"Privatsalon" nennt sich der Salon, den Vanessa Steinmetz-Bundy mit ihrem Mann Hannes Steinmetz betreibt. Zum Kundenkreis zählen wie einst bei den Friseurweltmeisterbrüdern (Vater Hans und Onkel Georg) prominente Persönlichkeiten. Steinmetz kreierte auch die Frisur der Debütantinnen des Wiener Opernballs.

STANDARD: Sie machen sich sicher sofort ein Bild, wenn hier ein Kunde, eine Kundin das Geschäft betritt. Erkennen Sie gleich, ob jemand beratungsresistent ist?

Steinmetz: Es gibt die Magie des ersten Eindrucks, aber man erkennt nicht, ob jemand beratungsresistent ist. Ich erlebe das Gott sei Dank sehr selten.

STANDARD: Was muss man können, um als Lehrling anfangen zu können?

Steinmetz-Bundy: Ganz wichtig ist: Ich darf keine Scheu haben, auf Menschen offen zuzugehen. Dann braucht es eine gewisse handwerkliche Fertigkeit und den Willen, etwas zu erreichen.

Steinmetz: Und sie müssen gut Deutsch sprechen können. Ich habe unseren Lehrlingen einfach ein Buch geschenkt. Ernest Hemingway, Der alte Mann und das Meer, ein dünnes Taschenbüchlein, das konnte man wunderbar in der U-Bahn lesen.

Vanessa Steinmetz-Bundy entstammt der bekannten Friseurfamilie Bundy und arbeitete wie ihr Mann Hannes Steinmetz lange im Familienunternehmen. Vor einigen Jahren stiegen sie aus und gründeten einen eigenen Salon.
Robert Newald

STANDARD: Finden Sie denn genug Nachwuchskräfte?

Steinmetz: Ja, aber aktuell wird zu wenig ausgebildet. Wir bewegen uns da in der Branche auf sehr dünnem Eis. Über 50 Prozent der Friseure sind Einpersonenunternehmen. Als Friseur braucht man eigentlich überhaupt niemanden. Das ist doch herrlich. Ich brauche einen Sessel und einen Spiegel, bin bis zu einem Umsatz von 35.000 Euro auch noch umsatzsteuerbefreit und mache meine Kunden glücklich.

STANDARD: Gutes Stichwort: Inwieweit beeinflussen Social-Media-Vorbilder die Wünsche der Menschen?

Steinmetz-Bundy: Stark. Es sind nicht nur junge Leute, die ein Foto von irgendeinem Star auf Instagram als Vorlage herzeigen und sagen: Machen Sie mich so.

Steinmetz: Früher hat man halt ein Foto aus einer Zeitschrift ausgerissen. Ich hab auch schon ganz verschwommene Polaroidfotos von Fernsehsendungen bekommen, die ausgesehen haben wie aus einem Aquarium, mit dem Hinweis: "Schauen Sie, da ist die Christa Kummer, so hätte ich es gern."

STANDARD: Früher waren es Christa Kummer und vielleicht Chris Lohner.

Steinmetz-Bundy: Gute Beispiele. Das ist die Frisur von meinem Papa, diese Frisur von der Chris Lohner, dieser Teenagerlook.

STANDARD: Wer sind die aktuellen Vorbilder?

Steinmetz: Ein Megathema ist derzeit die Modenschau in Paris von Schiaparelli mit den Tierkleidern und Kylie Jenner mit dem Haarstyle. Ich bin überzeugt, da gibt es bei den nächsten Abendveranstaltungen Nachahmer. Das ist wirklich raffiniert, die hat einfach einen Zopf auf dem Oberkopf gebunden, der Zopf ist aufgeteilt und ein Schwung fällt in die Stirn. Da fällt man auf.

STANDARD: Etwas für besondere Anlässe. Wie hat sich der Friseurbesuch über die Jahrzehnte verändert?

Steinmetz-Bundy: Ganz stark. Früher haben sich Damen selbst nicht die Haare gewaschen. Automatisch waren sie sehr oft beim Friseur zum Waschen, Föhnen, Einlegen, Eindrehen.

Steinmetz: In jeder Gasse gab es einen Friseur. Man ist bis in die 1970er zur Körperhygiene, zum Haarewaschen außer Haus gegangen. In den 1980ern dieses Blowout, voluminös geföhntes Haar, das hat auch jemand machen müssen. Und die alten Damen in den 1980ern, die saßen in den Frisiersalons der Welt mit den Lockenwicklern. Sie waren die Basis des wirtschaftlichen Erfolgs eines jeden Frisiersalons. Die waren ein-, zweimal die Woche da, das waren die Systemerhalter.

Im November eröffnete ein zweiter, kleinerer Salon. Jetzt sei es erst einmal gut, sagt Vanessa Steinmetz-Bundy. Er sagt, er könne sich eine weitere Expansion vorstellen und wolle mit ihr noch verhandeln.
Robert Newald

STANDARD: Heute kann man sich, ausgenommen vom Schnitt, alles selbst machen. Ist doch gut.

Steinmetz: Manche probieren es auch beim Schnitt. Aber wir erleben dann die Reparaturen.

Steinmetz-Bundy: Auch das Selbstfärben ist mit Vorsicht zu genießen. Es gibt ein paar Sachen, die kann man ganz gut selbst machen – alles, was in einem dunklen Bereich ist. Wo es in Richtung Aufhellen geht, Finger weg.

STANDARD: Färben beschäftigt wohl hauptsächlich Kundinnen?

Steinmetz-Bundy: Das ist bei unserer Kundengruppe nicht so.

Steinmetz: Männer sind ja viel eitler als Frauen. Aber Männer wollen nicht gefärbt ausschauen. Aber sie wollen auch nicht weiß sein.

STANDARD: Bei Silvio Berlusconi hat man das Färben deutlich erkannt.

Steinmetz: Ja, es gibt ein paar schreckliche Beispiele.

STANDARD: Wie erkennen Sie, dass Männer eitler sind?

Steinmetz: Am akkuraten Haarschnitt. Männer gehen regelmäßig zum Friseur – alle vier Wochen, manche noch öfter.

STANDARD: Wirtschaftlich gesehen für den Friseur sicher einträglich?

Steinmetz-Bundy: Einträglich sind die, die wirklich Wert auf ihr Äußeres legen, die sich die Haare färben lassen, die Wimpern färben und eine Kopfmassage wollen.

STANDARD: Jetzt, wo alles viel teurer geworden ist: Sparen die Kunden und Kundinnen, kommen sie seltener?

Steinmetz-Bundy: Zum Glück nicht.

STANDARD: Stichwort Glück. Ein Teil der Bundy-Bundy-Salons hatte das nicht und ist pleitegegangen – zu Zeiten, als es viele Covid-Hilfen gab. Da musste man ja ziemlich viel falsch machen. Haben Hans und Georg Bundy esverabsäumt, die Marke zu entstauben?

Steinmetz-Bundy: Ja. Es wären ein paar Ideen da gewesen.

Steinmetz: Wir können unsere Erfolgsfaktoren nennen: eine gewisse unternehmerische Ambition, die Zeichen der Zeit zu erkennen und umzusetzen. Nicht die Großen fressen die Kleinen, die Umsetzungsgeschwindigkeit und -stärke ist das Maß der Dinge. Man kann nicht mehr Fünfjahrespläne machen, dem hinterherhecheln und sagen: "Pah, das haben wir vor fünf Jahren so ausgemacht."

Im hochpreisigen Segment steckten die Kunden und Kundinnen die Teuerung naturgemäß weg. Gespart wird derzeit beim Friseurbesuch nicht. Handlungsbedarf sieht das Paar auch bei der Ausbildung: Es würden zu wenige Lehrlinge ausgebildet. Der Großteil der Beschäftigten arbeite heute Teilzeit. Das müsse auch für die Lehrlinge möglich gemacht werden.
Robert Newald

STANDARD: Haben Sie deswegen das Familienunternehmen verlassen?

Steinmetz-Bundy: Hannes, mein Vater, mein Onkel und ich, wir haben tolle Sachen gemacht und erreicht. Aber in mir ist der Wunsch gewachsen, selbst etwas entscheiden zu können.

Steinmetz: Das Zusammenleben mit den Kindern ist etwas wahnsinnig Schönes, aber es ist zeitlich begrenzt. Ansonsten wird es komisch.

STANDARD: Apropos komisch: Wie oft sagen Kunden: "So habe ich mir meine Frisur aber nicht vorgestellt"?

Steinmetz-Bundy: Ab und zu. Das ist ein Thema von Nicht-Zuhören beim Beratungsgespräch. Passiert auch. Ich muss nachfragen, bis ich es verstehe als Friseur.

Steinmetz: Wenn wir unseren Job gut machen, dann produzieren wir zehnmal am Tag einen total glücklichen Menschen.

STANDARD: Den Leuten ist das offenbar auch eine Stange Geld wert. Wie viel lassen Ihre Kunden so da?

Steinmetz-Bundy: Der durchschnittliche Umsatz pro Kunden liegt bei 160 Euro. Bei Mèchen, Schneiden, Föhnen, guter Pflege sind wir ungefähr bei 260 Euro.

Steinmetz: Da werden Sie dann ungefähr drei Stunden auf Händen durch den Salon getragen.

STANDARD: Wie vermittelt man Männern mit wenig Haaren dieses Gefühl? Da kann man ja nicht viel tun.

Steinmetz: Gerade wenn es wenig Haare sind, möchte man gut ausschauen. Es gibt ein prominentes Beispiel, wie Männer mit wenig Haaren nicht ausschauen wollen. Wie der ehemalige Landeshauptmann von Niederösterreich. Das wird auch genau so formuliert: "So möchte ich nicht ausschauen." (5.2.2023)