Thomas Reindl, Fraktionsvorsitzender der SPÖ, sieht einen Schutzschirm auch in künftig weiterhin als notwendig an.

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Wien – Die Wiener SPÖ sieht sich im bisherigen Verlauf der U-Kommission zur Wien Energie darin bestätigt, dass es einen nationalen oder europaweiten Schutzschirm gebraucht hätte bzw. weiter brauche, um Notfall-Aktionen wie rund um die Wien Energie zu verhindern. Ein solcher hätte zwar die Energiemarkt-Turbulenzen nicht verhindert, aber "hätte die Dramatik abfedern können". Die SPÖ kritisierte in dem Zusammenhang eine "Tatenlosigkeit des Bundes". ÖVP und FPÖ erneuerten ihre Kritik.

"Es ist ja kein Zufall, dass halb Europa Schutzschirme spannt, nur in Österreich passiert nichts", monierte Thomas Reindl, Fraktionsvorsitzender der SPÖ in der Untersuchungskommission-Wien-Energie in seiner ersten Bilanz nach vier Sitzungen, in denen vier Zeugen und drei Auskunftspersonen befragt wurden. "Was wir jetzt nicht übersehen dürfen, ist der Umstand, dass weder der Krieg vorbei ist, noch dass wir ausreichend, neue Energiequellen zur Verfügung haben. Das bedeutet, wir müssen in Österreich in die Gänge kommen und Sicherheit gewährleisten." Vorausschauendes Handeln sei gefordert.

Deutschland als Vorbild

Die deutsche Regierung hat zur Absicherung der Energieversorgung zuletzt die Finanzierungshilfe für Energiehändler verlängert. Die Firmen kommen kurzfristig Kredite der deutschen Förderbank Kfw und dadurch an genug Liquidität, die sie für den Handel mit Gas, Strom und Emissionszertifikaten an Terminbörsen hinterlegen müssen. Ähnliche Stützen gibt es in mehreren EU-Ländern, in Österreich nicht, was ein Mitgrund für das vorübergehende Milliardenloch bei der Wien Energie war.

"Die bisherigen Aussagen in der UK-Wien-Energie bestätigen, dass ein europaweiter oder nationaler Schutzschirm dringend nötig gewesen wäre und auch weiterhin notwendig ist", so Reindl am Sonntag. "Natürlich wären die massiven Turbulenzen am Energiemarkt nicht verhindert worden, aber die Auswirkungen für die Wien Energie und damit die Dramatik in der Versorgungssicherheit für zwei Millionen Wienerinnen und Wiener hätte abgefedert werden können." Bis heute warteten heimische Energieanbieter auf einen Schutzschirm, während Energieunternehmen beispielsweise in der Schweiz und in Deutschland Milliardenschwere Kreditrahmen gewährt würden.

ÖVP und FPÖ sehen "Finanzskandal"

"Bereits im März 2022 hat der europäische Verband der Energiehandelsunternehmen, EFET, die Bereitstellung von Liquidität gefordert, um die Funktionsfähigkeit der Energiemärkte sicherzustellen", so Josef Taucher, SPÖ-Energiesprecher und Vorsitzender des roten Rathausklubs. "Wir erwarten uns von der Bundesregierung Rahmenbedingungen und einen Schutzschirm, damit wir vor erneuten unberechenbaren Ausreißern am Energiemarkt, gerüstet sind." Selbst mache man die Hausaufgaben im Sinne eines raschen Ausstiegs aus nicht-erneuerbaren Energieträgern.

Vor allem die Wiener ÖVP und FPÖ, die die U-Kommission beantragt haben, werfen den Sozialdemokraten in der Bundeshauptstadt hingegen ein Finanzskandal vor. Das Untersuchungsgremium soll die Vorgänge rund um die von Stadt und Bund gewährte Milliardenunterstützung für den Energieversorger unter die Lupe nehmen. Die Wien Energie musste für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen und konnte diese ab dem Sommer nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen.

Sicherheiten bisher nicht in Anspruch genommen

Auch am Sonntag kam von der ÖVP der Vorwurf an die SPÖ, dass sie nur "vom eigentlichen SPÖ-Finanzskandal ablenken" wolle, wenn sie "die Geschichte des nationalen Schutzschirms bemüht", so der türkise Klubobmann Markus Wölbitsch in einer Replik an die Sozialdemokraten. Bis zum Auftreten des "Skandals", sei öffentlich kein Schutzschirm gefordert worden. Zudem halte die Wien Energie "auch weiterhin an einer riskanten Geschäftspolitik fest". Auch warf Wölbitsch den Wiener Sozialdemokraten eine Blockadehaltung rund um wichtige Unterlagen vor, die zur Aufklärung der Causa notwendig seien.

Als "peinliche Inszenierung" bezeichnete der freiheitliche Fraktionsführer in der U-Kommission, Klubobmann Maximilian Krauss, die Forderung der SPÖ nach einem Schutzschirm für Energieunternehmen. "Die Wien Energie braucht lediglich einen Schutzschirm gegen die eigenen roten Spekulanten." Die Wien Energie sei als einziges österreichisches Energieunternehmen in eine finanzielle Schieflage gekommen, so Kraus – "nur deshalb, weil mit dem Geld der Steuerzahler spekuliert" worden sei.

Der Liquiditätsengpass und die beiden Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) via Notkompetenz freigegebene 1,4 Milliarden Euro knapp wurden. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) weitere 2 Milliarden Euro. Letztere wurden bisher nicht in Anspruch genommen. Das Geld der Stadt ist bereits zurückgezahlt – weil sich die Preise zumindest vorerst wieder erholt haben. (APA, 5.2.2023)