Deutschlands neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius wird mit militärischen Ehren empfangen.

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Berlin – Der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist im Amt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreichte ihm am Donnerstagmorgen in Berlin die Ernennungsurkunde. Die zurückgetretene Ministerin Christine Lambrecht bekam ihre Entlassungsurkunde. Anschließend leistete Pistorius im Bundestag den Amtseid. Er wolle die Bundeswehr schnell für die verschärfte Sicherheitslage nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine stark machen, kündigte er an.

"Es geht um Abschreckung, Wirksamkeit und Einsatzfähigkeit", sagte Pistorius nach seiner Begrüßung mit militärischen Ehren im Bendlerblock, dem Sitz des Verteidigungsministeriums in Berlin. "Deutschland ist nicht Kriegspartei. Trotzdem sind wir von diesem Krieg betroffen."

Steinmeier wünschte ihm "Durchhaltevermögen, gutes Gelingen und eine glückliche Hand". Er übernehme das Ministeramt in einer Bedrohungs- und Gefährdungslage, die Deutschland lange nicht mehr gekannt habe. "Deutschland ist nicht im Krieg", betonte auch der Bundespräsident. Für das Land beginne aber eine Epoche im Gegenwind. "Wir müssen auf Bedrohungen reagieren, die auch auf uns zielen."

"Epoche im Gegenwind"

Es komme jetzt darauf an, die Bundeswehr abschreckungsfähig und verteidigungsbereit zu machen, sagte Steinmeier. "Und dafür braucht es eine modernere und umfassendere Ausrüstung, eine effizientere Beschaffung, eine solidere Personaldecke und Aufmerksamkeit und Respekt für die Truppe." Es sei keine Zeit zu verlieren. "Als starkes Land in der Mitte Europas haben wir eine Verantwortung nicht nur für uns, sondern auch für andere." Deutschland stehe nicht allein, sondern im Bündnis mit Partnern. "Und diese Partner müssen und werden sich auf uns verlassen können."

Pistorius kritisierte, die Streitkräfte seien in den vergangenen Jahrzehnten oft vernachlässigt worden. Die Truppe brauche jetzt volle Unterstützung, er wiederum brauche für seine Arbeit die Unterstützung aller in der Bundeswehr, im Verteidigungsministerium und in den dazugehörenden Behörden. "Ich brauche jeden Einzelnen. Ich brauche die Unterstützung aller. Und ich werde sie auch einfordern", sagte Pistorius, der mahnte: "Der größte Teil der Zeitenwende liegt noch vor uns."

Erst Frankreich, dann USA

Pistorius telefonierte laut Verteidigungsministerium unmittelbar nach seiner Vereidigung mit seinem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu. "Frankreich ist unser engster Verbündeter und ältester Freund in der Europäischen Union. Paris und Berlin arbeiten seit Jahrzehnten auch in der Sicherheitspolitik eng zusammen", sagte Pistorius.

Als ersten ausländischen Besucher empfing Pistorius dann US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Beide sagten vor Beginn ihres Gesprächs der Ukraine weitere Hilfe zu – ohne allerdings konkret zu werden. In den vergangenen Tagen ist der Druck auf Deutschland stark gewachsen, der Ukraine auch Kampfpanzer vom Typ Leopard zur Verfügung zu stellen.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist dazu laut "Süddeutscher Zeitung" und "Bild"-Zeitung nun bereit. In einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden stellte er demnach allerdings klar, dass Deutschland nur dann liefern könne, wenn die USA ihrerseits der Ukraine eigene Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung stellen. Deutschland und die USA stünden wie so oft in der Geschichte Schulter an Schulter, sagte Pistorius bei der Begrüßung Austins. Dieser nannte Deutschland "einen der wichtigsten Verbündeten der USA".

Am Freitag kommen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz die Verteidigungsminister mehrerer Dutzend Staaten zusammen, um über die weitere militärische Unterstützung der Ukraine zu beraten. (APA, red, 19.1.2023)