Von einem ehemals anonymen Hinweisgeber wurde Farid Hafez zum mutmaßlichen Führungszirkel der Muslimbruderschaft in Österreich gezählt.

Foto: Heribert Corn

Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass gegen den angeblichen Muslimbrüder-Anführer Österreichs, A. S., das Verfahren in der sogenannten Operation Luxor eingestellt wurde. Der STANDARD berichtete. Nun wird auch das Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen terroristischer Vereinigung, gegen den Politikwissenschafter Farid Hafez für beendet erklärt. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Graz hervor, der dem STANDARD in voller Länge vorliegt. Gegen die Entscheidung steht kein weiterer Rechtszug zu.

Aus Sicht der Ermittler zählte Hafez zum mutmaßlichen Führungszirkel der Muslimbruderschaft in Österreich. Diese Information ging auf einen ehemals anonymen Hinweisgeber zurück. Der ebenfalls Beschuldigte packte im Juni 2020 vor Ermittlern aus. Das Grazer Oberlandesgericht stellte die "Beweiskraft" des Einflüsterers in dem Beschluss einmal mehr massiv infrage.

Insgesamt konnte das Gericht in den bisherigen Ermittlungsergebnissen "kein Substrat" erkennen, das den Verdacht tragen würde, "er habe sich als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung (insbesondere der Hamas), kriminellen Organisation oder an einer auf Österreich bezogenen staatsfeindlichen Verbindung beteiligt, derartige Personenverbindungen sonst auf irgendeine Weise unterstützt oder terroristische Aktivitäten finanziert".

Islamophobiebericht ohne "terroristische Tendenz"

Das Grazer Oberlandesgericht geht in seinem Beschluss auch auf die viel diskutierten Islamophobie-Studien ein, an denen Hafez mitgewirkt hat. "In einer solchen Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs – auch bei Verwendung von Begriffen wie 'antimuslimischer Rassismus' oder 'Angststörung gegenüber dem Islam' mag eine solche Kritik zutreffen oder nicht, überzogen oder gar polemisch sein, mögen andere Personen darin eine Zelebrierung einer Opferrolle von Muslimen erblicken und mögen andere Wissenschafter darin auch als islamophob bezeichnet werden", heißt es im Beschluss. "Kann das Beschwerdegericht kein Indiz für eine terroristische oder staatsfeindliche Tendenz, die Mitgliedschaft bei einer terroristischen oder staatsfeindlichen Vereinigung oder Propaganda für solche Vereinigungen und deren terroristische Aktivitäten erkennen.

Dass Hafez in seinen Publikationen für terroristische Vereinigungen, etwa Hamas, den sogenannten Islamischen Staat oder Al Quaida geworben oder Unterstützung für diese propagiert hätte, dafür will das Gericht ebenfalls keine "aktenkundigen Verfahrensergebnisse" gefunden haben.

Aktenkundig sei, dass Hafez ein drittmittelfinanzierter Projektmitarbeiter einer Salzburger Universität war. Für zwei Projekte sei Geld über einen Geschäftsmann aus Saudi-Arabien geflossen. Aber: "Hinweise auf kriminelle, insbesondere terroristische Herkunft von Geldern, etwa von der Hamas, sind nicht aktenkundig."

Die Operation Luxor gegen mutmaßliche Muslimbrüder und angebliche Hamas-Terroristen fand eine Woche nach dem jihadistischen Terroranschlag in der Wiener Innenstadt statt. Die Razzien waren aber schon lange vor dem Attentat geplant. Von den knapp hundert Beschuldigten – teils natürliche Personen, teils Verbände – kam nie jemand in Haft. Auch eine Anklage scheint in weiter Ferne. Laut der Grazer Staatsanwaltschaft wurden gegen insgesamt 31 Beschuldigte das Verfahren eingestellt. (Jan Michael Marchart, 10.1.2023)