"Die 'Wiener Zeitung' muss bleiben", heißt es in einem Offenen Brief der IG Autorinnen Autoren.

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Wien – Die IG Autorinnen Autoren kämpfen weiter für den Erhalt der "Wiener Zeitung" als Tageszeitung. In einem Offenen Brief an Politikerinnen und Politiker fordern sie die Regierung auf, von ihren Plänen für die Umgestaltung des Mediums abzurücken. Wenn es nach der schwarz-grünen Koalition geht, dann soll die "Wiener Zeitung" ihren Fokus auf Online verlagern und könnte in Printform nur noch ein paar Mal jährlich erscheinen.

Im Offenen Brief appellieren die Initiatorinnen und Initiatoren auch, dass der ORF seine Unabhängigkeit wahren müsse. Das Schreiben haben laut IG Autorinnen Autoren 1516 Kunst- und Kulturschaffende und 268 Kunst- und Kultureinrichtungen unterzeichnet.

Im Wortlaut:

"Die Wiener Zeitung muss bleiben.
Der ORF muss seine politische Unabhängigkeit wahren können


Offener Brief an: Bundeskanzler Karl Nehammer
und an Vizekanzler Werner Kogler
sowie an: Medienministerin Susanne Raab
und die Medien- und Kultursprecherin der Grünen Eva Blimlinger

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Karl Nehammer,
Sehr geehrter Herr Vizekanzler Werner Kogler,
Sehr geehrte Medienministerin Susanne Raab,
Sehr geehrte Medien- und Kultursprecherin Eva Blimlinger!

Wir überreichen Ihnen hiermit unseren von 1516 Kunst- und Kulturschaffenden und 268 Kunst- und Kultureinrichtungen unterzeichneten Aufruf, die Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Printmedienorgan zu erhalten:


"Die Wiener Zeitung muss bleiben

Die Wiener Zeitung ist die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt*.
Sie hat Maria Theresia erlebt und Mozart, die Glanzzeiten der Donaumonarchie und ihren Untergang, die Zerstörung der Republik und ihre Wiedererrichtung.
Sie steht für Objektivität, Seriosität, Journalismus und Feuilletons auf höchstem Niveau.
Ihrer Redaktionslinie ist sie von ihrer Gründung an treu geblieben, "alles Denkwürdige aus dem eigenen Land, anderen Ländern und der ganzen Welt ungeschönt zu berichten".
Für Hugo Portisch war sie ein "europäisches Blatt", ein "lesenswertes Stück Österreich" und "Weltgeist". Ihre Bestände wurden 2016 in das UNESCO-Dokumentenerbe "Gedächtnis der Menschheit" aufgenommen. Ihre Eigentümerin ist die Republik Österreich. Sie gehört uns allen.
Nun hat die Österreichische Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der ihre Einstellung vorsieht. Wir treten mit allem Nachdruck für die Zurücknahme dieses Gesetzesentwurfs und die dauerhafte Absicherung des Weiterbestands der Wiener Zeitung ein. Die Wiener Zeitung ist nicht einfach nur irgendeine Zeitung, sie ist eine weltweit einzigartige kulturelle Einrichtung."

Erlauben Sie uns dazu noch einige Anmerkungen.

Wenn es stimmt, dass der Printmedienmarkt in einer so großen Krise ist, wie uns das die an einer Neuordnung des Medienmarkts Interessierten glauben machen wollen, müsste die Wiener Zeitung die letzte sein, die geht. Sie ist älter als selbst die ältesten "altehrwürdigen" Blätter wie die "Times" (gegr. 1785), "Le Figaro" (gegr. 1826) oder die "New York Times" (gegr. 1851) und sie ist um vieles älter als andere landesweite deutschsprachige Qualitätsmedien wie die "FAZ" (gegr. 1949) oder die "Süddeutsche Zeitung" (gegr. 1945).

Nun gibt es aber den Plan, die Wiener Zeitung als "Pionierin" in einer Kombination aus Webseitenausgabe und Informationsplattform von offiziellen Angelegenheiten und privaten Kommunikationsangelegenheiten fortzuführen und als Tageszeitung aufzulösen.

Die ökonomisch erfolgreichsten Blätter sind nach derzeitigem Stand diejenigen, die es Dank der öffentlichen Unterstützungen und Inserate sind, darunter auch diejenigen, in denen man dadurch Raum für gewünschte Nachrichten schaffen kann. Das können genauso wichtige und richtige Nachrichten sein, wie auch gezielte. Das klingt nicht nur nach Lenkung, das ist eine.

Die einzigen Möglichkeiten gegen dadurch mögliche Verengungen und zum Offenhalten einer vielfältigen Medienlandschaft bestehen darin, die nicht nur auf Gewinn ausgerichteten Medien und den Bestand der öffentlich-rechtlichen Medien wie der Wiener Zeitung und des ORF zu erhalten und zu sichern.

Alle derzeitigen Regierungsbestrebungen weisen in die Gegenrichtung, sie weisen darauf hin, dass die Wiener Zeitung als redaktionell unabhängige Zeitung ausgeschaltet werden soll und der ORF über die Finanzierungsfrage in eine noch größere Abhängigkeit von der Politik gerät.

Die IG Autorinnen Autoren appelliert dringend an Sie, die Pläne zur Abschaffung der Wiener Zeitung ad acta zu legen und für eine politisch unabhängige Finanzierung des ORF zu sorgen, und sie unterstützt alle Bestrebungen, die das erreichen wollen." (red, 27.1.2023)