Wenn ein atmosphärisch forderndes Restaurant im Foyer eines Kinos an einem faden Dienstagabend im Jänner gesteckt voll ist – und zwar mit Dinner-Gästen –, dann sollte man sich das wohl näher anschauen.

Im Sommer ist das Ludwig und Adele mit seinem schattigen Garten unter alten Bäumen einer der heißesten Innenstadttipps für niederschwellige Abkühlung und gutes Essen. Im Winter musste man es bisher aber wirklich wollen und mit gnadenlos guter Laune einfallen, um im niedrigen, kalt ausgeleuchteten Foyer des Künstlerhaus-Kinos keine "Krematoriumstimmung" aufkommen zu lassen, wie Betreiber Luke Bereuter selbstkritisch anmerkt.

Katakomben waren einmal: Das Restaurant im Künstlerhaus-Kino hat sich nach Totalrenovierung richtig hübsch gemacht.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Tafeln im Skandi-Look

Jetzt wurde Abhilfe geschaffen, der Ort von Grund auf neu gestaltet, mit skandinavisch anmutenden (und sehr gemütlichen!) Bänken in heller Eiche und cognacfarbenem Leder ausgestattet, eine neue Schank samt Bar installiert und das Speisenangebot neu aufgesetzt. Der Service war schon bisher sehr gut aufgestellt, lauter bestens disponierte, zugewandte, mit Witz gesegnete junge Frauen, denen scheint die neue Umgebung auch Freude zu bereiten.

Die Betreiber Luke Bereuter und Mathias Kappaurer kommen aus Vorarlberg, das soll mit dem Neustart auch auf der Speisekarte deutlicher verortet werden. Bereuters Taufpate ist schließlich Käser im Bregenzerwald, ergo werden die Berg-, Räß- und anderen Surakäse wöchentlich per Post aus dessen "Ferdls Käslädele" in Riefensberg geliefert. Carlos Karlbauer macht in der Küche ganz wunderbare Dinge daraus. Die Käsespätzle, comme il faut mit Apfelmus serviert, sind eine riesige Schüssel köstlich bissfester Teigwaren, beim Käse wird ganz unvernünftig großzügig agiert: fantastische Aromatiefe, wunderbares Gestinke, bilderbuchmäßiges Ziehen langer Fäden – und natürlich Röstzwiebeln satt, um die durchdringende Aromatik noch zusätzlich aufzuladen. Dem Vernehmen nach ist die Expat-Community aus dem Alemannischen schon mit mehreren Stammtischen eingezogen.

Aus gutem Käse lässt sich aber auch anderes machen, hier sind das Käse- und Schinken-Käse-Toasts von einer Qualität, die auch beste italienische Caffè-Bars (bei Toast sonst unerreicht) kaum hinbringen. Der Erdäpfeltoast von Joseph, idealtypisch knusprig und fluffig zugleich, bekommt echt guten, herrlich rezent duftenden Käse und, wer’s mag, zarten, nur mild geräucherten Wiener Beinschinken hineingepackt: Gourmettoast!

Southern Fried Chicken auf Buttermilch-Waffeln und einer Salsa aus süßem Chili und Sesam.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Auch sonst wird dem belegten Brot mit der nötigen Ehrerbietung gehuldigt: Schweinebauch, butterweich geschmort, kriegt Sauerkraut, Senf, Kren und Rucola mit ins Weizen-Sauerteigbrot (auch von Joseph), wird kurz angegrillt und mit einem Haufen Chips serviert – Herrschaftszeiten, so geht Sandwich! Southern Fried Chicken wird nach allen Regeln der Kunst in Buttermilch und Gewürzen mariniert, dann in einer Mischung aus Mehl, Speisestärke, Backpulver und noch mehr Gewürzen paniert und knusprig herausgebacken. Gibt’s mit Buttermilch-Waffeln (tja, der Süden will es so) und einer Salsa aus süßem Chili und Sesam. Fermentierte Gurke und Kimchi gibt’s auch dazu, nicht ganz soulfoodkonform, aber die Koreaner kennen sich bei Knusperhendl bekanntlich auch aus.

Es gibt Ottakringer Pils, eines der besten Biere der Hauptstadt (wenn nicht des Landes!) und aus unerfindlichen Gründen eine totale Rarität in der von Zwickl, Hellem und sonst wie siaßlertem Bio Pur überfluteten Stadt – das allein ist ein Grund zur Freude. Die Weine, von Ambrositsch über Geyerhof "Stockwerk" bis zum grandiosen Weißburgunder 2018 von Lichtenberger Gonzalez, bieten aber auch etliche Optionen, sich das neue Ambiente noch hübscher zu trinken, als es eh schon geworden ist. (RONDO, Severin Corti, 17.2.2023)