Ob Holz als Ersatzbrennstoff für fossile Energieträger wie etwa Gas wirklich umwelt- und klimafreundlicher ist, hängt von der Gewinnung des Rohstoffs und seiner Verbrennung ab.
Foto: Imago Images / Sven Simon

Die Wärme eines Kaminfeuers ist für viele Menschen der Inbegriff von Gemütlichkeit. In Zeiten von Klimakrise und steigenden Gaspreisen erlebt Holz als Heizmittel zudem eine Renaissance. Doch welche Auswirkungen hat der gesteigerte Bedarf an Brennholz für die Wälder, und wie grün ist das Heizmittel? Thomas Buchholz vom Internationalen Verband forstlicher Forschungsanstalten (IUFRO) erforscht die Lebenszyklen von Holzprodukten, vom Fällen bis zum Kamin. Beim Thinktank Spatial Informatics Group berät er Waldeigentümer bei der nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Wälder.

Im Gegensatz zu anderen Energielieferanten ist die Klimabilanz von Holz durchwachsen und hängt sehr stark von den Holzarten, deren konkreter Verwendung, Verarbeitung und Transportwegen ab. Insbesondere bei der Luftverschmutzung können private Öfen zum Problem werden, wie der Forscher betont.

STANDARD: Hohe Preise und Umweltbedenken lassen Erdgas unattraktiver werden, daher boomt in Österreich das Geschäft mit dem Heizmittel Holz. Begrüßen Sie diesen Trend?

Buchholz: Im Gegensatz zu Windkraft oder Solarenergie ist die Sachlage bei der Energiequelle Biomasse nicht so klar: Bei Ersteren ist es ziemlich eindeutig, dass sie gut für das Klima sind, doch etwa bei Holz lässt es sich schwer pauschal sagen, wie die Auswirkungen auf die Umwelt sind. Daher kann ich schwer sagen, ob der Trend zum Holz nun begrüßenswert ist – oder gefährlich.

STANDARD: Auf welche Faktoren kommt es an?

Buchholz: Zunächst kommt es stark auf die Verwendung an: Nutzt man die Biomasse zur Generierung von Strom, oder wird damit Wärme erzeugt? Findet die Verwertung in Privathäusern statt, oder wird das Holz als Teil industrieller Prozesse verbrannt? Diese Fragen bestimmen den Wirkungsgrad der Energieherstellung und wie viel Holz verbrannt werden muss, was wiederum die Klimaverträglichkeit beeinflusst. Wichtig ist aber auch die Herkunft des Holzes: Stammt es etwa aus Kahlschlägen in tropischen Regenwäldern, müssen wir über die Klimabilanz gar nicht erst reden.

Woher Brennholz stammt, beeinflusst die Klimabilanz des Heizmaterials immens. Die weitreichendsten Folgen haben Rodungen und illegale Abholzung in tropischen Regenwäldern.
Foto: REUTERS/Hasnoor Hussain

STANDARD: Welche Rolle spielt der Transport?

Buchholz: Natürlich entstehen durch den Transport und Holzabbau CO2-Emissionen, das beginnt in dem Moment, in dem die erste Kettensäge angeworfen wird. Wobei diese Dinge gar nicht so stark ins Gewicht fallen. Zentral ist, welches Holz da entnommen wird. Normalerweise werden Baumkronen und Teile des Stammes verarbeitet, die keinen Wert für die Sägeholz- oder Papierindustrie haben. Auch das Abfallholz aus diesen Industriezweigen wird als Pellets oder Hackschnitzel verfeuert. Diese Biomasse würde ohnehin vermodern oder verbrannt werden und vergleichbar rasch Kohlenstoff freisetzen.

STANDARD: Doch was, wenn die Nachfrage an Brennholz so stark ansteigt, wie es zurzeit der Fall ist?

Buchholz: Dann wird dieses Holz womöglich nicht mehr ausreichen, und es muss mehr aus dem Wald gezogen werden. Wird aber mehr Holz benötigt, als für die normale Bewirtschaftung nötig, hat das die größten Folgen für den Wald als Kohlenstoffspeicher. Zunächst ist es normal, den Wald immer mal wieder auszulichten und einen Teil der Bäume zu fällen. Solche Durchforstungen führen dazu, dass die verbliebenen Bäume mehr Licht und Nährstoffe zur Verfügung haben und besser wachsen können. Doch Durchforstungen bedeuten Kosten, auf denen die Forstwirte sitzen bleiben – außer der Brennholzmarkt boomt: Dort können sie das eher minderwertige Holz absetzen. Daher ist die aktuelle Situation ein Anreiz für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, ihre Wälder in kürzeren Abständen zu durchforsten.

STANDARD: Profitieren Wälder also, wenn mehr mit Holz geheizt wird?

Buchholz: Der gesteigerte Einschlag kann tatsächlich dazu beitragen, den Wald gegen Klimaveränderungen resistenter zu machen. Ein lichterer Wald ist zum Beispiel weniger anfällig für Waldbrände. Doch ob diese Nutzen die Tatsache aufwiegen, dass da nun unter Umständen viele Bäume fehlen, ist schwer zu sagen: Fällen Sie ein Drittel der Bäume, ist die Menge an Kohlenstoff, die der Wald nun aufnimmt, mitunter für Jahrzehnte geringer als zuvor. Es sind diese langfristigen Auswirkungen auf die Dynamik im Wald, die die Klimabilanz von Brennholz dominieren. Wie genau diese Veränderungen aber ablaufen, ist schwer vorherzusagen.

STANDARD: Es ist also kompliziert zu beurteilen, ob der Brennstoff Holz nun klimafreundlich ist oder nicht. Heizen Sie eigentlich mit Holz?

Buchholz: Ich heize mit Holz, ja. Doch ich versuche möglichst nur Holz zu verwenden, das ohnehin geschlägert worden wäre: Ich wohne in Montana, wo es im Sommer sehr trocken ist. Dichte Wälder haben hier immer Probleme mit der Wasserversorgung und Schädlingen. Das Holz, das bei diesen Durchforstungen anfällt, verfeuere ich bei mir daheim. Außerdem habe ich einen Ofen, der die Feinstaubemissionen sehr gering hält, ich will ja nicht die ganze Gegend verstinken.

Wer klimafreundlich heizen will, dem empfiehlt Waldexperte Thomas Buchholz einen möglichst modernen Ofen und darauf zu achten, woher das Holz kommt.
Foto: Privat

STANDARD: In Österreich wird wieder mehr mit Holz geheizt: Wie sieht es da mit der Luftverschmutzung aus?

Buchholz: Die kann enorm sein. Ich bin in einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg aufgewachsen, wo viele mit alten Holzöfen geheizt haben. Wir hatten in der Heizperiode oft Inversionswetterlagen mit dickem Nebel, da kommt es zu Feinstaubbelastungen, die es locker mit dem Straßenverkehr aufnehmen können. Aber gerade in Österreich und Deutschland haben die neuen Öfen, die an Zentralheizungen angeschlossen sind, gute Filter und Katalysatoren. Doch bei Kachel- und Kaminöfen fürs Wohnzimmer sieht die Sache oft anders aus: Da kommt es dann darauf an, ob das Holz ordentlich trocken ist und nicht nur vor sich hin glimmt.

STANDARD: Wie steht es um die Klimabilanz von Pellets?

Buchholz: Weil wir eben über Luftverschmutzung gesprochen haben: Pellets sind Standardisiert, trocken und werden vollautomatisch verheizt. Da ist die Feinstaubbelastung viel besser zu kontrollieren und im Allgemeinen kein Problem. Grundsätzlich wurden Pellets entwickelt, um Abfallprodukte von Sägewerken zu verwerten, etwa Sägespäne. Doch wie beim Scheitholz gilt: Steigt der Bedarf stark an, kommt es zu verstärkten Einschlägen, oder es muss Holz importiert werden. Wie Umweltschützer sagen, kann das Holz für die Pellets dann auch aus illegalen Abholzungen stammen, die etwa in Osteuropa stattfinden.

STANDARD: Wenn ich nicht auf mein wärmendes Feuer im Ofen verzichten will, worauf muss ich achten, um möglichst klimafreundlich zu heizen?

Buchholz: Möglichst einen modernen Ofen verwenden, und dann darauf achten, woher das Holz kommt: Stammt es aus einem verstärkten Einschlag aufgrund des aktuellen Booms, ist die Klimabilanz unklar, kaufen Sie es aber beim Bauer nebenan, der seit Jahren seinen fixen Anteil an Holz aus dem Wald trägt, schaut die Sache besser aus. Kauft man sein Brennholz im Baumarkt, kann das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council, Anm.) Orientierung bieten: Holz mit diesem Siegel stammt zumindest nicht aus illegalen Kahlschlägen und muss gewisse Nachhaltigkeitskriterien erfüllen – auch wenn hier die Klimaperspektive in meinen Augen noch zu wenig berücksichtigt wird. (Dorian Schiffer, 16.1.2023)