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Jetzt also ist der Weg frei. Ein angeblicher australischer Pensionsfonds mit Europa-Filiale in Luxemburg, der bereits seit Jahren am Flughafen Wien-Schwechat beteiligt ist, will seinen Anteil daran auf knapp die Hälfte aufstocken. Die sogenannte IFM-Gruppe möchte weitere 9,99 Prozent der Aktien von einer der wichtigsten Infrastruktureinrichtungen in Österreich erwerben. Nun müssen nur noch ausreichend Kleinaktionäre bereit sein, ihre Aktien zu 34 Euro das Stück abzutreten. Bis Mittwoch, 8. Februar, haben sie noch Zeit für ihre Entscheidung.

Die Institution, die den Weg für die Aufstockung frei gemacht hat, ist das Wirtschaftsministerium unter Martin Kocher (ÖVP). Denn Österreichs Investitionskontrollgesetz sieht bei besonders kritischen Branchen – darunter fällt auch die Infrastruktur, also der Flughafen – eine Regel vor: Wenn Investoren aus Nicht-EU-Staaten Beteiligungen erwerben wollen, muss das Wirtschaftsministerium seinen Sanktus dazu geben. Konkret wird überprüft, ob das Investment eine Gefahr für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung darstellen könnte.

Monatelang hat das Wirtschaftsministerium diese Frage geprüft – und Ende Jänner ihr Okay zum Deal erteilt. "Es liegen keine Gründe vor, die für eine Untersagung der Investition sprechen würden", verkündete Kocher per Presseaussendung. "Im Zuge des Verfahrens hat die Antragstellerin die Eigentümerstruktur offengelegt."

Wem gehörte der Flughafen bisher? Die Stadt Wien und Land Niederösterreich halten beträchtliche Anteile; die IFM will ihren Anteil auf knapp die Hälfte aufstocken.

"Eigentümerstruktur offengelegt"

Das ist insofern interessant, als die rätselhaften Eigentümerstrukturen der IFM-Gruppe in den vergangenen Monaten für viele Debatten sorgten. Es ist nämlich alles andere als klar, wer wirklich hinter der IFM steht.

Wer das Firmenkonstrukt zurückverfolgt, landet nicht etwa in Australien, sondern bei einem Trust auf den Cayman Islands, wie das Magazin "Profil" und der ORF vergangenen Herbst zuerst berichteten. Erst im Februar 2022 setzte die EU-Kommission die karibische Inselgruppe auf ihre Schwarze Liste jener Länder, von denen ein hohes Geldwäscherisiko ausgeht. Die Caymans gelten als Knotenpunkt für Gelder dubioser Herkunft, etwa aus Korruption oder Drogenhandel (was keinesfalls insinuieren soll, dass die IFM an solchen Geschäften beteiligt ist, wie hier ausdrücklich betont wird).

Geldtopf ohne Rechtspersönlichkeit

Im Fall des Flughafens sollen hunderte anonyme Anleger Gelder in diesen Trust auf den Caymans eingezahlt haben: eine Art Geldtopf ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Der Trust wird von einer Treuhandagentur verwaltet, einer Anwaltskanzlei namens Conyers, ebenfalls auf den Caymans. Schließlich fließen die Gelder über eine Firma in Luxemburg in europäische Infrastruktur, unter anderem den Wiener Flughafen.

Die Ansage des Wirtschaftsministers wirft nun die Frage auf: Weiß man inzwischen, wer hinter der IFM-Gruppe steckt? Oder weiß es zumindest das Wirtschaftsministerium, das die Causa geprüft hat? Dem STANDARD liegen Unterlagen der US-Börsenaufsicht und Firmenbuchauszüge von den Caymans vor, die zumindest Annäherungen an diese Fragen erlauben – wenn sie auch keineswegs befriedigende Antworten liefern.

Ein Trust und 17 "Fütterungsfonds"

Hintergrund: Die IFM ist auch in den USA tätig; deshalb musste sie der dortigen Börsenaufsicht – der "Securities and Exchange Commission" (SEC) – gegenüber offenlegen, wer Gelder in den Fonds einzahlt. Es zeigt sich: Hinter dem IFM-Trust stecken 17 weitere Fonds, sogenannte "Feeder-Funds" ("Fütterungsfonds"). Diese Bezeichnung rührt daher, dass sie den darunterliegenden Trust mit Geld füttern. Gemanagt werden die Feeder-Funds allesamt ebenfalls von der IFM-Gruppe. Heißt im Klartext: Viele unterschiedliche Geldtöpfe speisen wiederum einen einzigen Geldtopf, aus dem Infrastrukturkäufe getätigt werden.

Die Fütterungsfonds haben ihre Sitze laut SEC-Unterlage in Australien, Kanada, Großbritannien und den USA. Einer jedoch ragt hervor: Er residiert wiederum auf den Cayman Islands. Das Geld für besagte Käufe fließt also zunächst von einem Cayman-Topf (neben einigen anderen) in einen anderen Cayman-Topf.

"Nicht für die öffentliche Einsicht verfügbar"

Was lässt sich über den Fütterungsfonds herausfinden? Wer investiert hier ganz konkret Geld, das letztlich in ein hochsensibles Unternehmen der kritischen Infrastruktur in Österreich fließt? Hier endet die Spurensuche erfolglos. Denn ein Blick in das Firmenverzeichnis der Cayman Islands offenbart lediglich, dass der Fonds in George Town residiert, der Hauptstadt der Inselgruppe. Aktiv ist er seit August 2011. Abgesehen davon heißt es aber nur: "Informationen zu den Unternehmensunterlagen und Registern sind nicht für die öffentliche Einsicht verfügbar."

An wen genau soll knapp die Hälfte des Wiener Flughafens da verkauft werden? Könnte es gar sein, dass möglicherweise russisches Geld hineinspielt? Gegenüber der britischen Zeitung "Guardian" dementierte dies die IFM im März 2022. Man habe "keine direkten Investoren oder Investitionen, die auf einschlägigen globalen Sanktionslisten aufgeführt sind", so die Gruppe. Auch in Russland habe die Gruppe "kein direktes Engagement".

Keine "direkten" russischen Investoren

Auffällig ist dabei jedoch der Gebrauch des Wortes "direkt": Eine Investition gilt bereits dann nicht mehr als direkt, wenn lediglich eine einzige Firma dazwischengeschaltet ist. Heißt: Wenn demnach fragwürdiges Geld beispielsweise über dazwischenliegende Fonds oder Firmen an den Cayman-Fonds fließen, wäre das Investment schon nicht mehr direkt.

DER STANDARD hätte deshalb gern von der IFM-Gruppe erfahren, ob indirekt russisches Kapital involviert sei. Allein, die Gruppe antwortet nicht auf die Frage, sondern schickt nur ein allgemein gehaltenes Statement, in dem die Aussage aus dem "Guardian" lediglich wiederholt wird: "Es gibt weder direkte Investoren noch Investitionen aus Russland oder aus sanktionierten Geldquellen." Weiter heißt es: "Wir verwalten so gut wie ausschließlich Gelder von Pensionsfonds, die für die Altersversorgung von Millionen von Erwerbstätigen stehen. Unsere langfristigen Investoren kommen zum überwiegenden Großteil aus Australien, den Vereinigten Staaten, Kanada, dem Vereinigten Königreich und Europa."

Das Wirtschaftsministerium indes will sich zu all dem nicht äußern. Der Hintergrund: Verfahren nach dem Investitionskontrollgesetz sind streng geheim; die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit nicht verraten (DER STANDARD hat die Intransparenz dieser Verfahren bereits thematisiert). Inwieweit die Eigentümerstruktur der IFM also wirklich den Behörden bekannt ist, bleibt deshalb ein Rätsel. (Joseph Gepp, 7.2.2023)