

Frage: Welche Hilfen gab und gibt es, um Energiepreise und Teuerung abzufedern?

Antwort: 500 Euro pro Person gab es mit dem Antiteuerungs- und Klimabonus, für Kinder die Hälfte. Der Budgetrahmen liegt bei gut vier Milliarden Euro. Der Energiekostenausgleich in Höhe von 150 Euro wurde und wird von den Energieversorgern mit der Jahresabrechnung abgewickelt und steht Haushalten mit Einkommen bis zur Höchstbeitragsgrundlage zu. Die Jahresabrechnungen erfolgen teilweise erst 2023. Dazu gab es auch Einmalzahlungen etwa für Mindestpensionistinnen, Sozialhilfebezieher und Menschen ohne Job. Dazu kommt nun die Strompreisbremse.

Neben anderen Hilfen soll nun die Strompreisbremse Linderung bringen.
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Frage: Was soll, was kann die Strompreisbremse ausrichten?

Antwort: Sie hat zum Ziel, die Stromrechnung der Haushalte zu einem gewissen Teil abzufedern. In Kraft getreten ist die Strompreisbremse mit 1. Dezember 2022, in Kraft bleiben wird sie laut Mitte Oktober erfolgtem Beschluss im Parlament bis 30. Juni 2024.

Frage: Wie funktioniert die Strompreisbremse?

Antwort: Der Strompreis soll durch einen Stromkostenzuschuss für ein Grundkontingent von 2.900 Kilowattstunden (kWh) mit zehn Cent pro kWh netto verrechnet und automatisch abgezogen werden. Der darüber hinausgehende Verbrauch soll wieder zu Marktpreisen abgerechnet werden. Die Unterstützung wird direkt auf der Stromrechnung gutgeschrieben. Das bedeutet, dass kein eigener Antrag dafür gestellt werden muss, der Abzug erfolgt automatisch.

Frage: Wie viel sind 2.900 kWh?

Antwort: Diese Menge entspricht nach Angaben der Regierung rund 80 Prozent des durchschnittlichen Stromverbrauchs in österreichischen Haushalten. Der Zuschuss ist mit 30 Cent pro kWh gedeckelt. Für größere Haushalte mit mehr als drei Personen gibt es eine zusätzliche Unterstützung (subventioniertes Zusatzkontingent von 350 kWh). Wie und wo das beantragt werden kann, ist noch unklar. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat für Mitte Jänner eine Regelung in Aussicht gestellt.

Frage: Wie wird es mit den Energiepreisen aus Konsumentensicht weitergehen?

Antwort: Anfang August gingen die Wogen mit der Ankündigung der Energieallianz Austria (EAA) über vorgezogene Indexanpassungen (und damit steigende Preise) bei Wien Energie und EVN hoch. Burgenland Energie, die ebenfalls Teil der Vertriebsgesellschaft EAA ist, verschob die Indexanpassung – wegen der Gemeinderatswahlen, die im Oktober stattgefunden haben, wie manche mutmaßen. Energie Steiermark oder die Tiwag in Tirol etwa haben die Preise schon vorher erhöht, bei anderen wie Salzburg AG oder Energie AG Oberösterreich steigen die Preise ab 2023 in größerem Stil. Bei den Strom- und Gaspreisen im Endkundenbereich würden die aktuell sinkenden Großhandelspreise bei Neuverträgen bereits wirken, meint Christoph Dolna-Gruber von der Energieagentur. Bei Bestandsverträgen dürften die zuletzt gesehenen hohen Preisausschläge erst 2023 voll bei den Endkunden ankommen. Auch weil mit Ende 2022 viele Preisgarantien auslaufen.

Wird es noch einmal günstiger? Eher nicht. Für viele wird es wegen auslaufender Preisgarantien erst im neuen Jahr um einiges teurer.
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Frage: Müssen wir uns also auf weitere Preiserhöhungen einstellen?

Antwort: Eher ja, meint Energieexperte Dolna-Gruber. Er geht davon aus, dass etwa das hohe Gaspreisniveau im Großhandel noch länger erhalten bleiben wird: "Die Zeiten günstiger fossiler Energie sind vorbei, es gibt aus derzeitiger Sicht keine Trendumkehr – kurzfristige Preissenkungen bei Strom und Gas sind eher nur als Ausreißer zu werten."

Frage: Könnten Versorger die Strompreisbremse nutzen, um Preise zu erhöhen?

Antwort: Theoretisch wäre das denkbar. Das Klimaministerium betont auf STANDARD-Anfrage, dass die Preisentwicklung von der Energiebehörde E-Control überwacht wird. Im Rahmen der Stromkostenbremse werde evaluiert, wie sich die Maßnahme auf die Preise auswirkt. Diese Untersuchungen sollen anschließend veröffentlicht werden. Kunden, die Fehlverhalten orten, können sich an die E-Control wenden. Gibt es einen konkreten Verdacht auf Wettbewerbsverzerrungen, kann auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) tätig werden.

Frage: Was hat es mit der Grundversorgung auf sich, ist die billiger?

Antwort: Vorsicht, sagt die Arbeiterkammer. Grundversorgung heiße nicht, dass es dafür einen eigenen, speziell günstigen Sozialtarif gebe. Die Grundversorgung sei vielmehr ein Schutzgesetz, das sicherstellt, dass Personen auch dann nicht das Licht oder die Heizung abgedreht wird, wenn sie auf Altschulden sitzen. Somit sind Energieversorger verpflichtet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen Verbrauchern beiderlei Geschlechts mit Strom oder Gas zu beliefern, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen. Dafür gibt es dann den Tarif, den die meisten Kunden und Kundinnen des Energieversorgers haben. Es könnte also durchaus sein, dass man schlechter aussteigt, wenn man sich nur aus Preisüberlegungen auf die Grundversorgung beruft. (Regina Bruckner, Bettina Pfluger, Jakob Pflügl, Günther Strobl, 30.12.2022)