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Die Faszination, mit den neuen Chatbots zu interagieren, ist ungebrochen. In der Hoffnung, damit die Internetsuche zu revolutionieren, arbeiten die Branchengrößen Google und Microsoft eifrig an neuen Lösungen. Manche sprechen mittlerweile gar euphorisch schon von einem neuen "iPhone-Moment" für die Gesellschaft, den diese Entwicklung nach sich zieht. Was bei all dem Hype um diese neue Technologie kaum Beachtung findet, ist der steigende Energieverbrauch, der damit verbunden ist.

Das Wettrüsten um die beste Suchmaschine ist neu eröffnet. Nach einem regelrechten Hype um ChatGPT kündigte Microsoft an, das KI-Tool in die Suche von Bing zu integrieren. Erwartungsgemäß rief das Platzhirsch Google auf den Plan. Unter dem Namen Bard stellte man einen direkten Konkurrenten zum Chatbot für Microsoft vor, der in wenigen Wochen für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Und auch der chinesische Suchmaschinenbetreiber Baidu hat mittlerweile bekanntgegeben, dass man bis Ende März mit dem Chatbot Ernie an den Start gehen will. Was dabei gerne unter den Teppich gekehrt wird: Für die Umwelt ist diese Entwicklung offensichtlich nicht vorteilhaft.

Nutzung steht erst am Anfang

Das beginnt schon damit, dass die Entwicklung und das Training großer Sprachmodelle, wie sie für ChatGPT oder Bard notwendig sind, nicht gerade wenig Energie verbrauchen. Unabhängigen Schätzungen zufolge kostete alleine das Training des Sprachverarbeitungsmodells GPT-3 rund 1.300 Megawattstunden, was einem Ausstoß von 550 Tonnen Kohlendioxid entspricht.

Hinzu kommt, dass die Chatbots im laufenden Betrieb derzeit "nur" Millionen von Nutzeranfragen bedienen müssen. Die KI-Tools befinden sich quasi noch in einer öffentlichen Testphase, aber sobald sie in die populärsten Suchmaschinen eingebunden sind, geht es um ganz andere Dimensionen. Alleine über die Google-Suche sollen täglich mehr als drei Milliarden Anfragen laufen.

Herausforderung für Rechenzentren

Im Gespräch mit dem Magazin "Wired" gibt Martin Bouchard, Mitbegründer des kanadischen Unternehmens QScale, zudem zu bedenken, dass die Pläne von Microsoft und Google für Rechenzentren nicht zu unterschätzen sind. Sie sind laut Internationaler Energieagentur weltweit jetzt schon für rund ein Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Die Integration künstlicher Intelligenz in die Internetsuche werde "mindestens vier- bis fünfmal mehr Rechenleistung pro Suchanfrage" benötigen als bisher. Diese Entwicklung lasse sich nur mit einem Ausbau und neuer Hardware abfangen. "Aktuelle Rechenzentren und die vorhandene Infrastruktur sind dem Wettrennen um generative künstliche Intelligenz nicht gewachsen", sagt Bouchard.

ChatGPT reagiert ausweichend

Fragt man den "Übeltäter" direkt danach, wie umweltschädlich er sei, so spricht ChatGPT die Problematik immerhin an. Zwar gibt das KI-Tool zu bedenken, dass es nicht als physisches Objekt existiere und somit keinen direkten Einfluss auf die Umwelt hätte.

Sehr wohl sei die Entwicklung künstlicher Intelligenz mit einem Energie- und Ressourcenverbrauch verbunden, wenn sie auf leistungsfähigen Computern trainiert würde. Daher sei es für Unternehmen wichtig, umweltfreundliche Strategien zu implementieren. Auf die Frage, wie diese aussehen könnten, führt das KI-Tool an, dass man neben der Nutzung erneuerbarer Energien und dem Recycling von Hardware auch die Algorithmen optimieren und Komprimierungstechniken einsetzen könnte, um den CO2-Fußabdruck zu minimieren.

Angaben zum tatsächlichen Energieverbrauch will ChatGPT aber keine machen. Konkrete Auswirkungen werden relativiert, etwa durch die Größe des Modells, die Dauer des Trainings, die verwendete Hardware oder die Art der Energiequelle. Der Verbrauch einer einzelnen Anfrage sei nur schwer abzuschätzen. Für das Training großer Sprachmodelle setzt ChatGPT immerhin eine Obergrenze fest, es könne mehrere Hunderttausend Kilowattstunden verbrauchen. Ob Bard von Google diese Frage ehrlicher beantworten kann, wird sich erst in den nächsten Wochen herausstellen. Es befindet sich möglicherweise noch in so einer Trainingsphase. (bbr, 14.02.2023)