Noch sind sie nicht da, aber in Hallstatt geistert bereits wieder die Sorge vor dem Spuk der Überfüllung herum. "Die Buchungen der chinesischen Touristen und Touristinnen steigen wieder", sagt Bürgermeister Alexander Scheutz. So richtig freuen kann sich das SPÖ-Gemeindeoberhaupt darüber nicht. Die kleine schmucke Marktgemeinde – eingezwängt zwischen Berg und See – sei über die Feiertage schon wieder zum Bersten voll gewesen, seufzt Scheutz.

Gäste aus Indien, den arabischen Ländern, aus Israel und den USA: Es sind einfach zu viele, die dem weltbekannten Plätzchen im Salzkammergut einen Besuch abstatten wollen. Kommen nun auch wieder Touristen aus China, wäre das wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brächte. "Die Leute machen sich Sorgen", sagt Scheutz. Er will an weiteren Schrauben drehen, um den Zustrom in seiner Gemeinde zu bändigen.

Gäste aus aller Welt empfängt man in Hallstatt. Doch es sind schon wieder sehr viele. Zuviele wie manche Hallstätter finden.
Foto: Marion Hörmandinger

China geistert aber nicht nur in Hallstatt als Schreckgespenst herum. Nur allzugut haben Wirtschaftstreibende die Verwerfungen durch die Lieferengpässe im Kopf. Corona legte ganze Fabriken und Transporthotspots in Asien lahm. Die Wartezeiten auf Fahrräder, technische Gerätschaft, Sportartikel, Spielzeug, Krimskrams wuchsen enorm. Mit den Lieferkettenproblemen wurde vieles teurer. Jetzt gehört China mit der Abkehr von der Null-Covid-Doktrin erneut zu den Wackelkandidaten der Weltwirtschaft.

Kristalina Georgiewa, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), meldete sich jüngst warnend zu Wort. China habe sich im vergangenen Jahr wirtschaftlich dramatisch abgebremst, erklärte sie dem US-Sender CBS. Waren zuletzt die drastischen Lockdowns schuld an der ökonomisch misslichen Lage, sorgten nun die überstürzten Lockerungen für "schlechte Nachrichten". Das neue Jahr werde schwieriger als das alte, sagte die IWF-Chefin. Die rasant steigenden Corona-Infektionen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt verhießen nichts Gutes. Im Oktober hatte der IWF die Wachstumsprognose für 2023 gesenkt. Demnach dürfte die Weltwirtschaft nur um 2,7 Prozent zulegen. Im Jänner könnte der IWF die Erwartungen erneut drosseln.

Manche Fachleute sehen neues Unheil dräuen. "Die Lieferketten werden wieder einbrechen", sagte etwa die Ökonomin Ulrike Malmendier von der US-Universität Berkeley jüngst dem Handelsblatt. Das wäre eine schlechte Nachricht mehr in ohnehin labilen Zeiten. Wie abhängig die europäische Wirtschaft von Zulieferungen aus Asien ist, hatte Corona schmerzlich vor Augen geführt.

Ob Spielzeug, Küchengerät oder Sportartikel – viele der Produkte, die in Europas Haushalten im Einsatz sind, werden in China hergestellt.
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WU-Professor Harald Oberhofer will dennoch nicht allzu schwarz sehen. Kurzfristig sei ein Knick nicht auszuschließen. Bei hohen Infektionszahlen "dürfte der private Konsum rückläufig sein". Die Menschen blieben dann eher zu Hause und konsumierten weniger. Darunter würden etwa Einkaufszentren oder Restaurants leiden. Daraus folgende Einkommenseffekte könnten die Nachfrage drücken und damit kurzfristig das chinesische Wachstum und die Importe belasten, so Oberhofer. Das erste Quartal könnte in China also schlechter als bisher angenommen laufen. Der Ökonom geht aber davon aus, dass sich die Öffnung mittelfristig eher belebend auswirken kann. Aufgrund fehlender Informationen sei es aber schwer nachzuvollziehen, so Oberhofer, wo die Pandemie gerade sehr stark ausgeprägt ist und damit Unternehmen vielleicht mit vielen krankheitsbedingten Produktionsbeschränkungen umgehen müssen.

Trendwende auf Dauer positiv

Am Ende geht er aber davon aus, dass sich die Abkehr von der Null-Covid-Politik positiv auswirken wird. Das sieht auch Sebastian Kummer so. Es gebe zwar viele Infektionen, "aber die radikalen Lockdowns, die zum Teil zur Schließung von Häfen und Fabriken geführt hatten, waren schlimmer und vor allem völlig unberechenbar", meint der Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft an der WU Wien. Jetzt wisse die Wirtschaft zumindest, "was sie in Sachen Covid-19 zu erwarten hat".

In Hallstatt wird wieder nachgedacht, wie man die Touristenströme bändigen kann.
Foto: EPA/Christian Bruna

Die heimischen Touristiker jedenfalls erwarten wieder vermehrt Gäste aus China. Vor Corona wuchsen die Nächtigungszahlen stetig auf zuletzt (2019) 1,48 Millionen. Allerdings sei die Ausstellung von Reisepässen für Chinas Bürger während Corona de facto zum Erliegen gekommen und müsse erst wieder in Fahrt kommen, heißt es bei der Österreich Werbung. Zudem sei die Zahl der Flugverbindungen nach Europa noch weit unter Vor-Corona-Niveau. Wien, Innsbruck und Salzburg-Stadt gehörten zu den meistbesuchten Destinationen in "Aodili". Auch Hallstatt wird auf einem Europatrip gern besucht. Bürgermeister Scheutz will jedenfalls dem Massentourismus mit Gästen aus China und aller Welt bis zum Sommer mit neuen Ideen zu Leibe rücken. (Regina Bruckner, 7.1.2023)