Ingrid Bertermann hat sich mit den Grünen überworfen, für die sie wieder antreten muss.

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Die Berliner Landtagswahl wird am Sonntag wiederholt.

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Was am Sonntag in Berlin passiert, ist schon einmalig. Erstmals wird eine Landtagswahl wiederholt, weil bei der ursprünglichen im Jahr 2021 so viele Pannen passiert sind. Doch die Kandidatur von Ingrid Bertermann setzt der nun hoffentlich nach demokratischen Maßstäben organisierten Wiederholungswahl die Krone auf.

Bertermann gehört der Linkspartei an und sitzt für diese in der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Mitte. Dort will sie wieder hin, natürlich für die Linken. Aber sie muss auf der Liste der Grünen antreten. "Es ist absolut kurios", sagt sie und erinnert sich an jenen Tag im November, als der Berliner Verfassungsgerichtshof die erneute Wahl anordnete: "Ich war bei der Verkündung dabei und schockiert." Sie ahnte, dass es kompliziert werden könnte.

Denn es ist eben keine Neuwahl mit neuen Listen, sondern eine Wiederholungswahl von 2021. Und damals war Bertermann noch bei den Grünen.

Gegen "Realokurs"

Die 59-Jährige stammt aus dem hessischen Marburg und kam mit 25 Jahren nach Berlin zum BWL-Studium. "Zu den Grünen hat mich mein Mann gebracht", sagt sie. 2010 trat sie der Partei bei, 2016 und dann erneut 2021 wurde sie ins Bezirksparlament Mitte gewählt. Doch es lief nach der letzten Wahl nicht lange gut, Bertermann überwarf sich zwei Monate danach mit den Grünen.

Auf Bundesebene missfiel ihr der "Realokurs" von Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck, im Bezirk ortete sie bei den Grünen "eine geringschätzige Haltung gegenüber Obdachlosen, Sexarbeiter:innen, Alkoholkonsumierenden, Feiernden, queeren Cruisern im Tiergarten".

Sie wolle lieber Politik machen mit jenen, "die sich für eine sozialere, gerechtere Gesellschaft und vor allem für die immer weiter an den Rand und in die Armut gedrängten Menschen" einsetzen, beschied sie und wechselte zur Linken, wo sie Fraktionsgeschäftsführerin wurde.

Anschließender Wechsel

Das Amt möchte Bertermann nach der Wahl erneut. Absurderweise muss sie dafür auf ein starkes Ergebnis der Grünen hoffen. Nur mit einem solchen kann Bertermann, die auf Listenplatz 17 gereiht ist, wieder in die Bezirksverordnetenversammlung einziehen und gleich wieder zur Linken wechseln.

Die Grünen in Berlin-Mitte zeigen ihre Kandidatinnen und Kandidaten übrigens mit freundlichen Fotos und grünem Feld. Bei Bertermann ist nichts grün, das Foto fehlt auch. Nur der Name erinnert an die alte Zeit. (Birgit Baumann, 11.2.2023)