Die Stromnetze in Europa enden nicht an den Grenzen, will man durch Subventionierung des Gaspreises des Strompreis senken, geht das ohne Gefahr der Trittbrettfahrerei nur europaweit.

Foto: apa / robert jäger

Die Gas- und Strompreise sind zwar etwas gesunken, bewegen sich aber immer noch um ein Vielfaches über den Werten, die im Schnitt der letzten Jahre üblich waren. Somit geht die Suche nach neuen Formen der Preisbestimmung weiter. Die Arbeiterkammer (AK) und andere halten das sogenannte iberische Modell für die beste und effektivste Möglichkeit, die Energiepreise auf breiter Front zu senken.

Das Problem: Eine solche Lösung ist nur EU-weit möglich, weil die Stromnetze aus gutem Grund zusammenhängen und die Subvention von Gas zur Senkung der Strompreise in einem Land Trittbrettfahrer im anderen zur Folge hätte. Weil die Elektronen nicht an der Grenze halten, würden Nachbarländer subventionierten Strom konsumieren und zu Lasten jener Bevölkerung, die das alles finanziert, profitieren.

Rote Karte von Deutschland, Niederlande

Eine EU-weite Regelung ist bisher vor allem an Deutschland und den Niederlanden gescheitert. Deren Hauptargument: Bei einer Deckelung des Gaspreises würde die Nachfrage nach knappem Gas in die Höhe schnellen, was in Zeiten wie diesen kontraproduktiv wäre. "Das ist ein nicht faktenbasiertes Argument", sagte AK-Energieexperte Josef Thoman am Dienstag anlässlich der Präsentation einer Studie, die von der Energieagentur im Auftrag der AK gemacht wurde.

Die Energieagentur hat sich angesehen, welchen Effekt ein Ausrollen des iberischen Modells auf das Gebiet der EU-27 hätte, und zwar hinsichtlich zweier möglicher Ansätze: einmal für den Fall, dass der in Spanien und Portugal vergangenen Sommer in Kraft gesetzte Preisdeckel auf Gas, Steinkohle und Öl zur Produktion von Strom europaweit zur Anwendung käme; das andere Mal für den Fall, dass nur Gas subventioniert würde, was realistischer erscheint, weil der hohe Anteil von Kohle in der Stromproduktion außerhalb der Iberischen Halbinsel die Kosten massiv in die Höhe treiben würde. Allerdings wäre dann auch der Effekt auf den Strompreis geringer, wie Studienautor Christian Furtwängler einräumte.

Augenmerk auf Großbritannien, Türkei

Erste Erkenntnis aus der Studie: Der Mehrverbrauch an Gas, den es in Spanien zwischen Juni und September gegeben hat, war Folge geringerer Einspeisung von erneuerbaren Energien auf der Iberischen Halbinsel selbst, aber auch in Deutschland und Frankreich, wo noch dazu viele AKWs ausgefallen sind. Subventionierter spanischer Strom ging dorthin, in Spanien selbst mussten deshalb Gaskraftwerke länger und öfter ans Netz.

Würde das iberische Modell auf Europa umgelegt, würde die in Nachbarländer exportierte Strommenge unter Berücksichtigung vorhandener Transportkapazitäten um 45 Terawattstunden (TWh) steigen, das wären rund 1,8 Prozent der Stromerzeugung der EU. Der Mehrverbrauch an Gas läge bei 90 TWh, was rund zwei Prozent des Jahresverbrauchs der EU im Jahr 2021 entspricht. Bei Subventionierung nur von Gas würde der Stromexport um 37 TWh steigen – insbesondere nach Großbritannien und in die Türkei.

Mit beiden Ländern müsste eine politische Lösung gefunden werden. Notfalls könnte man Zölle einführen. (Günther Strobl, 17.1.2023)