Die Lage in Jericho ist angespannt. Palästinenser versuchen, eine Straße zu sperren.

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Tel Aviv – Die israelische Armee hat am Montag bei einer Razzia in der Nähe von Jericho im besetzten Westjordanland fünf Palästinenser getötet. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte, unter den Getöteten seien die beiden mutmaßlichen Beteiligten an einer anti-israelischen Attacke vom 28. Jänner. Die radikale Palästinenserorganisation Hamas verurteilte den Einsatz als "abscheuliches Massaker". Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern war in den vergangenen Wochen eskaliert.

Seit Jahresbeginn wurden nunmehr 41 Palästinenser getötet. Die israelische Armee erklärte, während des "Antiterroreinsatzes" im Flüchtlingslager Akabat Jabr nahe der Stadt Jericho seien mehrere "bewaffnete Angreifer" getötet worden, nachdem diese auf Soldaten im Einsatz geschossen hätten.

Nach israelischen Angaben galt die Razzia "der Hamas-Terroreinheit, die den Schusswaffenanschlag" am 28. Jänner verübt hatte, bei dem sich nach Angaben der Armee zwei bewaffnete Männer einem Restaurant in einer israelischen Siedlung nahe Jericho genähert hatten. Einer der Angreifer hatte in dem Restaurant einen Schuss abgefeuert, danach blockierte seine Waffe. Verletzt wurde niemand. Seit der Flucht der beiden Männer hatte die israelische Armee ihre Präsenz in der Umgebung von Jericho verstärkt und die Grenzübergänge intensiv kontrolliert.

Unterschiedliche Sichtweisen

Netanjahu teilte am Montag mit, die palästinensischen Angreifer seien von Agenten des Inlandsgeheimdienstes Shin Beth und Soldaten getötet worden. Die israelischen Streitkräfte hätten "fünf dieser Terroristen ausgeschaltet".

Der palästinensische Regierungschef Mohammad Shtayyeh bezeichnete den Einsatz als "schweres Verbrechen" und "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht". Die Hamas erklärte, sie trauere um Mitglieder ihres bewaffneten Arms, die in "einer bewaffneten Auseinandersetzung mit der zionistischen Besatzung" getötet worden seien.

Hamas-Chef Ismail Haniyeh nannte den Einsatz vom Montag ein "abscheuliches Massaker", die "Helden" dort hätten "bis zum Märtyrertod gekämpft". Haniyeh drohte mit Vergeltung: "Die fortgesetzten Tötungen durch den Feind im Westjordanland" würden für ihn "verheerend" sein.

Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir lobte die Arbeit der Einsatzkräfte und teilte auf Twitter mit: "Ein Terrorist ist des Todes, und das sollte jeder wissen, der versucht, den Bürgern Israels Schaden zuzufügen."

Die israelische Armee erklärte weiter, die Leichname der fünf getöteten Palästinenser befänden sich in ihrer Hand. Für beide Seiten spielt die Rückgabe der sterblichen Überreste von Menschen, die bei Zusammenstößen oder Anschlägen getötet wurden, bei Verhandlungen eine wichtige Rolle.

Angespannte Lage

Jericho ist vor allem wegen seiner zahlreichen kulturellen und religiösen Sehenswürdigkeiten als Ausflugsziel bei Touristen beliebt. Gewaltsame Zusammenstöße ereignen sich dort relativ selten.

Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten hatte sich nach einer Razzia der israelischen Armee mit zehn Toten im besetzten Westjordanland in der vergangenen Woche weiter verschärft. Ende Jänner hatte ein Palästinenser in Ost-Jerusalem das Feuer auf die Besucher einer Synagoge und weitere Fußgänger eröffnet. Sieben Menschen wurden getötet. Die Regierung kündigte daraufhin Strafmaßnahmen gegen Attentäter und deren Familien an.

Seit Jahresbeginn wurden insgesamt 41 Palästinenser, darunter auch Zivilisten und Kinder, bei Konfrontationen mit der Armee oder eigenen Anschlägen getötet. Israels neue, extrem rechts stehende Regierung will den Siedlungsausbau in den Gebieten vorantreiben, die die Palästinenser für einen künftigen Staat beanspruchen, sowie auf den besetzten, international als syrisches Staatsgebiet anerkannten Golanhöhen. (APA, 6.2.2023)