"Horch zua", sagt Co-Eigentümer Wolfgang Pöllmann. "In Wien, wenn du fortgehst, dann isst man im Restaurant, zieht sich die Jackn an und geht zum Show-Act, danach geht man irgendwo hin zum Absacken. Aber in Monaco, in Dubai oder in Rumänien, wo wir oft warn, ist das üblich, dass alles in einem Objekt stattfindet. Man braucht sich nicht die Jackn anziehen, keinen Parkplatz suchen, und wenn es draußen stürmt und schneit, ist es auch egal, weil wir sind ja eh im Trockenen."

Willkommen im Portofino im tiefsten elften Bezirk, quasi unter der Tangente. Pöllmann selbst ist Simmeringer. Seine seit September 2022 geöffnete High-Level-Veranstaltungshalle liegt neben dem Goldentime, einem Puff, das sich Saunaclub nennt und in dem Alex Holzer, zweiter Co-Eigentümer, zunächst Chauffeur für den Geschäftsführer war, bevor er es "vor zwölf Jahren mit zwei Partnern gekauft" hat. Er und Pöllmann sind seit über 25 Jahren beste Freunde, beide sind auch solide Familienväter, und beiden ist daran gelegen, dass nach den leidigen Corona-Zeiten wieder die Freude nach Wien zurückkehrt: "Wir wollen die Stadt wieder beleben!", sagt Pöllmann. "Die Tradition! Wer singt heute noch den Herrgott aus Sta? Den hab ich als Vierjähriger schon mit dem Vater gesungen!" Heute hört aber auch er lieber die Nockis.

Willkommen im Portofino im tiefsten elften Bezirk, quasi unter der Tangente.
Foto: Christian Fischer

Also haben sie die Halle, früher ein Kasino, übernommen und nicht wenig reingebuttert, damit die Sache ins Laufen kommt: "Was Technik, Ton, Licht und Video angeht, gibt’s international sehr wenig in dieser Klasse", ist Alex Holzer stolz auf das Investment, das nun "gehobenes Flair" bieten soll fürs Aufhübschen und Nett-Fortgehen. Zum Lucky Dean Luciano beispielsweise, der uns heute unterhalten wird, ein bisserl Elvis, ein bisserl Peter Alexander, ein bisserl Dean Martin. "Welcome!", sagt er, als er die beiden Chefs begrüßt. "I just arrived from Las Vegas", das in seinem Fall freilich Wiener Neustadt heißt. Wurscht! Hauptsache, die Stimmung ist gut.

Der Pfarrer isst, der Trainer tanzt

Ab 18 Uhr trudeln die ersten Gäste ein, viel blondes Haar bei den Damen, viele in Jeanshosen gesteckte weiße Hemden bei den Herren, so sie nicht zu diesen unverwechselbaren älteren Wienern mit zurückgekämmtem weißem Haar, grauer Stoffhose und weinrotem Pullover unter blauem Jackett zählen, die man früher immer an den Kartentipplertischen im Café sah.

Der Ferry Janotka aber, in den 1980er-Jahren legendärer Austria-Trainer von Herbert Prohaska, ist noch bester Dinge, auch "weil ich der einzige Trainer bin, der alle Derbys gewonnen hat, alle!" Darauf kann man stolz sein wie Wolfgang Pöllmann auf den Marmor, mit dem die Wände getäfelt sind, oder den Simmeringer Pfarrer als gern gesehenen Gast, der hier zu Mittag ein Menü einschneidet, das sie hier auch anbieten, neben den Events.

Wolfgang Pöllmann und Alex Holzer betreiben seit Ende 2022 das kleine Las Vegas in Wien.
Foto: Christian Fischer

Der Ferry Janotka ist hüpftoperiert wie der Alex Holzer, der ein Ödem in der Hüfte hatte und dem ich die peinlichste Frage überhaupt stelle: Ob er seinen "Jogginganzug" heute noch gegen "was Gscheites zum Anziehen" tauschen werde? Erst im Nachhinein erfahre ich, dass der "Jogger" von Philipp Plein ist und ein paar Tausender kostet, uuuhm. Ferry Janotkas Hüfte unter der grauen Hose ist aber wieder so weit hergestellt, dass er heute auf jeden Fall mit seiner überaus liebenswürdigen Gattin, die alleine einen Saal unterhalten könnte, Boogie tanzen wird.

Sie war früher Akrobatin in Kabaretts und nannte einen Tiger namens Leo ihr Eigen, lange bevor es der Tiger King auf Netflix zu Weltruhm brachte. "Der war riesig!", erzählt sie begeistert, aber irgendwann haben sie ihn erschossen, was ihr heute noch wehtut. Und den Ferry, den hat sie kaum verstanden, als sie nach längerem Aufenthalt aus Deutschland in ihre Heimatstadt zurückkam: "Der hat geredet, ein Wahnsinn!" Simmeringerisch halt. Trotzdem gehen sie heuer ins 27. Jahr ihrer gemeinsamen Liebe, "und das muss man erst einmal schaffen in diesen Zeiten".

Wiener Society

Der Veit Schalle (ehemals Rewe), der ehemalige Werbechef von A1 und ein Ex-Vorstand der Nationalbank werden mit ihnen an den Tischen 16 und 17 sitzen. Sie nehmen Platz, während Christian den Soundcheck vom Lucky Dean hinter seinem Pult mit Licht aus hunderten Scheinwerfern begleitet. Er hat früher hobbymäßig selbst ein bisserl Musik gemacht, sogar mit dem Wolfgang Ambros ein paar Mal gespielt, ist jetzt aber hier fix angestellt und hat beim Um- und Aufbau der Licht- und Tonanlage ("Das Mischpult neu: 180.000!") mitgemacht. Heute soll das Licht ein bisserl weihnachtlich werden, beim Prohaska vor ein paar Tagen war’s vielleicht violett.

Die Damen an den Tischen harren in freudiger Erwartung, ob der Lucky Dean nicht gleich sie anhimmeln und mit säuselndem Las-Vegas-Slang verzaubern wird.
Foto: Christian Fischer

"Der Herbert ist auf der Hasenleiten aufgewachsen", erzählt Pöllmann, der selbst ein paar Spiele Bundesliga absolvierte, jetzt spielt der Herbert hier sogar zusammen mit dem Hansi Krankl – "Was wirklich selten vorkommt!" –, wenn der nicht mit dem Monti Beton auftritt und der Herbert mit dem Pete Art. Sie alle, versichert Christian, seien "sehr pflegeleicht und freundlich", ebenso wie der Johnny Logan, der neulich hier spielte und "grenzgenial" war, nein: "Genial! Total freundlich, nett, dankbar. Der hat sich fünf-, sechsmal bedankt fürs Licht", das er ihm für "What’s another year", seinen Song-Contest-Siegersong von 1980, gemacht hat. "Eigentlich braucht der gar kein Mikro, der hat so einen Druck und so eine Kraft in der Stimme!" Und trotz der Kraft keine Allüren? "Ein stilles Wasser, einen Obstkorb und ein paar Süßigkeiten" hat er backstage bekommen, und nach dem Act ist er geblieben für Fotos und Autogramme, "bis wir ihn haben wegschleppen müssen, sonst wäre er heute noch da".

Moët auf Eis

"Der Johnny Logan, na ja", relativiert Marlene, die hier Gastrochefin ist und heute "100 Flaschen Moët auf Eis" liegen hat, für den Fall, dass sie ausverkauft sind, was sich immer schwerer planen ließe. Die Leute und ihre Entscheidungen: "Immer in letzter Minute!" Heute spiele sich der Kartenverkauf bei um die 200 Leute herum ab, erzählt sie, wer kommt, wird mit einem Drei-Gänge-Menü von der Luci, einer gebürtigen Polin, die seit 20 Jahren im Haus ist, verwöhnt. Es gibt Rindssuppe, Putenschnitzerl mit Reis oder Penne all’Arrabbiata plus Topfencreme mit Beeren, ab 19 Uhr wird schnabuliert.

Dann setze ich mich zum Vater vom Lucky Dean, der aussieht wie der Udo Jürgens und selbst ein Gschichtldrucker ist, und sein Bub kommt ins Licht, gespielt betrunken wie früher der Dean Martin, aber bestens gelaunt. Ein Kübel mit roten Rosen steht auf der Bühne, aus dem er den ganzen wunderbaren Abend lang immer wieder mal eine nimmt. Die Damen an den Tischen harren in freudiger Erwartung, ob er nicht gleich sie anhimmeln und mit säuselndem Las-Vegas-Slang verzaubern wird. Der Ferry Janotka tanzt längst mit der Gattin, auch noch zu "Blue Suede Shoes", das kein Boogie ist. Und als der Lucky Dean Luciana am Ende noch "Das kleine Beisl" vom Peter Alexander als Draufgabe anstimmt, hat man längst keine Lust mehr, sich die Jackn überhaupt noch anzuziehen, weil’s draußen unter der Tangente, "da wo das Leben noch lebenswert ist", auch noch zum Stürmen und Schneien angefangen hat. (Manfred Rebhandl, 24.1.2023)