Wien – Wie die Konsumenten wurden auch Gewerbe und Industrie von extrem steigenden Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wie vom Blitz getroffen. Der Energiemarkt schien außer Rand und Band zu sein. Doch nun sieht es so aus, dass die Lage sich wieder entspannt. Der europäische Gaspreis erholte sich auch aufgrund des milden Wetters, der Erdölpreis ist verhältnismäßig stabil.

Das sorgt trotz nachlassender Konjunktur auch bei den Unternehmen für bessere Stimmung, wie aus dem Wifo-Konjunkturklimaindex hervorgeht. Wird es besser oder schlechter, oder bleibt alles wie gehabt? Es gehe aufwärts, so die Einschätzung der Unternehmenschefs im Jänner. Hätten die steigenden Preise zuvor Katastrophenstimmung heraufbeschworen, nähere sich jetzt die Beurteilung der Lage der Realität an, sagt Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker. Mit fallenden Preisen sei schlicht nicht gerechnet worden.

Die gestiegenen Energiepreise ließen im vergangenen Jahr allerorts die Alarmglocken schrillen.
Foto: APA/Roland Schlager

Dabei ist die Lage durchaus durchwachsen: Wie erwartet schrumpfte die österreichische Wirtschaft im vierten Quartal 2022. In Summe ergab sich aber laut vorläufiger Schätzung trotz eines BIP-Rückgangs um 0,7 Prozent gegenüber dem dritten Quartal für das Gesamtjahr 2022 ein Wirtschaftswachstum von 4,7 Prozent.

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In der Industrie lief es im vierten Quartal, auch dank intakter Nachfrage aus dem Ausland, vergleichsweise gut – mit einem leichten Anstieg ihrer Wertschöpfung gegenüber der Vorperiode. Einen Dämpfer gab es hingegen für die Bauwirtschaft (um 0,9 Prozent). Stark gestiegene Preise machten sich vor allem im Handel sowie bei Kfz-Reparaturen, im Verkehr (Treibstoffe) sowie in Beherbergung und Gastronomie bemerkbar. Dort lag das Minus bei satten 2,7 Prozent.

Teuerung bremst

Letzteres auch aufgrund der Teuerung, die ein gravierendes Problem bleibt. Im Oktober hatte die Inflationsrate mit elf Prozent einen vorläufigen Höchstwert erreicht und war dann in den beiden Folgemonaten – wie auch im Euroraum – wieder gesunken. Doch – anders als im Durchschnitt der Eurozone – setzte sich dieser Rückgang im Jänner 2023 nicht fort. In Österreich schoss die Inflation wieder nach oben und übertraf mit 11,1 Prozent sogar den Wert vom Herbst.

Das zehrt an den Haushaltseinkommen. Während finanziell schlechter Gestellte versuchen, über die Runden zu kommen, greifen besser Gestellte nun ihre Ersparnisse an. Die Sparquote fiel 2022 auf 7,3 Prozent, heuer dürfte sie sogar auf 6,4 Prozent sinken.

Mittlerweile sind die Energiepreise zumindest an den internationalen Handelsplätzen wieder gesunken.
Foto: APA/Jäger

Arbeitskräftemangel beschäftigt Unternehmen

Zugespitzt habe sich die Lage hinsichtlich der verfügbaren Arbeitskräfte, sagt Wifo-Ökonom Scheiblecker. Trotz schwacher Konjunktur beklagten viele Unternehmen Personalmangel. Zwar stieg die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse nach der Covid-Krise stark an, allerdings liege "das Volumen der geleisteten Arbeitsstunden noch immer unter dem Vorkrisenniveau". Die Wirtschaft sei also im Vorjahr gewachsen, die geleisteten Arbeitsstunden jedoch nicht. Aus dem Mangel an qualifizierten Fachkräften sei ein Arbeitskräftemangel geworden. "Die Post sucht Leute, der Handel sucht Leute. Es wird ernsthaft enger", sagt Scheiblecker. "Das ist etwas Neues." Auch das könnte zumindest mit ein Grund für das Schwächeln der Konjunktur sein.

Auch der Wifo-Konjunkturtest – eine monatliche Befragung der Unternehmen – vom Jänner 2023 belegt die derzeitige konjunkturelle Schwäche in Österreich. Sowohl in der Sachgütererzeugung als auch in der Bauwirtschaft schätzten die befragten Unternehmen die aktuelle Lage sogar pessimistischer ein als die der Vormonate. Eine Verbesserung ergab sich nur im unternehmensnahen Dienstleistungsbereich, etwa bei Steuer- oder Unternehmensberatern. Bei den Erwartungen zur Geschäftslage in den kommenden drei Monaten, die sich zwischen Frühjahr und Herbst 2022 deutlich eingetrübt hatten, ist immerhin seit November wieder ein Aufwärtstrend zu beobachten. (Regina Bruckner, 9.2.2023)