Seit Jahrzehnten lauschen Forschende nach potenziellen Radiosignalen außerirdischer Zivilisationen.

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Sind wir die einzige intelligente Zivilisation im Universum? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese große Frage fahnden Astronominnen und Astronomen seit Jahrzehnten nach sogenannten Technosignaturen im All – nach Spuren außerirdischer Technologien.

Der Grundgedanke dabei ist: Sollten Aliens auf einem ähnlichen technischen Stand sein wie die Menschheit, könnten wir theoretisch Hinweise darauf finden, etwa in Form von Radiowellen künstlichen Ursprungs. Aktuell läuft etwa eine 2015 gestartete kosmische Lauschkampagne namens "Breakthrough Listen", für die der russisch-israelische Milliardär Juri Milner 100 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt hat und die das Ziel verfolgt, eine Million Sternsysteme und die Zentren von 100 Galaxien systematisch zu scannen.

Acht "auffällige" Signale

Mehrmals wurden dabei bereits Signale detektiert, die zunächst nicht von astronomischen Quellen zu stammen schienen und für einige Aufregung sorgten. Darunter schien sogar ein Signal von Proxima Centauri zu sein, dem sonnennächsten Stern in "nur" 4,2 Lichtjahren Entfernung. Letztlich stellten sich die vermeintlichen Technosignaturen aber als Fehlmessungen heraus – sie stammten von der Erde. Nun will ein Forschungsteam abermals potenzielle Technosignaturen entdeckt haben: Mithilfe eines neuen Machine-Learning-Algorithmus seien acht Radiosignale aufgespürt worden, die weder zu astronomischen noch zu irdischen Quellen passen, berichteten die Forschenden diese Woche in "Nature Astronomy".

Die Signale stammen demnach von fünf Sternen, die im Zuge einer Himmelsdurchmusterung des Green-Banks-Radioteleskops im US-Bundesstaat West Virginia durchgeführt wurde. Insgesamt 150 Terabyte an Daten von 820 nahen Sternen habe man durchkämmt, sagte Peter Ma von der University of Toronto, Erstautor der Studie. Dabei setzten Ma und Kollegen ein neues KI-System ein, das die Suche nach Signalen im Datenheuhaufen vereinfachen und auch schwache, aber potenziell interessante Signale aus dem extremen "Hintergrundrauschen" an Radiosignalen aus irdischen und astronomischen Quellen herausfiltern sollte.

Vergebliche Mühe?

Tatsächlich fand die KI in dem Datensatz, der bereits zuvor vergeblich analysiert worden war, acht auffällige Signale, deren Ursprung vorerst nicht geklärt werden konnte. Doch es gibt auch diesmal ein großes Aber: Die Messungen ließen sich nicht reproduzieren, bei gezielten Nachbeobachtungen waren keine Signale feststellbar. Also wieder nur falscher Alarm? Ma und Kollegen plädieren für weitere Beobachtungen, betonen aber vor allem das Potenzial ihrer Methode für die Suche in anderen Beobachtungsdaten. Ihr KI-System könnte nicht nur in bereits vergeblich durchsuchten SETI-Datenarchiven stöbern, sondern auch für künftige Beobachtungskampagnen eingesetzt werden. Seit Dezember hält "Breakthrough Listen" auch mit dem aus 64 Einzelantennen bestehenden Radioteleskop Meerkat in Südafrika Ausschau nach künstlichen Signalen ferner Zivilisationen.

Aber sind derlei Suchaktionen ins Blaue hinein wirklich sinnvoll, oder ist das vergeblicher Aufwand? Christiane Helling, Direktorin des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, sieht in SETI-Projekten eine wichtige wissenschaftliche Unternehmung: "Wenn man sich überlegt, wie viele Sterne und wie viele Planeten sich allein in unserer Galaxie befinden, muss man davon ausgehen, dass SETI erfolgreich sein kann. Und deshalb ist es sehr wichtig, dass SETI-Forschungen vorangetrieben werden. Das SETI-Experiment selbst ist ausgesprochen faszinierend, allein basierend auf der Wissenschaft, die es zu durchdenken gilt." Es werde dabei auch nicht einfach irgendwo ein Teleskop hingehalten, "sondern man überlegt genau, wo man hinschaut und dann auch wie diese Daten zu analysieren sind", sagt Helling. Von innovativen Ideen würde auch die Astronomie insgesamt profitieren.

Anregende Menschheitsfragen

Die Astrophysikerin, die sich in ihrer eigenen Forschung mit Exoplaneten beschäftigt, betont auch die humanistischen Aspekte, die die Suche nach außerirdischen Zivilisationen mit sich bringt: "Denn das führt uns die Notwendigkeit vor Augen, über uns selber nachzudenken. Nämlich, wie würden wir empfangen werden? Wie würden wir andere empfangen? Würden wir uns selbst besuchen? Wie sollten wir als Menschheit uns entwickeln, sodass uns andere Lebewesen, die vielleicht fortschrittlicher sind als wir, besuchen möchten?"

Ob die Suche nach Technosignaturen weiterhin ergebnislos bleibt oder nicht, sinnlos ist sie bei genauerer Betrachtung keineswegs. (David Rennert, 5.2.2023)