Messina Denaro bei seiner Verhaftung.

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Rom – Ein Schulfreund hat dem am Montag festgenommenen Mafiaboss Matteo Messina Denaro ein Leben unter falscher Identität in seiner sizilianischen Heimat ermöglicht. Andrea Bonafede, ein 59-jähriger sizilianischer Landvermesser, hatte dem Mafiapaten seine Identität "geliehen" und ihm ein normales Leben in einer von der Polizei stark bewachten Hochburg der Cosa Nostra, Campobello di Mazara, ermöglicht.

Vor eineinhalb Jahren hatte Bonafede für Messina Denaro mit dessen Geld die 60 Quadratmeter große Wohnung in Campobello di Mazara erworben. Dank Bonafedes Ausweises und dessen Gesundheitskarte hatte sich der Boss in einer Privatklinik in Palermo wegen eines Dickdarm-Tumors behandeln lassen. Gegen Bonafede wird jetzt wegen Verbindungen zur Mafia ermittelt.

Normales Leben in sizilianischer Provinz

Ein durchaus normales Leben führte der "Boss der Bosse" in der kleinen Ortschaft in der sizilianischen Provinz. So ging er einkaufen, besuchte Restaurants und empfing Frauen, berichteten die Ermittler, die sein Versteck gründlich durchsuchten. Darin wurden keine Waffen, sondern elegante Möbel, teure Markenkleider, Luxusparfüms, Ray-Ban-Brillen, Viagra-Tabletten und Kondome entdeckt. Der Pate, der sein Leben lang schöne Frauen liebte und zahlreiche Freundinnen hatte, soll trotz seines Lebens als Flüchtiger nicht auf weibliche Gesellschaft verzichtet haben.

Die Ermittler versuchen, die vergangenen Monate von Messina Denaros Flucht zu rekonstruieren und zu begreifen, wie er ein Jahr lang der Festnahme entgehen konnte, während er in einer der am stärksten kontrollierten Städte Italiens lebte. Campobello di Mazara ist eine der Ortschaften, auf die sich die Suche nach dem Cosa-Nostra-Boss konzentrierte. Hier wurde am Mittwoch ein weiteres Versteck des Bosses gefunden.

Ermittlungen gegen weitere Personen

Ermittelt wird auch gegen weitere zwei Personen aus derselben Gemeinde, in der Messina Denaro wohnte. Dabei handelt es sich um den Arzt, der den Boss medizinisch betreute, sowie um einen Olivenhändler, der am Montag festgenommen wurde, da er Messina Denaro mit dem Auto zur Behandlung in die Klinik in Palermo begleitete. Der Arzt, ein bekannter Mediziner der Stadt, hatte den Mafiaführer auf Bonafedes Namen behandelt und ihm Medikamente verschrieben. Gegen einen zweiten Arzt wird inzwischen ermittelt. Die Carabinieri durchsuchten am Mittwoch die Onkologieabteilung des Krankenhauses der Stadt Trapani, in der Messina Denaro eine Zeitlang behandelt wurde.

Messina Denaro gilt als letzter großer Boss der Cosa Nostra, aber auch als Bindeglied zur kalabrischen 'Ndrangheta, gerade im Kokaingeschäft. Die Ermittler hoffen, dass er zum Kronzeugen wird, um sich die schweren Haftbedingungen zu ersparen, die für prominente Mafiosi vorgesehen sind. Der Boss ist schwer krank und soll sich auch in dem Hochsicherheitsgefängnis der Abruzzen-Stadt L'Aquila, in dem er seit Montag inhaftiert ist, einer Chemotherapie unterziehen. (APA, 18.1.2023)